So erkennst du Abzock-Websites für Einreiseformulare und E-Vignetten
Der letzte Arbeitstag ist geschafft, die Koffer gerade noch rechtzeitig fertig gepackt, alles bereit für den Urlaub – oder? In der Eile kann es schon mal passieren, dass man erst im letzten Moment bemerkt, dass man sich noch nicht um Einreiseformalitäten gekümmert oder die Mautbestimmungen auf der Strecke geprüft hat.
Doch vom Zeitdruck sollte man sich nicht verleiten lassen, bei einer Online-Suche einfach auf das erstbeste Ergebnis zu klicken. Denn genau darauf setzen unzählige unseriöse Anbieter, die sich bei Google gute Suchmaschinen-Platzierungen kaufen und meist hohe Gebühren für ihre Services verlangen.
„Die Leute, die sowas in Anspruch nehmen, lassen sich durch offiziell aussehende Eingabemasken und Logos verleiten, sowie die Tatsache, dass sie ihre Daten in deutscher Sprache eingeben können“, sagt Pavel Škrabánek vom Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ). Die versprochene kurze Bearbeitungsdauer oder vermeintlich besonders sichere Abwicklung seien dabei nichts weiter als eine Werbemasche.
ESTA und ETA
Geht der Flug in die USA, nach Kanada oder Großbritannien, müssen sich österreichische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger in der Regel anstelle eines Visums im Vorhinein für die Einreise registrieren. In den Vereinigten Staaten gibt es dafür das Electronic System for Travel Authorization (ESTA), in Kanada und Großbritannien die Electronic Travel Authorisation (ETA). Den Antrag sollte man dabei über die entsprechende staatliche Webseite bzw. die offizielle App stellen.
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Denn kommerzielle Vermittler verlangen ein Vielfaches der tatsächlichen Gebühren, warnt Škrabánek. Die ESTA-Gebühr beträgt 21 US-Dollar, das kanadische eTA kostet 7 kanadische Dollar, das britische ETA 16 Pfund.
Einreiseregistrierungen, wie hier die ETA für Großbrittannien, über kommerzielle Anbieter vorzunehmen kostet ein Vielfaches der offiziellen Gebühr.
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Keine Zeitersparnis bei privaten Vermittlern
Unseriöse Anbieter, die nichts anderes tun, als die eigenen Reisedaten an die offiziellen Stellen weiterzugeben, stellen dafür gelegentlich über 100 Euro in Rechnung. Besonders perfide: Der zu zahlende Betrag wird oft erst nach der zeitaufwendigen Eingabe aller Daten angezeigt.
Škrabánek vom EVZ betont, dass die offiziellen staatlichen Portale üblicherweise recht einfach auszufüllen sind und Anträge vor allem viel schneller verarbeitet werden, als wenn man unnötige Vermittler hinzuzieht: „Oft liegt das Ergebnis eines offiziell eingereichten ETA-Antrags binnen Minuten oder Stunden vor.“
Anzeichen für unseriöse Anbieter
Viele der unseriösen Seiten versuchen sich mit Landesflaggen oder offiziell wirkenden Siegeln zu „tarnen“. Andere brüsten sich mit 5-Sterne-Bewertungen zufriedener Kundinnen und Kunden.
Dieser Anbieter für die ESTA-Registrierung führt mit offiziell wirkenden Siegeln in die Irre.
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Ein Warnhinweis sollte auch die Domain-Endung .com sein, denn diese wird nicht von offiziellen staatlichen Stellen genutzt. Wirft man einen Blick ins Kleingedruckte – meist ganz am Ende der Webseiten – wird deutlich, dass es sich eben nicht um die offizielle Stelle zur Beantragung handelt, sondern private Anbieter.
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Solche Abzocke ist ärgerlich, noch ärgerlicher wird es jedoch, wenn es beim Grenzübertritt dann wegen Formfehlern oder unzureichenden Informationen seitens der Vermittlerfirmen zu Schwierigkeiten kommt: „Geschädigte beantragen z.B. das falsche Visum oder bleiben bei einer Zwischenlandung in einem Drittland hängen und haben dann Tausende Euro Schaden, weil sie nicht weiterreisen dürfen und weitere Transporte und Übernachtungen bezahlen müssen“, berichtet der EVZ-Sprecher.
Vignetten-Scams
Teuer werden kann es auch beim Roadtrip, nämlich wenn man sich beim Vignettenkauf online über den Tisch ziehen lässt oder wegen nicht beachteter Mautbestimmungen Strafe zahlen muss. Genau wie bei ESTA und ETA gibt es auch für E-Vignetten europäischer Nachbarländer unzählige Onlineshops.
Ihre Preise liegen häufig weit über den tatsächlichen. Meistens finden sie sich als gesponserte Anzeigen ganz oben in den Suchergebnissen.
Bei einer Google-Suche nach "Vignette Slowakei" führt erst der 4. Link zur offiziellen Seite, darüber sind die gesponserten Ergebnisse.
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„Achten Sie beim Kauf darauf, auf der meist einzigen für das jeweilige Land zugelassenen offiziellen Stelle zu sein“, rät Škrabánek. Diese lassen sich einfach über die Webseiten österreichischer Automobilclubs finden. Ein Anzeichen für unseriöse Shops ist, wenn Vignetten für mehrere Länder angeboten werden, oder der Firmensitz nicht mit dem Reiseland übereinstimmt.
Dieser Vignetten-Vermittlungsservice für Tschechien enthält viele Übersetzungsfehler und gibt Preise nicht in tschechischen Kronen, sondern Euro an - ein Warnzeichen
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Vignetten und Maut in Europa
- E-Vignettenpflicht herrscht aktuell in der Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, Bulgarien, Moldau und Rumänien. In der Schweiz gibt es die Möglichkeit einer Klebevignette.
- Streckenbezogene Maut wird in Italien, Frankreich, Spanien, Portugal, Großbritannien, Irland, Polen, Kroatien und vielen weiteren Ländern des Balkans erhoben. Bezahlt werden kann sie meist in bar oder per Kreditkarte an fixen Mautstellen.
- Free-Flow-Maut ersetzt in manchen Ländern die Schranken und Bezahlautomaten. Die Erfassung erfolgt über Kameras, bezahlt wird online.
Schlampigkeit führt oft zu Strafen
Abgesehen vom Preisnachteil kann es beim Kauf über Vermittlerseiten zu Problemen kommen: Wenn man etwa Wagenklasse oder Kennzeichen versehentlich falsch eingibt, steht meist kein Kundenservice zur Korrektur bereit.
Außerdem kann es passieren, dass der Wiederverkäufer die Daten falsch oder unvollständig an die offizielle Stelle weitergibt. „Ein Schlampigkeitsfehler zieht automatisch eine hohe Strafe nach sich“, so der EVZ-Sprecher.
Free-Flow-Maut
Bevor man sich in ein Land mit streckenbezogener Maut aufmacht, sollte man sich mit den entsprechenden Regelungen und Bezahlmöglichkeiten vertraut machen. Mancherorts kommt ein Free-Flow-System zum Einsatz, etwa auf den Autobahnen rund um Mailand oder auf einigen Strecken in Frankreich („péage en flux libre“).
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Statt am Schranken zu halten und zu zahlen, kann man hier ungehindert abfahren, wobei automatisch das Kennzeichen erfasst wird. Autofahrerinnen und Autofahrer müssen sich selbst darum kümmern, ausstehende Beträge innerhalb weniger Tage über die Webseiten oder Apps der Anbieter zu bezahlen.
Phishing-Attacken bei französischen Autobahnen
Zuletzt häufen sich Berichte von Mautbetrug bzw. Phishing-Attacken auf den französischen Autobahnen A13 und A14. Reisende werden per SMS oder E-Mail zur Zahlung vermeintlich ausstehender Gebühren aufgefordert und dafür auf Fake-Seiten geleitet, die denen der tatsächlichen Anbieter ähnlich sind. „Wer dort seine Daten eingibt und zahlt, hat Daten und Geld an Kriminelle übergeben und wird nach dem Fahren auch noch eine Polizeistrafe erhalten“, warnt der EVZ-Sprecher.
Bedingungen für Leihautos beachten
Wer ein Auto mietet, sollte die Vertragsbedingungen bezüglich Maut genau lesen. „Bei pauschalen Mautlösungen ist der Mietwagen meist im Mautsystem registriert, zur Sicherheit sollte man sich das beim Abholschalter noch bestätigen lassen“, sagt Škrabánek.
Gewisse Strecken- oder Citymautgebühren können zusätzlich anfallen. Sobald man mit einem Mietwagen in mehreren Ländern unterwegs ist, muss man sich in der Regel um Vignetten bzw. Streckenmaut kümmern.