Warum ist der Fund von seltenen Erden in Europa so wichtig?
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Es ist ein Sensationsfund, den das schwedische Bergbauunternehmen LKAB bekannt gegeben hat. In der Nähe der Eisenerzmine Kiruna wurde das bisher größte Vorkommen seltener Erden in Europa entdeckt (futurezone berichtete). Wir erklären, wie entscheidend dieser Fund wirklich ist und was es damit auf sich hat.
Was sind seltene Erden?
Unter dem Begriff seltene Erden sind 17 chemische Elemente zusammengefasst, die in Verbindung mit bestimmten Gesteinen wie Bastnäsit oder Monazit überall auf der Welt vorkommen.
Sie werden in sehr aufwendigen Trennverfahren gewonnen. „Jedes dieser Elemente hat seine Vorzüge und sie haben unterschiedliche technische Relevanz“, erklärt Thomas Angerer, Leiter der Kompetenzeinheit Rohstoffgeologie der GeoSphere Austria. Unterschieden wird hier zwischen leichten und schweren Elementen, wobei schwerere geringer Vorkommen und daher teurer sind.
Warum sind sie „selten“?
Sie sind gar nicht so selten, wie der Name vermuten lässt. Einige der Elemente sind etwa insgesamt häufiger als Blei und Kupfer auf unserem Planeten zu finden. Aber sie sind sehr breit in der Erdkruste verstreut. Große, konzentrierte Vorkommen sind selten und erst bei diesen zahlt sich der Abbau finanziell aus.
Wofür braucht man sie?
Je nachdem, welche Elemente gewonnen werden, kommen sie für Akkus, Magnete, Leuchtstofflampen, LEDs oder Brennstoffzellen zum Einsatz. Damit sind sie für den Bau von Windkraftanlagen, Elektroautos und Laptops notwendig. Der Bedarf an seltenen Erden soll sich bis 2030 verfünffachen.
Wie bedeutend ist der Fund in Schweden?
Noch ist unklar, wie groß die Lagerstätte namens „Per Geijer“ tatsächlich ist. Die ersten Abschätzungen gehen von mehr als einer Million Tonnen aus. Laut Angerer ist aber der Fundort besonders entscheidend: „Kiruna ist weltweit als Eisenerzstätte bekannt. Da der Fund in einem etablierten Bergbaugebiet ist, gibt es bereits eine Infrastruktur zum Abbau. Daher ist der Fund signifikant.“
Kann der Abbau sofort beginnen?
Nein, denn dafür muss erst analysiert werden, wie profitabel das Vorkommen ist und ob es nachhaltig abgebaut werden kann. LKAB rechnet erst in 10 bis 15 Jahren einem Start des Abbaus.
Woher kommen seltene Erden derzeit?
Zahlen der deutschen Rohstoffagentur DERA von 2021 zufolge (PDF zum Download) stammen 57 Prozent der weltweit abgebauten seltenen Erden aus China. Allein die Mine Bayan Obo in der Mongolei ist demnach für 32 Prozent des weltweiten Abbaus verantwortlich. Weitere Vorkommen sind in Kanada, den USA, Australien, Indien, Brasilien und Russland.
Gibt es auch weitere Vorkommen in Europa?
„In Nordeuropa, z. B. Finnland und Schweden, gibt es Gesteinstypen, die mit seltenen Erden angereichert sind. Sonst ist das Potenzial aber gering“, sagt Angerer. Zwar gibt es kleinere Vorkommen, etwa im Erzgebirge in Deutschland. Hier stellte man 2017 nach einer Überprüfung fest, dass der Abbau wirtschaftlich unattraktiv ist. Ohne eine bestehende Bergbauinfrastruktur sei es nicht rentabel, diese anzugreifen, so Angerer.
Welche anderen Möglichkeiten gibt es für Europa, an seltene Erden zu kommen?
Neben dem Import und Abbau ist Recycling ein zunehmender Faktor bei der Gewinnung von seltenen Erden. Die Gründung der Europäischen Rohstoffallianz (ERMA) 2020 war ein erster Schritt, um Resilienz zu schaffen und die Abhängigkeit zu reduzieren. Laut DERA werden in Europa derzeit nur 3 Prozent der leichten und 8 Prozent der schweren seltenen Erden aus Recycling gewonnen.
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