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Israels neue Laserwaffe passt auf einen Geländewagen

„Wir bringen Star Wars in die Realität“: Mit diesen Worten kündigt Rafael Lite Beam an. Der israelische Hersteller wird die Laserwaffe prominent bei der Rüstungsmesse AUSA 2024 vorstellen, die Mitte Oktober in Washington DC stattfindet. Damit will man vor allem die USA und andere NATO-Länder als Kunden gewinnen.

Gänzlich neu ist Lite Beam nicht. Die Laserwaffe wurde vor ein paar Jahren zeitnahe mit Iron Beam angekündigt. Iron Beam hat eine Leistung von 100 Kilowatt und wurde entworfen, um den Iron Dome zu ergänzen.

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Iron Dome ist das israelische Nahdistanz-Abwehrsystem, das mit Raketen feindliche Raketen und Granaten abschießt. Es wird ebenfalls von Rafael gebaut. Auch das Mittelstrecken-Abwehrsystem David’s Sling stammt von Rafael.

Der leichte Laser für unterwegs

Iron Beam befindet sich derzeit noch in Entwicklung. Aufgrund der Bauart und des Energiebedarfs steht aber schon fest, dass er entweder stationär betrieben wird, auf großen Spezial-Lkw oder auf Schiffen. Für den mobilen Einsatz soll Lite Beam dienen. „Lite“ bezieht sich hier also nicht (nur) auf Light (Licht), sondern auch auf light (leicht).

Zuvor wurde Lite Beam mit einer Leistung von 7,5 Kilowatt angekündigt. Die weiterentwickelte Variante, die Rafael jetzt zeigen wird, hat 10 Kilowatt Leistung. Damit soll es möglich sein, Drohnen, heranfliegende Raketen und Granaten mit ballistischer Flugbahn zu zerstören. Außerdem sollen damit Landziele angegriffen werden können. Als Beispiel wird etwa die Zerstörung von improvisierten Sprengfallen (IEDs) genannt.

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Um gepanzerte Fahrzeuge damit zu zerstören, wird die Leistung wohl nicht reichen. Denkbar ist aber, dass ein normales Auto, das etwa auf einen Checkpoint zufährt und nicht stoppt, aufgehalten werden kann, indem mit dem Laser der Motor zerstört wird.

Vor- und Nachteile von Laserwaffen

Pro:

  • Ein „Schuss“ kostet nur wenige Cent
  • Kein Nachladen – es wird lediglich Strom benötigt
  • Keine Kollateralschäden, wenn das Ziel verfehlt wird
  • Auch auf sehr kurze Distanzen nutzbar, ohne eigene Truppen zu gefährden

Contra:

  • Technologie noch nicht im echten Einsatz erprobt
  • Weniger Reichweite bei Schlechtwetter (Wolken, starker Regen) oder Rauch
  • Noch keine Daten zur Zuverlässigkeit im Feld

Lite Beam gegen Drohnenschwarm

Rafael spricht davon, dass Lite Beam ganze Drohnenschwärme zerstören kann. Die Zielerfassungs-Software wird den schnellen Wechsel bzw. das automatische Bekämpfen mehrere Drohnen schon unterstützen, allerdings hängt der Erfolg davon ab, welche Art von Drohnen angreifen und wie weit sie entfernt sind.

Meistens werden Mikrowellenwaffen zur Bekämpfung von Drohnenschwärmen beworben. Ihre Strahlen werden wie ein Konus ausgesendet, wodurch mehrere Drohnen gleichzeitig getroffen werden können.

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Mit Lite Beam muss aber jede Drohne einzeln beschossen werden, falls nicht mehrere der Laserwaffen im Verbund agieren. Tauchen 5 Kamikaze-Drohnen in 10 Meter Entfernung hinter Bäumen auf, wird die Zeit mit einem 10-Kilowatt-Laser nicht reichen, um alle abzuschießen – selbst wenn es nur handelsübliche Kameradrohnen mit improvisierten Sprengsätzen sind, die nicht speziell robust für den Militäreinsatz gebaut wurden. 

Werden dieselben 5 Drohnen aber schon 300 Meter entfernt vom Zielsystem erfasst und beschossen, stehen die Chancen auf eine Abwehr gut. Die maximale Reichweite von Lite Beam gibt Rafael mit 2 Kilometern an.

Lite Beam auf vielen Fahrzeugen einsetzbar

Weil Lite Beam leicht und kompakt ist, soll es nicht nur statisch eingesetzt werden können, etwa in der Form eines kleinen Containers, der bei Vorposten zur Luftraumsicherung aufgestellt wird. Das System soll auch für kleinere Schiffe und eine Vielzahl von Fahrzeugen geeignet sein.

Auf der Illustration von Rafael ist der Laser auf einem Oshkosh JLTV zu sehen. Bis zu 64.000 Stück dieser gepanzerte Geländewagen sollen bei der US Army und den US Marines bis 2040 den Humvee ersetzen.

Israel hat Ende Dezember 2023 etwa 100 Stück der Fahrzeuge bestellt. Belgien, Litauen, Rumänien und Slowenien gehören ebenfalls zu den Kunden, Großbritannien und Portugal sind potenzielle Besteller.

Rafael erwähnt, dass sich Lite Beam in bestehende Drohnenabwehrsysteme integrieren lässt. Außerdem kann es mit Dieselgeneratoren oder Akkus betrieben werden. Nicht ganz klar ist derzeit, wie groß der Platzbedarf für die nötigen Komponenten innerhalb der Fahrzeuge ist. Sollte etwa ein Kampfpanzer, Schützenpanzer oder Flugabwehrpanzer mit Lite Beam ergänzt werden können, ohne auf bestehende Waffen verzichten zu müssen, hätte Rafaels Laserkanone das Potenzial zum Bestseller.

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Lite Beam als Begleitschutz

Aber auch in einer Variante, bei der Lite Beam die primäre Bewaffnung eines Fahrzeugs ist, trifft es den Zahn der Zeit. Der Konflikt in der Ukraine hat gezeigt, wie einfach mit Drohnen, die ein paar Hundert Dollar kosten, Kampfpanzer und teure Militärfahrzeuge zerstört werden können, deren Kosten in die Millionen gehen.

Ein gepanzerter Geländewagen oder Truppentransporter mit Lite Beam könnte etwa eine Fahrzeugkolonne begleiten und diese vor Drohnen und Artilleriegranaten beschützen. Auch könnte Lite Beam bei Artilleriestellungen genutzt werden, um diese zu schützen.

Diese Marktlücke will nicht nur Rafael füllen. Auch MBDA, Rheinmetall, Lockheed Martin und Raytheon arbeiten an 10-Kilowatt-Lasern, die auf Fahrzeugen genutzt werden können.

Die Frage ist, wie nahe diese Systeme an der Serienreife sind und wie viel sie kosten. Rafael könnte hier einen Entwicklungsvorsprung haben – nicht nur beim Laser selbst, sondern weil man mit Iron Dome mittlerweile 14 Jahre lang Erfahrung mit autonom agierender Flugabwehr sammeln konnte, besonders was die Zielerfassung und Berechnung der Flugbahn der Bedrohung angeht.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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