Wie Biosensoren im Kampf gegen Krebs helfen können
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Um Krebs zu bekämpfen, sind häufig individuelle auf die Patient*innen zugeschnittene Therapien notwendig. Welches Medikament und welche Therapie bei welchen Patient*innen hilft, ist aber nicht immer leicht herauszufinden und kann sich mit dem Verlauf der Krankheit auch ändern.
KinCon biolabs, ein Spin-off der Universität Innsbruck, hat eine biotechnologische Methode entwickelt, mit der man vorhersagen kann, welcher Wirkstoff im jeweiligen Fall vielversprechend sein könnte.
Molekulare Schalter
Das geschieht über Biosensoren, die die sogenannte Kinase-Aktivität in den Zellen messen. Kinasen fungieren als eine Art molekularer Schalter. Mutationen von Kinasen, die Krankheiten wie z.B. Krebs auslösen können, führen unter anderem zur Veränderung deren molekularen Struktur und tragen zur Fehlfunktion bei.
"Wir können die Bewegung des molekularen Schalters in lebenden Zellen (im Zellkulturmodel) analysieren und in Echtzeit nachvollziehen", sagt der Biochemiker Eduard Stefan, der KinCon biolabs 2022 gemeinsam mit Philipp Tschaikner gegründet hat.
Dazu wird das Zielprotein, die sogenannte Kinase, die für die Entstehung der entsprechenden Krankheit verantwortlich gemacht wird, mit 2 Fragmenten einer Luziferase fusioniert und in lebende Zellen eingebracht, erläutert Stefan. Im aktiven Zustand der Kinase, sind die beiden Fragmente räumlich getrennt.
Lichtsignal
Wenn dann ein geeignetes Medikament durch Bindung die Kinase-Aktivität stoppt, ändert sich die Proteinkonformation und folglich komplementieren die beiden Fragmente der Luziferase. Die nun interagierenden Teile des Luziferase-Enzyms lösen dann auch ein Lichtsignal in den Zellen aus, das umso heller leuchten kann, je besser das Medikament bindet.
Der Name des Start-ups KinCon biolabs ist auch deren Programm und steht für die zugrunde liegenden Änderungen der „Kinase Conformation“.
Auf diese Art könne eine Voraussage darüber getroffen werden, ob ein Medikament spezifisch eine mutierte Kinase blockiert oder nicht, so der Gründer: “Für diese Vorhersagen brauchen wir keine Patientenbiopsien oder Tierversuche, wir müssen nur wissen, um welche Mutation in der Kinase es sich handelt, welche wir dann umgehend in die Reporteranalysen einbauen."
Momentan laufen in den Laboratorien der Innsbrucker Forscher*innen erste Pilotstudien. Unter anderem arbeitet das Start-up gemeinsam mit einer deutschen Biopharmafirma an der Entwicklung von neuen Sensoren für deren Wirkstoffkandidaten.
Medikamentenentwicklung
In Zukunft will KinCon biolabs mit ihrer Technologie auch mithelfen, neue Medikamente zu entwickeln. Eine Krankheit für die es noch keine Therapie gibt und für die die Technologie verwendet werden könnte, wäre zum Beispiel Morbus Parkinson, wie Gründer Stefan erzählt.
In diesem Fall wird die Erkrankung, die noch nicht therapierbar ist, mitunter durch fehlende Kinase-Aktivitäten ausgelöst. Um dies molekular in den Griff zu bekommen, ist es notwendig, die molekularen Schalter wieder einzuschalten, das heißt also die Kinasefunktion wieder zu reaktivieren. "In der Zukunft hoffen wir in Kooperationsprojekten mit der Pharmaindustrie mithelfen zu können, erste Wirkstoffe zu identifizieren, die den ‚Morbus Parkinson‘ Schalter beeinflussen", sagt Stefan.
Partner aus der Industrie
Das Start-up ist dabei, weiter erfahrene Partner aus der Industrie zu finden, mit denen gemeinsam in den nächsten Jahren entsprechende Programme gestartet werden können.
Finanziert wurde und wird KinCon biolabs aus Einnahmen aus dem ersten Auftrag und Förderungen der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws) sowie der Forschungsförderungsgesellschaft FFG.
Im Austausch ist das Start-up auch mit den Tiroler Business Angels und Investoren und Mentoren aus dem Creative Destruction Lab (CDL) in Berlin.
Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).
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