Elektro-Katapult von Super-Flugzeugträger soll an Land genutzt werden
Die USS Gerald R. Ford ist derzeit das größte Kriegsschiff der Welt. Die Verdrängung beträgt gewaltige 100.000 Tonnen.
Der atomar betriebene Super-Flugzeugträger (ab 75.000 Tonnen) ist auch der erste Flugzeugträger der Welt, der ein elektromagnetisches Katapult nutzt (EMALS).
Jetzt gibt es Bestrebungen, eine Landversion von EMALS zu bauen. Diese soll ermöglichen, auch schwer beladene Kampfjets von kurzen Pisten abheben zu lassen.
Für improvisierte Stützpunkte
„Wir haben über die Möglichkeit einer Expeditions-Variante des elektromagnetischen Katapults und Fangsystems nachgedacht und ausführliche Forschungsarbeit in dieses Konzept gesteckt“, sagt ein Sprecher von General Atomics zu TWZ. Das US-Unternehmen ist der Hersteller des EMALS.
Mit Expeditions-Variante ist gemeint, dass das EMALS schnell an vorgeschobenen Basen oder improvisierten Stützpunkten errichtet werden könnte. Die grundsätzliche Idee dafür gab es schon in den 60er-Jahren und wurde sogar genutzt.
SATS im Vietnam-Krieg
Das System hieß damals Short Airfield for Tactical Support (SATS). Die Entwicklung wurde zuerst in den USA getestet. Danach wurde SATS von den US Marines in Vietnam genutzt.
Dabei handelte es sich um ein Trackless-System. Bei dampfbetriebenen Katapulten auf Flugzeugträgern ist der Schlitten, in den das Flugzeug eingespannt wird, im Deck eingelassen. Bei SATS wurde ein Schlitten mit Rädern auf der Startbahn per Seilzug gezogen. Zum Landen gab es einen Auffang-Mechanismus, wie bei einem Flugzeugträger. Dadurch konnten Flugzeuge eine Piste für Start- und Landung nutzen, die viel kürzer als ein normales Flugfeld ist.
Der Gedanke hinter SATS war, dass man kein volles Flugfeld bauen müsse und deshalb mehr Auswahl bei der Standortwahl hat. Nötig war das Ganze, weil es nicht genügend Flugzeugträger und von den USA nutzbare Flughäfen gab, für die Menge an Lufteinsätzen, die im Vietnam-Krieg geflogen wurden.
Katapult mit 35.000 PS
Um den nötigen Dampfdruck aufzubauen, nutzte SATS J79 Turbojets. Diese Triebwerke kamen etwa auch bei der F-4 Phantom II zum Einsatz.
Dadurch hatte SATS fast 35.000 PS. Alle 90 Sekunden konnte so eine vollbewaffnete A-4 Skyhawk gestartet werden.
Auch F-4s starteten mit SATS. In einem Fall kam es beinahe zur Katastrophe. Der Schlitten wurde nicht korrekt am Seil angebracht und traf eines der Triebwerke beim Start. Die Piloten konnten sich per Schleudersitz retten, die Maschine stürzte ab.
Später wurde der Runway verlängert und gepflastert. Vorher bestand das Bett dafür aus Aluminiumplatten, weshalb das Flugfeld den Spitznamen „Alufolien-Landebahn“ hatte. Es blieb das einzige SATS im Einsatz.
Bis heute haben die USA keine Katapulte mehr bei Expeditions-Stützpunkten eingesetzt. Katapulte und Fangvorrichtungen gibt es aber bei einigen Flugfeldern in den USA, um Flugzeuge und Drohnen zu testen und Piloten zu trainieren, die später auf Flugzeugträgern starten und landen werden.
Schnelle Flugfelder für die F-35
Dass General Atomics das Konzept jetzt wieder aufgreift, ist kein Zufall. Die US Marines haben 2019 das Konzept Expeditionary Advanced Base Operations (EABO) vorgestellt.
Dieses sieht vor, dass F-35Bs und F-35Cs auf Expedition-Flugfeldern starten und landen können. Bei der F-35B ist das einfach, weil sie ein Senkrechtstarter ist – dabei aber viel Treibstoff verbraucht.
Die F-35C ist für Katapultstarts auf Flugzeugträgern ausgelegt und hat keine Senkrechtstart-Fähigkeiten. Um auf einer kurzen Landebahn zu starten und landen, braucht sie ein Katapult und Fangsystem.
Für die Landung auf kurzen Flugfeldern haben die Marines mit dem M-31 bereits ein Expeditions-Fangsystem, das bei Bedarf mobil sein kann. Das ist derzeit aber primär gedacht, um Kampfjets auf kleineren Flugfeldern eine Landung zu ermöglichen, falls der Flugzeugträger beschädigt oder gar versenkt wurde, während sie gerade beim Einsatz in der Luft waren.
Das M-31 wurde bereits mit der F-35C getestet:
Katapult mit Atomantrieb
Damit EABO funktionieren kann, ist also noch ein Katapult notwendig. EMALS macht hier durchaus Sinn, da es wartungsärmer ist als Dampfkatapulte, leistungsstärker und für mehr Fluggeräte eingesetzt werden kann.
Die Energie für EMALS könnte von einem Mini-Atomreaktor kommen (Small Modular Reactor - SMR). Die US-Streitkräfte planen seit längerem SMRs für Stützpunkte und größere Außenposten einzusetzen, die in einen genormten Schiffscontainer passen.
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Der zunehmende Wunsch der USA, schnell Flugfelder aufbauen zu können, ist auf die Spannungen mit China zurückzuführen. China hat mehrfach eine Invasion von Taiwan angedroht. Sollten die USA versuchen Taiwan beizustehen, was die USA vorhaben, werde man auch die US-Truppen bekämpfen, warnt China.
So funktionieren elektromagnetische Katapulte
Beim EMALS wird der an einem Katapultschlitten befestigt, der sich in der Startbahn befindet. Elektromagnete entlang der Bahn erzeugen ein enorm starkes magnetisches Feld.
Dadurch wird der Schlitten - und gleichzeitig auch das an ihm befestigte Flugzeug - entlang der Bahn beschleunigt. Nachdem das Flugzeug die erforderliche Geschwindigkeit für das Abheben erreicht hat, löst es sich vom Schlitten und hebt ab. Dann wird der Schlitten am Ende der Katapultbahn abgebremst und für den nächsten Start zurückgeführt.
Vorteile gegenüber Dampfkatapulten
Aufgrund der Funktionsweise mit den Magneten kann die Beschleunigung bei der elektromagnetischen Variante exakt angepasst werden. Die notwendige Kraft kann sich je nach Flugzeugtyp stark unterscheiden. So sind vollbeladene Kampfjets etwa deutlich schwerer als unbemannte Aufklärungsdrohnen. Bei zu viel Beschleunigung könnte die Drohne beschädigt werden.
Weil EMALS über weniger bewegliche Teile als klassische Dampfkatapulte verfügen, sind die weniger fehleranfällig und wartungsärmer. das Laden der Elektromagnete geht außerdem schneller als das Erzeugen von Dampf, weshalb mit EMALS mehr Starts in kurzer Folge möglich sind.
Ersatz für zerstörte Stützpunkte
Militärexperten gehen davon aus, dass China in der Lage ist, sehr schnell zu Beginn des Konflikts die bekannten US-Stützpunkte im Pazifik anzugreifen. Ein Expeditions-Flugfeld könnte schneller errichtet werden als eine zerbombte Landebahn zu reparieren.
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Durch die massive Aufrüstung der chinesischen Flotte könnte es zudem für die US-Flugzeugträger schwer werden, nahe genug ans Zielgebiet ranzukommen, ohne selbst zum Ziel zu werden. Das heißt: Flugzeuge müssten mit mehr Treibstoff starten und dazu auf Waffenlast verzichten. Ein Expeditions-Flugfeld mit EMALS könnte eine Art Zwischenstopp sein. Die Flugzeuge würden mit normaler Waffenlast starten und nach der Mission beim EMALS-Flugfeld landen, um dort für den Rückweg zum Flugzeugträger aufzutanken.
Denkbar ist auch, dass die F-35C mit leichter Bewaffnung vom Flugzeugträger starten, um eine höhere Reichweite zu haben. Vor der Mission landen sie am Flugfeld mit dem EMALS, werden dort mit Marschflugkörpern oder anderen schwereren Waffen bestückt, betankt und brechen dann ins Einsatzgebiet auf.
EMALS-Flugfeld als Drohnenstützpunkt
Ebenfalls möglich wäre, dass einige der Expeditions-Flugfelder primär für Kampfdrohnen eingesetzt werden. Die USA arbeiten an mehreren Stealth-Drohnen, mit denen Boden-, Luft- und Seeziele angegriffen werden können.
Dutzende Drohnen könnten dauerhaft in der Luft sein, patrouillieren und warten, bis der Angriffsbefehl kommt. Weil sie schon in der Luft sind, können sie schneller den Angriff ausführen, als wenn sie erst von einem Flugzeugträger gestartet werden müssen.
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Zum Auftanken und Nachladen kehren sie abwechselnd zum Flugfeld zurück. Durch die Auslagerung der Drohnen zu einem Expeditions-Flugfeld würde der Flugbetrieb auf den Flugzeugträgern nicht gestört werden.
Rascher Auf- und Abbau
Solche Szenarien setzen voraus, dass die Expeditions-Flugfelder ausreichend gegen Luftangriffe mit Marschflugkörpern oder Drohnen geschützt sind. Hier arbeiten die US-Streitkräfte ua. an einem neuen 155mm-Artilleriesystem, um mobile bzw. semi-stationäre Luftabwehr zu ermöglichen.
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Wichtig ist auch, dass solche Flugfelder rasch auf- und wieder abgebaut werden können. Dadurch lässt sich der Standort rechtzeitig verlegen, falls sich eine Verschiebung der Front anbahnt.
Gerade im pazifischen Raum bietet sich das an, aufgrund der vielen Inseln. China nutzt diese geografische Gegebenheit bereits aus. Auf unbewohnten Inseln wurden militärische Stützpunkte und Flugfelder angelegt, in einigen Fällen wurden dazu sogar Insel künstlich erschaffen. Im Kriegsfall hat man dadurch ein großgespanntes Netz an Stützpunkten und ist nicht auf Flugfelder in Küstennähe oder Flugzeugträger angewiesen, um Einsätze im Pazifik mit Kampfjets durchzuführen.
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