
Chinas neue KI lässt Piloten im Luftkampf keine Chance
Bereits seit einiger Zeit experimentieren die Luftstreitkräfte dieser Welt mit KI am Steuer von Kampfjets. „Der Computer wird nicht müde, er hat keine Angst und er führt Manöver mit höchster Präzision aus, während menschliche Piloten in ihren Leistungen immer Schwankungen haben werden“, meinte etwa Frank Kendall, dem damaligen Chef der US Air Force, im vergangenen Jahr.
Bereits seit geraumer Zeit sorgen sich amerikanische Militärs, dass sie gegenüber China bei KI-Luftwaffensystemen strategisch ins Hintertreffen geraten könnten. Eine Veröffentlichung im Dezember vergangenen Jahres von chinesischen Forschern dürfte ihnen abermals Kopfzerbrechen bereiten.
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Chinesische KI erkennt spontanste Manöver
Das chinesische Forscherteam behauptet, den letzten taktischen Vorteil von menschlichen Piloten bei Luftkämpfen aus der Welt geschafft zu haben. KI-Algorithmen sollen sich demnach nun auch nicht mehr von unvorhersehbaren Manövern bei Dogfights überlisten lassen. Bisher hatten KI-Systeme im Luftkampf nämlich das große Problem, dass sie plötzliche, nicht-lineare Manöver von menschlichen Piloten nicht berücksichtigen konnten.
Die KI-Algorithmen der chinesischen Forscher können mit Hilfe von Wärmebildkameras plötzliche Bewegungen gegnerischer Flugzeuge vorhersehen, erklärt die South China Morning Post. Ihr System erkennt kleinste Veränderungen an Ruder und Leitwerk und kann damit vorhersagen, welches Manöver der Gegner als nächstes durchführen wird.
Dank dieser Innovation könnten selbst die wendigsten Kampfjets, wie die amerikanische F-15, von KI-gesteuerten Maschinen bei Luftkämpfen nicht mehr ausgetrickst werden, so die Forscher.
KI erkennt Bewegungen im Millimeterbereich
Die Forscher vom Northwest Institute of Mechanical & Electrical Engineering in Xianyang fokussierten sich bei der Lösung des Problems spontaner Manöver auf die Flugzeugphysik: Sie ließen eine modifizierte Version eines Neuronalen Netzwerks namens YOLOv8 Infrarotbilder analysieren, das lernte, kleinste Bewegungen im Millimeterbereich an den Steuerflächen der gegnerischen Maschine zu erkennen – etwa am Ruder der F-15 im Flug.
Diese Echtzeitbeobachtungsdaten speisten sie in ein sogenanntes Long Short-Term Memory (LSTM)-Netzwerk ein. Diese KI kann dadurch ihre Aufmerksamkeit auf die kleinen Bewegungen schärfen und spontane Manöver bereits vor ihrer Durchführung erkennen. Man kann es in etwa vergleichen mit einem Boxer, der vor einem rechten Haken mit der Schulter zuckt. Weiß man, wann und wo der Haken kommt, kann man nicht nur ausweichen, sondern auch kontern.
Der Infrarotsensor erkennt die Temperaturunterschiede zwischen Leitwerk und Ruder und dem Rest der F-15 und kann so selbst kleine Bewegungen der Teile erkennen
© Northwest Institute of Mechanical & Electrical Engineering
Präzision ist genauer als 2 Meter
In einer Simulation haben die Forscher ihr KI-System mit schwierigen Flugmanövern getestet, die auch in echten Luftkämpfen durchgeführt werden. Sie ließen darin eine F-15 Raketen in niedriger Höhe abfeuern, um danach schnell in die Höhe zu steigen. Bei einem anderen Manöver machte die F-15 schnelle, unregelmäßige Ausweichmanöver und Sturzflüge, die dazu dienen, Angriffen zu entkommen.
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In beiden Szenarien konnte die KI innerhalb von Millisekunden die Bewegungen von Ruder und Leitwerk erfassen, analysieren und so genau vorhersagen, wohin sich die F-15 bewegt. Das KI-System soll bei der Zielverfolgung durch diese Verbesserungen 10-mal genauer sein als frühere Methoden.
Die KI könnte nicht nur bei Luftkampf-Drohnen eingesetzt werden, sondern etwa auch bei bei automatischen Flugabwehrsystemen, wie etwa einem Type 1130 CIWS. Weil mit dem System die Präzision bei weniger als 2 Metern liegt, könnte etwa direkt auf das Cockpit eines Flugzeugs gefeuert werden, um die maximale Zerstörungskraft zu erzielen.
Die Forscher räumen aber ein, dass ihre Methode, mit der KI die Manöver von Menschen vorhersagen kann, nicht perfekt ist. Gegner könnten etwa die Wärmebildkameras mit Lasern blenden, bzw. die empfindlichen Infrarotsensoren dabei sogar zerstören.
Solche DIRCM-Systeme (Directional Infrared Counter Measures) werden schon jetzt von Flugzeugen eingesetzt, um die Infrarotsuchköpfe von Luftabwehrraketen zu blenden, und teilweise von Kampfpanzern, um den Markierungslaser für lasergelenkte Raketen zu blockieren. Diese Systeme könnten vermutlich auch genutzt werden, um die Sensoren von unbemannten Kampfflugzeugen anzustrahlen.