Per Internet bot der Betrüger Mobiltelefone an, verchwand aber mit dem Geld (Symbolfoto).

Per Internet bot der Betrüger Mobiltelefone an, verchwand aber mit dem Geld (Symbolfoto).

© Getty Images/iStockphoto/fizkes/iStockphoto

Science

Wiener Forscher lassen Quanten-Zahlungen Realität werden

Mithilfe quantenphysikalischer Phänomene lässt sich Information abhörsicher übertragen. Bei dieser Quantenkryptographie ist aber nur die Verbindung sicher, Sender und Empfänger sind nicht geschützt. Wiener Physikern ist es nun gelungen, auch die Endknoten zu verschlüsseln und damit sichere digitale Zahlungen mittels Quantentechnologie zu ermöglichen. Im Fachjournal „Nature Communications“ stellten sie ihr Protokoll für quanten-digitale Zahlungen in realistischer Umgebung vor.

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Idee für Quantengeld schon in den 70ern

Anfang der 1970er-Jahre hatte der amerikanisch-israelische Physiker Stephen Wiesner (1942-2021) die Idee für Quanten-Geld, das - basierend auf dem Prinzip, dass Quantenzustände nicht dupliziert werden können - fälschungssichere Banknoten ermöglicht. Realisiert werden konnte der Vorschlag nie, da sich solche Quantenzustände nicht über Jahre hinweg sicher auf einem Geldschein speichern lassen. Wiesners Idee beeinflusste aber die Entwicklung der Quantenkryptographie.

Physiker*innen haben in den vergangenen Jahren vielfach deren Potenzial demonstriert. Dabei wird das quantenphysikalische Phänomen der Verschränkung, bei dem zwei Teilchen wie durch Zauberhand auch über weite Strecken verbunden bleiben, zur abhörsicheren Übermittlung von Schlüsseln genutzt. Dass dies möglich ist, zeigte Physiknobelpreisträger Anton Zeilinger erstmals 1999, 5 Jahre später demonstrierte er im Wiener Rathaus als Premiere eine mittels Quantenkryptographie verschlüsselte Geldüberweisung und führte 2017 als Präsident der Akademie der Wissenschaften mit seinem chinesischen Amtskollegen das erste quantenverschlüsselte Videotelefonat.

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"Absolute Absicherung" von digitalen Zahlungen

„Wir haben nun gezeigt, dass wir mit der gleichen Technologie, aber anderen Spielregeln einen Schritt weiter gehen können“, erklärte der Quantenphysiker Philip Walther von der Universität Wien. Bei der herkömmlichen Quantenkryptographie sei nur die Verbindung zwischen den beiden Knoten sicher, Sender und Empfänger müsse man vertrauen, dort könne man nichts schützen. Das Team um Walther hat nun ein Quantenprotokoll entwickelt, das ermöglicht, nicht nur die Verbindung, sondern auch die Endknoten zu verschlüsseln. „Das erlaubt uns, digitale Zahlungen absolut abzusichern“, so Walther.

Derzeit werden dem Physiker zufolge bei einer digitalen Zahlung - etwa im Internethandel - 3 Informationen geschützt: die Identität des Käufers, jene des Verkäufers sowie der Zahlungsbetrag. Diese Information wird mit klassischen kryptographischen Methoden verschlüsselt und ein Kryptogramm zwischen Kund*innen, Händler und Bezahldienst, also etwa Bank oder Kreditkartenunternehmen, geteilt. Mit ausreichend leistungsfähigen Rechenressourcen ließe sich dieser Code knacken und missbräuchlich verwenden

Verifikation mit Lichtteilchen

„Wir haben das ganze Konzept in die Quantenwelt gebracht und damit eine völlig neue Anwendungsebene der Quantenkryptographie erschlossen, die wir extrem spannend finden, gleich patentiert haben und auch damit liebäugeln, eine Firma dafür zu gründen“, so Walther. Konkret werden dabei einzelne Lichtteilchen in einem genau definierten Zustand erzeugt, indem ihre Schwingungsebene (Polarisation) exakt festgelegt wird. Die Messung eines solchen Teilchens verändert seinen Zustand, also seine Polarisation.

„Die Bank schickt diese Lichtteilchen zum Kunden, der sie messen muss. Die Art und Weise, wie ich messe, ergibt sich aus dem Kryptogramm, das wie bei der klassischen digitalen Transaktion die Informationen über die Identität von Käufer, Verkäufer und Betrag beinhaltet“, so Walther. Stimmen die Messergebnisse der Kund*innen mit dem von der Bank erwarteten Ergebnis überein, ist alles in Ordnung und die Zahlung erfolgt. Würde jemand die Transaktion abhören oder in irgendeiner Form manipulieren, würde dies den Zustand der Photonen verändern, das Messergebnis daher nicht mit der Erwartung übereinstimmen und die Zahlung gestoppt.

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Absicherung von besonders heiklen Zahlungen

Weil wohl kaum jemand mit seinem Laptop zu Hause Lichtteilchen empfangen und messen kann, verlange die Methode eine Anpassung existierender Technologien. „In näherer Zukunft könnte man damit wohl nur wichtige Transaktionen absichern, etwa zwischen Banken - aber wir haben gezeigt, dass es geht und der Rest ist eine Frage der Technologie“, sagte Walther.

Demonstriert haben die Wissenschaftler ihre Methode über eine 641 Meter lange Glasfaserverbindung zwischen 2 Uni-Gebäuden in der Wiener Innenstadt. Allerdings benötigt das Protokoll der Physiker „derzeit einige Minuten an Quantenkommunikation, um eine Transaktion abzuschließen. Damit soll die Sicherheit bei Rauschen und Verlusten gewährleistet werden“, erklärte der Erstautor der Arbeit, Peter Schiansky, in einer Aussendung. Für Walther ist dies aber „nur eine technologische Limitierung, die nicht fundamental ist“. Die Physiker sind zuversichtlich, dass quanten-digitale Zahlungen in naher Zukunft eine praktische Leistung erreichen werden.

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