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Iran schützt sich mit chinesischer Laserwaffe vor Israels Drohnen

Nach dem massiven Raketenangriff auf Israel hat der Iran seine Sicherheitsmaßnahmen erhöht. In Teheran hat ein öffentliches Gebet stattgefunden, bei dem Irans Machthaber Ayatollah Ali Chamenei anwesend war – was nur selten vorkommt. Dabei wurde eine chinesische Laserwaffe gesichtet.

Mehrere User haben sie als Silent Hunter identifiziert, eine Laserwaffe, die China erstmals 2017 gezeigt hat. Sie wird mit einer Leistung von bis zu 100 Kilowatt angeboten und soll eine Reichweite von bis zu 4 Kilometern haben. Sie soll stark genug sein, um auf 1.000 Meter Entfernung ein Loch in 5mm dicken Stahl zu brennen. Gedacht ist sie, um Drohnen zu zerstören.

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Allerdings handelt es sich bei der Drohne im Iran nicht um Silent Hunter. Vergleicht man Silent Hunter mit dem System im Iran, sieht man, dass die Hauptlinse links vom Steuermast ist und die Öffnungen für Kamera und Sensoren anders aussehen. Stattdessen dürfte es sich um Shen Nung handeln, wie twz schreibt.

Links Silent Hunter, rechts die Laserwaffe im Iran

Dazzler statt Hochenergielaser

Das System gibt es in 2 Versionen. Stationär im Container ist es das Modell Shen Nung 5000. Auf einem Geländewagen montiert ist es die Variante Shen Nung 3000. Da bei den Bildern aus Teheran eine Plane im Weg ist, ist nicht erkennbar, welche der Versionen es ist. Wahrscheinlicher ist allerdings die Container-Variante, die für den Schutz bei Veranstaltungen sowie von militärischen Gebäuden und Infrastruktur gedacht ist.

Im Gegensatz zu Silent Hunter ist Shen Nung kein Hochenergielaser, um Drohnen zu zerstören, sondern ein Dazzler. Diese haben einen weniger stark gebündelten Strahl und sollen Ziele blenden. Der Hersteller gibt die Leistung mit bis zu 20 kW und die Reichweite mit bis zu 3 km an.

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Da ein Dazzler aber genauso Hitze erzeugt, kann er theoretisch auch das Ziel zerstören. Laut dem Hersteller muss so eine zerstörbare Drohne klein sein und langsam fliegen. Bei einer Entfernung von 1,5 Kilometern müsste die Drohne über 10 Sekunden mit dem Dazzler beschossen werden. Ist die Distanz kürzer, sinkt die Zeit.

Shen Nung 5000 und 3000

Dazzler macht Drohnen blind

Das effektive Blenden gelingt laut dem Hersteller in 3 Kilometer Entfernung bei über 5 Sekunden Beschusszeit. Blenden klingt zwar vergleichsweise harmlos, damit ist aber gemeint, dass optische Sensoren dauerhaft Schaden nehmen – das ist so ähnlich, wie wenn man mit dem Smartphone oder der Kamera zu lange in die pralle Sonne filmt oder fotografiert. Werden so die Kameras bzw. Zielsensoren der Drohne zerstört, ist sie blind und findet nicht mehr ins Ziel – sofern dieses nicht per GPS einprogrammiert wurde.

FPV-Drohnen (First Person View, Kamikaze-Drohnen) können ohne Kamera nicht mehr gezielt gesteuert werden. Auch Loitering Munitions, die per Infrarot-Laser ins Ziel gelenkt werden, könnten so an ihrem Auftrag behindert werden, weil die Infrarotsensoren beschädigt wurden. Und größere Aufklärungsdrohnen können ohne ihre Kameras nicht mehr aufklären.

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Einschränkungen von Shen Nung

Dass der Iran Shen Nung statt Silent Hunter gewählt hat, könnte mit der Verfügbarkeit und dem Preis zu tun haben. Dazzler sind üblicherweise günstiger und haben geringe Anforderungen an die Infrastruktur, was etwa Stromversorgung und Kühlung angeht.

Das schränkt aber auch die Fähigkeiten ein. Shen Nung kann nur bis zu 200 Sekunden am Stück feuern, bevor es 5 Minuten abkühlen muss. Auch das initiale Laden, bevor das erste Mal geschossen werden kann, dauert 5 Minuten. Ein schnell fliegender Drohnenschwarm kann ein einzelnes Shen Nung also leicht überlasten.

Die Ziele werden mittels eines eigenen Radars erfasst, in einer Distanz von 500 Meter bis 5 Kilometer. Shen Nung kann damit selbstständig Ziele erkennen und verfolgen und benötigt keine separate Radaranlage. Für Distanzen von 0 bis 3 Kilometer werden die Ziele mittels Bilderkennung und einer Kamera erfasst.

Shen Nung: Technische Daten

Weitere Drohnenabwehrmaßen

Theoretisch ist möglich, dass der Iran nicht Sheng Nung gekauft, sondern nachgebaut hat. Dann wäre aber, sofern auf den Bildern erkennbar, die Kopie perfekt, was eher unwahrscheinlich ist. Wahrscheinlicher ist, dass der Iran nach dem massiven Raketenangriff auf Israel schnell eine Drohnenabwehr benötigt hat, weil ein Angriff auf den Ayatollah beim öffentlichen Gebet befürchtet wurde. Womöglich hätte der Iran gerne Silent Hunter gehabt, aber es war nur Sheng Nung auf die Schnelle verfügbar.

Sieht man sich das Foto von Sheng Nung genauer an, scheinen links davon weitere Aufbauten zu sein. Dabei könnte es sich um Antennen für Jammer und um eine Mikrowellenwaffe handeln. Letztere überlastet durch Mikrowellenstrahlen die elektronischen Systeme von Drohnen, um diese zu zerstören. Ein Jammer blockiert das Steuerungssignal, wodurch Drohnen entweder abstürzen oder eine automatische Notlandung ausführen.

Mehrere Systeme gleichzeitig einzusetzen, macht Sinn. Wird die heranfliegende Drohne auf mehrere Arten gleichzeitig gestört, steigt die Erfolgsquote der Abwehr. Außerdem könnten so mehrere Drohnen gleichzeitig ins Visier genommen werden, sollten sie aus unterschiedlichen Richtungen angreifen.

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Israel nutzt Drohnen mit Sprengstoff und Loitering Munitions

Die Gefahr von Drohnenangriffen ist für den Iran jedenfalls real. Israel nutzt seit Jahren nicht nur große Aufklärungsdrohnen, sondern kleine, manövrierfähige Drohnen und Loitering Munitions.

Damit sollen einzelne Mitglieder der Hamas und Hisbollah gezielt ausgeschaltet oder Waffen in besiedeltem Gebiet mit wenig Kollateralschaden zerstört werden.

Je nachdem wie stark der Iran seinen Luftraum schützt, könnte eine israelische große Drohne, ein Kampfjet oder ein Marschflugkörper von der Luftabwehr erfasst und eliminiert werden, die Richtung Teheran fliegen. Eine kleine Drohne, die in der Stadt oder am Stadtrand gestartet wird, könnte sich aber schnell und unter dem Radar zum Ziel bewegen – weshalb der Iran eben die chinesische Laserwaffe aufgestellt hat.

Dies setzt allerdings voraus, dass der Mossad oder ein Militärkommando unbemerkt in den Iran eindringen konnten, um die kleine Drohne in Reichweite zu bringen. Eine Alternative wäre, die Drohne ins Land zu schleusen, die von einem iranischen Kontaktmann in eine geeignete Startposition gebracht wird. Die Drohne selbst wird dann per Satellit oder Datenrelay von Israel aus ins Ziel gesteuert.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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