Energiesparen
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Start-ups

Digitaler Zwilling ermöglicht neue Geschäftsmodelle für Wärmenetze

In Wärmenetzen geht viel Energie verloren. Weil die Durchflüsse der Heizwerke nicht gut genug aufeinander abgestimmt sind oder weil der Verbrauch zu ungenau berechnet wird und deshalb vor allem zu Spitzenzeiten mehr Wärme erzeugt, als tatsächlich benötigt wird. Das führt zu einem Mehrverbrauch an Gas oder anderen fossilen Primärenergieträgern. "15 Prozent können eingespart werden", sagt Stefano Coss.

Das von ihm gegründete Start-up Arteria Technologies arbeitet an einer Lösung, die dabei helfen soll, die Netze effizienter zu machen. Auch neue Geschäftsmodelle für Netzbetreiber und die Einbindung von Endkunden sollen damit ermöglicht werden.

Visualisierung auf Web-Plattform

Konkret handelt es sich um eine Web-Plattform, in der Betreiber die Daten ihrer Netze hochladen und auf einer Karte visualisieren können. Über den digitalen Zwilling ihres Netzes können sie den Netzausbau digital planen und etwa die Kosten für neue Kundenanschlüsse und unterschiedliche Betriebsszenarien berechnen.

"Es geht darum, Echtzeitdaten und historische Daten zu verwenden, um das Netz digital nachzubilden und darauf aufbauend eine bessere Planung und einen besseren Betrieb zu ermöglichen", sagt Coss.

Lösung von Arteria Technologies

Weniger CO2-Emissionen

Für Betreiber verringert sich dadurch nicht nur die Planungszeit beim Ausbau des Netzes. Sie können das System auch besser steuern und so den Verbrauch von Primärenergie reduzieren. Dadurch gehe auch der CO2-Ausstoß zurück, sagt der Gründer.

Basis für die Lösung ist ein von Coss entwickelter Algorithmus, der auch in der Lage ist, große Netze in Echtzeit zu berechnen. Die Daten seien zwar auch bisher schon vorhanden gewesen. Die Anreize sie zu nutzen, seien aber erst durch die steigenden Energiepreise attraktiv geworden. "Investitionen in intelligente Regelungssysteme waren davor nicht wirtschaftlich", sagt Coss.

Pilotprojekte  

Der Grid Creator des Start-ups, mit dem die Netze visualisiert werden, ist bereits am Markt. Weitere Features der Plattform werden in Pilotprojekten getestet. Pilotkunden des Start-ups sind dabei Betreiber in Österreich, der Schweiz und Deutschland.

Durchgespielt werden etwa Koppelungen mit lokalen Energiemangementsystemen (Demand Response) oder die Nutzung der Flexibilität dezentraler Speicher, um die gespeicherte Energie später zu verwenden oder ins Netz rückzuspeisen.

Die Plattform wird auch Schnittstellen zu Endkunden bieten, die auf einem Dashboard etwa ihren Wärmeverbrauch, historische Verbrauchsdaten und Kostenprognosen einsehen können. "Eine solche Transparenz schafft mehr Kundenbindung", sagt Coss.

Neue Geschäftsmodelle

Die Lösung des Start-ups soll aber auch neue Geschäftsmöglichkeiten für Netzbetreiber ermöglichen. Berechnet werden könnte etwa, wie sich die thermische Isolierung von Gebäuden oder die Installation von Heizungen mit Niedertemperaturverteilung, etwa Fußbodenheizungen, auf das Netz auswirken, sagt Coss: "So kann man die Kosten den potenziellen Vorteilen gegenüberstellen.“ Das könnte dazu führen, dass aktiv in effizienzsteigernde Maßnahmen investiert werde oder dass etwa die effizienzsteigernden Maßnahmen gemeinsam mit der Wärmeversorgung als Dienstleistung angeboten werden.

Bisher sei dies nicht gemacht worden, weil es den Umsatz durch Wärmeverkauf verringert hätte. Die Geschäftsmodelle seien auf den Verkauf von Energie und nicht auf Energieservice ausgelegt gewesen. Für Betreiber könnten sich dadurch aber neue Möglichkeiten ergeben. Coss: "Es braucht ein Umdenken, um endkundennahe Lösungen bereitzustellen."

Arteria-Technologies-Gründer Stefano Coss

In den kommenden Jahren soll die Plattform sukzessive mit neuen Features versehen werden, aus denen auch zahlreiche weitere Anwendungsfälle hervorgehen sollen. Einen Schub erwartet sich Coss durch regulatorische Vorgaben. Bis 2027 müssen die Sensordaten der Netze für Endkunden digitalisiert und für Dritte zugänglich sein. Das werde viele neue Services ermöglichen, sagt Coss.

Finanzierungsrunde in Vorbereitung

Gegründet wurde Arteria Technologies, das in Graz ansässig ist, Anfang des Jahres. An der datenbasierten Lösung arbeitet Coss schon seit mehreren Jahren, unter anderem bei Forschungsaufenthalten in Frankreich und Italien.  

Bisher wurde das Unternehmen aus Eigenleistungen des Gründers sowie einer Förderung der Austria Wirtschaftsservice (aws) finanziert. Bis Ende des Jahres will Coss eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen haben.

Zum dreiköpfigen Kernteam des Start-ups, dem neben Coss auch Sebastian Dorfer und Ana Romero angehören, sollen dann im nächsten Jahr weitere Mitarbeiter*innen dazustoßen, um die Technologie- und Softwareentwicklung weiter voranzutreiben.

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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