Perplexity Comet: Wie der KI-Browser das Internet verändern könnte
20 geöffnete Tabs drosseln die Geschwindigkeit des Laptops, auf jeder Website springt einem Werbung entgegen und die Suche nach einer Antwort auf eine Frage dauert Ewigkeiten. Das ist das Internet, wie wir es heute kennen.
In Zukunft könnte man stattdessen nur mehr eine Frage oder einen Auftrag eingeben müssen und die KI kümmert sich dann um die Ausführung. Möglich wird das durch KI-Browser.
Genau so einer wurde soeben von Perplexity veröffentlicht. Er heißt Comet und Tools wie diese könnten das Internet grundlegend verändern, aber zu welchem Preis?
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Comet als zweites Gehirn
“Das Internet ist zum erweiterten Verstand der Menschheit geworden, während unsere Werkzeuge für seine Nutzung primitiv bleiben”, heißt es seitens Perplexity. Das will das Unternehmen ändern.
Der neue Browser soll klassische Tabs durch eine KI-gestützte Benutzeroberfläche ersetzen, die Nutzer bei ihren Denkprozessen unterstützt. Unzählige offene Tabs sollen damit der Vergangenheit angehören. Was das konkret bedeutet, erklärt Perplexity anhand von Beispielen.
Man kann Comet fragen, ob andere Websites dasselbe Fahrrad mit schnellerem Versand anbieten. Oder man kann Comet Termine organisieren, E-Mails verschicken und sich auf den bevorstehenden Tag vorbereiten lassen. Deshalb bezeichnet Perplexity Comet nicht bloß als Browser, sondern als zweites Gehirn.
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Wie man Comet nutzen kann
Wer Comet testen möchte, muss ein Perplexity Max-Abo haben (200 US-Dollar pro Monat). Alternativ kann sich auf die Warteliste setzen lassen. Laut Perplexity werden Comet-Nutzer eine begrenzte Anzahl von Einladungen erhalten, die sie teilen können.
Perplexity hat angekündigt, immer wieder neue Funktionen für Comet zu veröffentlichen. So soll der KI-Browser laufend erweitert werden und neue Fähigkeiten erhalten.
OpenAI zieht nach
KI-Browser wie Comet werden als Agentic AI bezeichnet. Sie sollen nicht nur Fragen beantworten, sondern proaktiv handeln, Entscheidungen treffen und komplexe Abläufe eigenständig umsetzen können, um das Ziel des Nutzers zu erreichen.
Auch OpenAI steht kurz davor, einen eigenen KI-Webbrowser namens Operator anzubieten, wie Reuters berichtet. Operator soll ebenfalls auf Websites navigieren, Formulare ausfüllen und Bestellungen aufgeben können, sodass man all das nicht mehr selbst machen muss.
Wie sich das Internet verändern könnte
Das heutige Internet basiert auf Klicks, die viel wert sind. Denn je mehr Besucher eine Website hat, desto attraktiver ist sie für Werbekunden. Und je länger man auf so einer Website ist, desto mehr Geld bekommt der Betreiber, weil dem User verschiedene Werbebanner angezeigt werden können. Doch wenn man Webseiten nicht mehr besuchen muss, um an Informationen zu kommen, könnten viele Seitenbetreiber die Werbeeinnahmen verlieren. Das könnte dazu führen, dass es weniger Webseiten geben wird.
Wenn es weniger Webseiten gibt, gibt es auch weniger Informationen, auf die KI-Browser zugreifen können. Zwar ist nicht alles richtig, was im Internet steht, aber eine Vielfalt an Perspektiven kann uns der Wahrheit näher bringen. Diese Vielfalt könnte verschwinden, wenn kleinere Websites pleite gehen und nur die ganz Großen überleben – außer Website-Betrieber finden ein besseres Geschäftsmodell.
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Davon sind übrigens auch Medien betroffen, die sich zu einem wesentlichen Teil durch Werbeeinnahmen finanzieren. Journalistinnen und Journalisten prüfen Informationen bevor sie veröffentlicht werden und tragen mit diesen zur Meinungsbildung der Bevölkerung bei. Wenn aber ein KI-Unternehmen die Macht über die Bereitstellung der Informationen hat, könnte sich das auf unsere Demokratie auswirken.
Das Problem mit der Werbung
Was also auf den ersten Blick gut aussieht, könnte mit einigen Nachteilen einhergehen. Auch der vermeintliche User-Vorteil, dass man dank KI-Browser werbefrei im Web unterwegs ist, wird nicht lange währen. Denn auch die KI-Unternehmen müssen finanziert werden, entweder durch bezahlte Abos oder eben Werbung.
Und im KI-Browser lässt sich womöglich noch gezielter Werbung integrieren, die an den jeweiligen User angepasst ist. Denn der KI-Browser greift nicht nur aufs Web zu, sondern auch auf andere Dienste, die unsere persönlichen Informationen enthalten – vom Kalender bis zum E-Mail-Programm. Der KI-Browser könnte dadurch eine Art Super-Cookie werden, das Werbekunden erlaubt, uns noch gezielter anzusprechen.
Suchmaschinen verlieren an Relevanz
Tools wie Comet oder Operator könnten auch zum Ende der klassischen Suchmaschinenoptimierung (SEO) führen. Diese Praxis beeinflusst, wie gut man von einer Suchmaschine gefunden wird bzw. wo man in den Suchergebnissen mit der eigenen Website platziert wird. Wenn aber niemand mehr googelt, verliert das Ranking an Bedeutung.
Auch das klingt zuerst, aus User-Sicht, eher wie ein Vorteil. Seit Jahren beschweren sich Nutzerinnen und Nutzer, oft zurecht, dass etwa die Google-Suche immer schlechter wird, wegen SEO-Spam und Werbung. Die Frage ist, wie Google dann versuchen wird, die fehlenden Einnahmen durch seine Suche auszugleichen.
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Schlussendlich könnte es dazu führen, dass andere Produkte und Dienste der Google-Mutter Alphabet mehr Werbung enthalten, teurer oder gar kostenpflichtig werden. YouTube könnte etwa noch mehr mit Werbung zugemüllt werden, Gmail und den Kalender könnte es auch für Privatuser nur noch im kostenpflichtigen Abo geben. Andere, kleinere Suchmaschinen könnten ebenso unter dem durch KI-Browser verursachten Userschwund leiden und womöglich gänzlich verschwinden.