Symbolbild: Vögel fliegen an Windrädern vorbei

Symbolbild: Vögel fliegen an Windrädern vorbei

© APA/dpa/Julian Stratenschulte

Science

So sollen Windräder 80 Prozent weniger Vögel töten

Ein häufiges Argument der Windrad-Gegner*innen ist, dass die Stromerzeuger regelrechte Vogelmetzler sind. Ganze Schwärme sollen durch die Rotoren ausgelöscht werden. Bedrohte Spezies, speziell See- und Raubvögel, werden immer wieder durch Windräder getötet.

Es gibt bereits Maßnahmen, um Vogel-Kollisionen zu vermeiden. Dazu gehören das Anstreichen der Rotorblätter in dunkler Farbe und Schrecksirenen, die automatisiert auslösen, wenn sich ein Vogel dem Windrad nähert.

Am norwegischen Forschungszentrum SINTEF wird jetzt eine neue Methode entwickelt. Bei dieser werden die Vögel nicht ferngehalten, sondern das Windrad „weicht aus“.

➤ Mehr lesen: Das sind die 10 größten Windräder der Welt

SKARV lässt Vögel durch die Rotorblätter fliegen

Dazu wird das Windrad mit einer Kamera und einem Vogelradar ausgestattet. Eine Software erfasst den Vogel, der darauf zufliegt. Die Software errechnet den Flugpfad. Das System passt die Geschwindigkeit des Rotors mittels des Generators und der Winkelstellung der Flügel an. Der Vogel kann so unbeschadet zwischen den Flügelblättern hindurchfliegen.

Das System namens SKARV wurde bisher nur in Simulationen getestet. Laut diesen könne es 80 Prozent aller tödlichen Vögel-Zusammenstöße verhindern. Probleme gibt es etwa, wenn der Vogel zu spät auf Kollisionskurs geht. SKARV benötigt mindestens 5 Sekunden Zeit, von der Erfassung des Vogels bis zur korrekten Geschwindigkeitsanpassung. Je nach Vogel sind das 100 bis 200 Meter Flugdistanz zum Windrad.

Notstopp bei Vogelschwarm

Vögel, die seitlich auf das Windrad zufliegen, werden nicht erkannt. Ein Problem sind auch junge, noch unerfahrene Vögel, deren Flugbahnen nicht konstant sind. Auch mit größeren Gruppen von Vögeln hat das System noch Schwierigkeiten.

Hier schlagen die Forschenden als Alternative vor, dass das Windrad einen Notstopp macht, wenn ein Vogelschwarm zu nahe kommt. Allerdings dauert es ca. 15 bis 20 Sekunden, bis ein Windrad komplett stillsteht. Sollte der Vogelschwarm zudem durch eine Windfarm fliegen, müssten vermutlich alle Windräder stehenbleiben.

Jährliche Vogelsterblichkeit in den USA

Windräder: Über eine Million
Stromleitungen: 8 bis 57 Millionen
Autos: 89 bis 340 Millionen
Gegen Gebäude geflogen: 365 bis 988 Millionen
Von Hauskatzen getötet: 1,4 bis 3,7 Milliarden

Mehr Rücksicht bei der Standortwahl

Tierschützern reicht das nicht. Alleine auf der norwegischen Insel Smøla würden jedes Jahr zwischen 6 und 8 Seeadler durch Windräder getötet. Je weniger Exemplare einer Spezies in Gegenden mit Windrädern heimisch sind, desto problematischer ist der Verlust selbst weniger Vögel. Denn wenn sie sich nicht ausreichend fortpflanzen können, werden sie dort irgendwann aussterben.

Tierschutzorganisationen schlagen deshalb vor, Windräder erst gar nicht an Orten zu bauen, bei denen mit einer hohen Vogelsterblichkeit zu rechnen ist. Außerdem sollen die Betreiber der Windräder für Ausgleich in der Vogelpopulation sorgen, etwa durch Zuchtprogramme.

Das Versetzen eines bereits errichteten Windrads oder einer ganzen Windfarm wird vermutlich nicht passieren. Das Aufrüsten eines bestehenden Windrads mit SKARV ist aber möglich, solange es ein halbwegs aktuelles Modell mit verstellbaren Rotorblättern ist. SINTEF rechnet damit, dass das System innerhalb der nächsten 5 Jahre einsatzbereit ist. Sollte es genügend Interesse der Industrie geben und damit Sponsorings, könnte die Entwicklung auch beschleunigt werden.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Kommentare