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Innovation: "Netzwerke machen heute den Erfolg von Unternehmen aus"

Der Schweizer Telekommunikationskonzern Swisscom mache 8 Milliarden seines Jahresumsatzes heute mit Produkten, die vor 8 Jahren noch nicht auf dem Markt waren, erzählt Christine Taylor, die 15 Jahre lang für Innovationsprozesse bei dem Unternehmen verantwortlich war. Das bedeute, dass man alle 8 Jahre diesen Umsatz neu erfinden müsse. Dazu gehöre es Neues zu lernen und Vieles, das man nicht mehr braucht, zu verlernen, sagte die Innovationsexpertin. "Unlearn" oder "Verlernen" war auch das Motto des Austrian Innovation Forums, das am Donnerstag und Freitag im Wiener Erste Campus stattfand. Dort erörterten Experten und Vertreter von Firmen, wie Unternehmen erfolgreich innovieren können und welche Voraussetzungen es dafür braucht.

Notwendig seien Änderungen in der Organisation, bei den Menschen und bei den Entscheidungsprozessen, sagte Taylor. In Zeiten der Digitalisierung werden auch der Einfluss der Kunden immer wichtiger. Früher habe man ausgehend von verfügbarenTechnologie und Geschäftsmodellen Produkte entwickelt, mittlerweile habe sich dieser Prozess umgedreht. "Der Mensch und seine Bedürfnisse stehen im Mittelpunkt." Das sei in einer Zeit in der die Lebensphase von Produkten immer kürzer werden, essenziell, meinte Taylor.  Die Swisscom habe sich auf diese Art vom Technologieanbieter zum Begleiter in der digitalen Welt gewandelt.

"Innovation braucht Zusammenarbeit"

Innovation brauche Zusammenarbeit, sagte Claudia Winkler vom Adjacent Possible Network, das nach Wegen sucht, wie mit Technologie die Welt nachhaltiger gestaltet werden kann. Es gebe viele Herausforderungen, vom Klimawandel bis zur Ungleichheit, die nur durch Zusammenarbeit bewältigt werden könnten.

"Wir leben in einer komplexen Welt und brauchen neue Mechanismen, um komplexe Probleme zu lösen", so die ehemalige Telekom-Managerin, die mit dem Mobilfunkanbieter goood ein sozialorientiertes Geschäftsmodell verfolgt. Zehn Prozent der Erlöse des in Österreich und Deutschland tätigen Mobilfunkers gehen an wohltätige Organisationen, die von den Kunden ausgewählt werden können. "Wir wollen damit ein Beispiel geben und auch andere dazu inspirieren, Nachhaltigkeit in ihre Geschäftsmodelle zu integrieren." Neue Technologien würden Kollaborationen erleichtern. Antworten auf die Probleme müssten aber Menschen geben, sagte Winkler. Die Schaffung von vielfältigen Netzwerken sei der beste Weg dazu.

"Unternehmen müssen Grenzen neu definieren"

"Netzwerke machen heute den Erfolg von Unternehmen aus", sagte auch die Innovationsexpertin Ellen Enkel, die das Institut für Innovationsmanagement der Airbus Group an der Zeppelin Universität in Friedrichshafen leitet. Unternehmen würden sich heute zunehmend Technologien aus anderen Branchen und Industrien zunutze machen. Das würden nicht zuletzt die Kunden fordern, die anderen Bereichen sehen würden, was alles machbar sei.

"Sie wollen smarte Produkte haben", sagte Enkel und um diese zu schaffen sei es für Unternehmen notwendig sich zu öffnen und ihre Grenzen neu zu definieren. Neben der Nutzung branchenfremder Innovationen müssten dazu auch Ideen von Kunden und neue Produkte und Dienstleistungen von Lieferanten und Start-ups genutzt werden. 

"Kollaboration ist wichtig", meinte auch Helmut Wöginger, der bei der Andritz AG für Innovationen verantwortlich ist. Bei Technologien, die man nicht im Haus habe, beziehe man andere Unternehmen mit ein und baue auch eigene Teams auf, die die Technologien weiterentwickeln, sagte der Andritz-Manager. So seien etwa Sensoren für die vorausschauende Wartung von Maschinen entstanden. 

"Oft fehlt der Mut"

Auch die Verbund AG setzt auf Partnerschaften, etwa bei einem globalen Akzeleratorenprogramm und der Vernetzung mit Start-ups im Silicon Valley. "Wir versuchen Innovationsökosysteme an den Grenzen unserer Systeme aufzubauen", sagte Franz Zöchbauer, der bei dem Energiekonzern für Innovation zuständig ist. Bei vielen Unternehmen würden Innovationen zwar passieren, sie würden aber nicht rechtzeitig in den Markt gebracht. "Oft fehlt der Mut sie durchzuziehen."

Wie aber entsteht Neues und wie können althergebrachte Zugänge abgelegt werden? Es brauche Druck, damit man beginne, zu verlernen, sagte Austrian-Standards-Direktorin Elisabeth Stampfl-Blaha. Man müsse sich für Neues freimachen, um zu sehen, dass es möglich sei, Dinge anders zu machen.

"Ins Gelingen verliebt"

Viele Unternehmen seien zu sehr ins Gelingen verliebt, sagte Nick Sohnemann, Gründer der Hamburger Innovationsagentur Futurecandy: "Man will nur das machen, von dem man weiß, dass es funktioniert. Das ist bei verrückten neuen Ideen schwierig."

Beim Austrian Innovation Forum wurden auch zahlreiche Beispiele gelungener Innovation präsentiert. Am Donnerstagabend wurde der Iceberg Award verliehen. Der Innovationspreis, bei dem neben dem Innovationsgrad und der Nachhaltigkeit auch die Rahmenbedingungen für Innovation ein Kriterium waren, ging an die Digitalisierungslösung Structinspect, die zeitintensive Bauwerksinspektionen vereinfachen und verkürzen soll.

Disclaimer: Dieser Artikel ist im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und dem Austrian Innovation Forum entstanden.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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