Digital Life

Warum 20.000 Schüler heuer keinen Schulcomputer bekommen

Im Schuljahr 2021/22 sollte die Digitalisierung an Österreichs Schulen an Fahrt gewinnen. Jeder Schülerin und jedem Schüler der 5. und 6. Schulstufe wurde im Rahmen der Aktion "Digitales Lernen" von der Regierung ein günstiger Laptop oder ein günstiges Tablet in Aussicht gestellt. Maximal 107 Euro oder 25 Prozent des Gerätepreises müssen dabei von den Eltern übernommen werden, die Geräte gehen dann in den Besitz der Schüler*innen über.

150.000 digitale Endgeräte wurden nach Angaben des Bildungsministeriums bestellt. Laut Statistik Austria besuchen aber 170.890 Schüler*innen derzeit die 5. oder 6. Schulstufe. 20.000 bezugsberechtigte Schüler*innen bekommen also keinen Rechner. Die futurezone hat nachgefragt, warum das so ist.

Haben alle Schulen und Klassen an der Aktion teilgenommen?

Nein. Um an der Aktion teilzunehmen, mussten Schulen ein Konzept vorlegen, wie die Geräte im Unterricht eingesetzt werden sollen und sich unter anderem dazu verpflichten Lehrkräfte in Digitalisierungsfragen fortzubilden. 93 Prozent der Schulen oder 1.502 Standorte haben dies laut dem Bildungsministerium getan.

Aber nicht in allen Schulen, die sich angemeldet haben, haben auch sämtliche bezugsberechtigen Schüler*innen ein Gerät erhalten. So haben beispielsweise in einem Gymnasium im 9. Wiener Gemeindebezirk von 170 Schülerinnen der 5. und 6. Schulstufe nur knapp 30 einen Laptop bekommen.

Solche Fälle seien die Ausnahme, sagt Ursula Hilmar, Sprecherin der nationalen Bildungsagentur OeAD, die die Aktion im Auftrag des Bildungsministeriums betreut. Der überwiegende Teil der teilnahmeberechtigten Klassen aus den angemeldeten Schulen habe auch teilgenommen. Lediglich 21 Standorte, die sich angemeldet hatten, darunter 5 allgemein bildende höhere Schulen (AHS) in Wien und eine in Kärnten sowie 15 Mittelschulen, hätten sich nur mit einer Klasse an der Aktion beteiligt.

Was waren die Gründe für die Nicht-Teilnahme?

Das liege etwa daran, dass die infrastrukturellen Rahmenbedingungen in einigen Schulen oder Klassen noch nicht im ausreichendem Ausmaß vorhanden oder Schulen aufgrund von Umbauarbeiten vorübergehend in anderen Räumlichkeiten untergebracht seien, teilt das Bildungsministerium auf Anfrage der futurezone mit. Einige Schulen bräuchten in Bezug auf die wirksame und didaktische Nutzung der Geräte auch noch Vorbereitungszeit.

Generell sei die Entscheidung, ob ein Schulstandort an der Aktion teilnehme und in welchem Umfang das geschehen solle, an der jeweiligen Schule unter Einbindung der Schulpartner, also Lehrer*innen und Eltern, im Schulgemeinschaftsausschuss getroffen worden, so die Sprecherin der Bildungsagentur.

Haben Schüler*innen, die heuer  Gerät bekommen haben, die Möglichkeit nachträglich eines zu erhalten?

Nein, darauf bestehe kein Anspruch, heißt es aus der Bildungsagentur. Man verweist darauf, dass künftig auch ältere Schüler*innen, die etwa in Sonderschulen Mehrstufenklassen besuchen, mit Geräten versorgt werden sollen.

Wurden alle bestellten Geräte ausgeliefert?

Nein. Knapp 2 Monate vor Schulschluss wurden nach Angaben des Bildungsministeriums 75 Prozent der 150.000 Rechner an die Schüler*innen übergeben. Ein Viertel der Geräte sei vom Anbieter mit Funktionsstörungen geliefert worden. An einer Lösung werde mit Hochdruck gearbeitet.

Wie sind die ersten Erfahrungen mit den Geräten an den Schulen?

Elternvertreter*innen beklagten zuletzt, dass die Geräte zu selten im Einsatz seien. Im vergangenen Wintersemester seien sie zum Teil nur ein einziges Mal eingesetzt worden, kritisierte etwa der Sprecher des Bundesverbands der Elternvereine an mittleren und höheren Schulen (BEV), Christoph Drexler. Im Bildungsministerium verweist man auf positive Rückmeldungen aus den Schulen. Der Einsatz der Geräte sei aber mit einem Prozess der "kontinuierlichen Weiterentwicklung" verbunden. Die Schulen hätten sich mit ihrer Anmeldung zu der Geräteaktion auch dazu bekannt, den Weg zur digitalen Schule Schritt für Schritt in Angriff zu nehmen, so eine Sprecherin des Bildungsministeriums.

Welche  Weiterbildungsangebote für Lehrer*innen für den Einsatz der Geräte im Unterricht gibt es?

Gemeinsam mit pädagogischen Hochschulen, aber auch der Initiative Safer Internet, wurden und werden Webinare, Schulungen und eLectures für Lehrpersonen zum Einsatz der Geräte im Unterricht angeboten. Daneben gibt es auch Vernetzungsangebote und regionale Unterstützung in den Bundesländern. Worauf geachtet werden müsse, sei ebenso Thema wie das Gerätemanagement. Auch Tipps zur erfolgreichen Kommunikation mit Eltern seien zur Verfügung gestellt worden, sagt eine Sprecherin der Bildungsagentur.

Laut dem Bildungsministerium wurden die Angebote auch gut angenommen. Mehr als 40.000 Lehrer*innen hätten etwa an Online-Kursen zu Distance Learning, Digitalisierungskonzepten und Safer Internet teilgenommen. Auf Materialien, die Hilfestellungen zum Einsatz der Geräte im Unterricht geben, seien seit Jahresbeginn 4.000 Zugriffe verzeichnet worden.

Wird die Geräteaktion fortgesetzt?

Die Geräteaktion soll künftig jedes Jahr stattfinden. Im Gegensatz zum heurigen Schuljahr sollen ab dem Schuljahr 2022/23 aber nur mehr Schüler*innen der 5. Schulstufe Geräte erhalten. Wie viele Schulen im nächsten Schuljahr daran teilnehmen, steht noch nicht fest, teilt das Bildungsministerium mit. Die Anmeldephase für das nächste Schuljahr sei derzeit noch im Laufen.

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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