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Wegen Geldnot: Russland will Raketen in fliegende Werbeplakate verwandeln

Russland hat zu wenig Geld für seine Raumfahrt, weil der Ukrainekrieg viele Ressourcen verschlingt und das Land dadurch von der Weltwirtschaft abgeschnitten wurde. „Wir müssen aufhören, uns und anderen etwas vorzumachen und uns einzureden, dass bei uns alles in Ordnung ist“, warnte Energia-Chef Igor Maltsev, Chef von Russlands wichtigstem Raumfahrtunternehmen RSC Energia im August. Die finanzielle Lage sei so verheerend, dass man derzeit kaum mehr in der Lage sei, die Gehälter zu bezahlen.

Deshalb starten auch immer weniger russische Raketen, während die USA und China mehr Dinge im All unternehmen als je zuvor – und damit die neue All-Vorherrschaft ohne Russland unter sich ausmachen. Außerdem konnte Russland noch immer keinen Ersatz für das mittlerweile 60 Jahre alte Sojus-Raumschiff vorzeigen. 

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Raketen-Werbung am 2026 erlaubt

Ein neuer Vorstoß soll die leeren Kassen der russischen Raumfahrt wieder füllen: Ende September hat Wladimir Putin eine vorgeschlagene Änderung der russischen Raumfahrtagentur Roskosmos genehmigt. Damit soll künftig erlaubt sein, „Werbung auf Raufahrtzeugen zu ermöglichen“, wie es in einer Mitteilung im offiziellen Telegram-Kanal von Roskosmos hieß.

2000 wurde bereits ein „Pizza Hut“-Logo auf einer russischen Proton-Rakete aufgemalt.

„Den Änderungen zufolge erhält Roskosmos ab dem 1. Januar 2026 das Recht, Werbung auf Raumfahrtobjekten anzubringen, die sich im Besitz der Staatskorporation oder im föderalen Eigentum befinden“, erklärte Roskosmos laut Ars Technica. „Die Änderungen schaffen einen Mechanismus zur Anziehung privater Investitionen in die russische Raumfahrt und entlasten den Staatshaushalt.“

Ein paar Regeln für die neue Werbe-Offensive hat man bereits festgelegt: Etwa, darf die an den Raketen angebrachte Reklame die Sicherheit der Raketen nicht beeinträchtigen. Außerdem soll es ein eigenes Gebührensystem geben, das dann für Werbung auf allen staatlich kontrollierten Raumfahrtobjekten gilt. 

Noch nicht bekannt ist allerdings, wer auf russischen Raketen Werbung machen darf. Werbung von McDonalds oder Coca Cola wird man dort vermutlich eher keine finden – denn Werbung von westlichen Unternehmen würde wahrscheinlich gegen herrschende Sanktionen verstoßen. 

Legendäre  „Pizza Hut“-Werbung

Bunte Bemalungen oder Aufkleber auf Raketen sind grundsätzlich nichts Ungewöhnliches. Normalerweise handelt es sich dabei aber um Logos von Kunden oder Zulieferer. In Russland wurde mit solchen Botschaften auch schon auf besondere Anlässe wie den 80. Jahrestag des Endes des 2. Weltkrieges oder den 60. Jahrestag des ersten bemannten Weltraumflugs des Kosmonauten Juri Gagarins erinnert.

Richtige Werbung auf Raketen gab es in der Vergangenheit aber nur in Ausnahmefällen: Berühmt ist etwa die „Pizza Hut“-Werbung, die 2000 auf eine russische Proton-Rakete gemalt wurde. Die Rakete brachte damals das Swesda-Service-Modul für die Internationalen Raumstation ISS ins All. Der US-Fastfood-Kette kostete der ungewöhnliche Werbeplatz 1 Million Dollar.

Obwohl es immer wieder Vorstöße gab, mehr Werbung in der Raumfahrt zu ermöglichen, waren bisher nicht viele Unternehmungen damit tatsächlich erfolgreich. Es gibt in Russland nicht nur Überlegungen für Werbung an Raumfahrzeugen, sondern auch für Reklame, die vom All herunterleuchtet: Ein 2018 erstmals vorgestelltes Konzept namens „Orbital Displays“ sah dazu etwa sogenannte CubeSats vor. Damit könnte man zum Beispiel Firmenlogos im Sternenhimmel projizieren.

Strenge Regeln in den USA

Solche Vorstöße werden allerdings meistens kritisch gesehen, weil diese Satelliten das Weltraumschrott-Problem noch vergrößern würden. In den USA gibt es sogar ein Gesetz, das Werbung verbietet, die aus dem All herunterleuchtet. 

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Auch sonst gibt es in den USA dazu viele rechtliche Hürden: So ist es NASA-Astronauten etwa untersagt, Werbung für Produkte zu machen. Obwohl die NASA regelmäßig M&Ms zur ISS schickt, müssen die Astronauten sie als „Schokolade mit Zuckerglasur“ bezeichnen. Ebenso wenig erlaubt die NASA etwaige Werbung an Raketen. Auch private Raumfahrtunternehmen wie SpaceX oder BlueOrigin verzichten bislang auf Werbung – vermutlich auch wegen der restriktiven Bestimmungen.

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