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Wie Wiener an Fortnite und Overwatch mitarbeiten

Es gibt wohl nur wenige Unternehmen, die von sich behaupten dürfen, an mehreren der erfolgreichsten Videospiele aller Zeiten mitgearbeitet zu haben. Dem Wiener Grafikdienstleister Rabcat ist dieses Kunststück gelungen. Das Unternehmen arbeitet unter anderem an Fortnite, dem vor allem unter Jugendlichen beliebten Comic-Shooter, mit. Weltweit wird der Titel von mehr als 250 Millionen Menschen gespielt, Entwickler Epic nahm damit allein im Vorjahr mehr als 2,4 Milliarden US-Dollar ein.

Dass ein derartiges Studio, das mehr als 1000 Mitarbeiter hat, Hilfe von einem Wiener Unternehmen benötigt, mag für Außenstehende ungewöhnlich erscheinen. Doch gerade große Videospiel-Konzerne greifen gerne auf Dienstleister wie Rabcat zurück. “Es ist für den Entwickler sehr gut kalkulierbar”, erklärt Matthias Pokorny, Head of Game Art bei Rabcat. Vor allem bei sogenannten “Free to Play”-Titeln wie Fortnite funktioniere das am Besten. Das Spiel selbst ist kostenlos, Spieler können aber kosmetische Inhalte wie Charaktere, Kleidung und Animationen kaufen, um sich von der Masse abzuheben.

Rabcat liefert seit Ende 2018 im Monatstakt ein bis zwei neue Charaktere als 3D-Modelle. “Wir sind schon recht teuer und trotzdem haben das viele Firmen bereits an einem Tag eingespielt”, sagt Pokorny. Neben Epic Games zählt man mit Blizzard derzeit einen weiteren namhaften Kunden. Der US-Konzern, der mit Titeln wie World of Warcraft und Diablo weltbekannt wurde, hat mit Overwatch einen Fortnite-ähnlichen Shooter im Angebot. Das Spiel ist nicht kostenlos, doch auch hier werden Spielern kostenpflichtige kosmetische Inhalte verkauft, mit denen Blizzard bereits mehr als eine Milliarde US-Dollar einnehmen konnte.

An Epic "die Zähne ausgebissen"

Rabcat erstellt bereits seit 2013 für Overwatch Outfits, Waffen, Fahrzeuge und andere Gegenstände. Die Partnerschaft mit Blizzard hat für das Wiener Unternehmen Türen geöffnet, die bislang verschlossen waren. “Bevor wir mit Epic gestartet haben, hatten wir schon 20 bis 25 Charaktere für Overwatch gemacht. Das war auch für uns eine Lernphase”, erklärt Pokorny, der sich nach eigenen Angaben an Epic lange Zeit “die Zähne ausgebissen” hat. Auch Blizzard war zunächst skeptisch. Zwei Jahre lang musste Rabcat testweise Aufgaben erfüllen, bis man erstmals einen offiziellen Auftrag erhielt.

Die Lead Artists von Rabcat: Piotr Szlaga, Martin Posch und Alexej Peters (v.l.n.r.)

Das sei in der Branche durchaus üblich, die Testaufträge werden meist auch bezahlt, aber nicht immer im Spiel verwendet. “Einerseits schauen die, ob wir das können, andererseits ist das auch für uns ein guter Test, ob man zusammenarbeiten kann.” Der Aufwand für ein 3D-Modell ist hoch, üblicherweise fallen laut Pokorny rund 30 Manntage an - das bedeutet, ein Mitarbeiter wäre eineinhalb Monate durchgehend mit der Arbeit beschäftigt. “Wir bekommen am Anfang nur ein 2D-Konzept, bei dem man gewissen Interpretationsspielraum hat. Da muss man natürlich immer daran feilen, wie das dann auszusehen hat, wenn es in 3D dargestellt wird.”

Abgesichert in schwieriger Games-Branche

So schwer es sei, einen Fuß in die Tür zu bekommen, die Partnerschaft hält meist sehr lange an. “Wenn man den Partner schon kennt, weiß man auch, was man bekommt.” Das belegt auch die Zusammenarbeit mit dem britischen Studio Playground Games. Rabcat hat für die populäre Rennspiel-Reihe Forza Horizon die Landschaften gebaut. Das Projekt war dermaßen aufwändig, dass sogar Rabcat-Mitarbeiter mehrere Monate vor Ort in Leamington Spa untergebracht wurden. “Abseits der Arbeit gab es da nicht viel zu tun, weswegen die Mitarbeiter das Fitnessstudio für sich entdeckt haben”, erzählt Pokorny. Die Liebe zum Krafttraining blieb auch nach der Rückkehr, weswegen Rabcat mittlerweile sogar eine eigene Kraftkammer hat.

Auch heute arbeitet Rabcat noch mit Playground Games zusammen. Doch während der Umfang der “Forza Horizon”-Titel um ein Vielfaches größer geworden ist, wächst die Zahl der Rabcat-Mitarbeiter nur langsam. “Wir wollen eigentlich nicht wachsen, müssen es aber”, sagt Rabcat-Gründer und Geschäftsführer Thomas Schleischitz. Er schaffte früh den Einstieg in die Videospiel-Industrie, sah aber mit dem Fall von Rockstar Vienna und JoWood auch, wie schnelllebig der Erfolg sein kann.

“Ich muss leider das Klischee bedienen, aber wir haben als ein Haufen Nerds in der Garage meiner Eltern begonnen.” Aus einem mit Freunden gestarteten Hobby-Projekt wurde dank des Wiener Studios Neo Software (später Rockstar Vienna) das erfolgreiche Aufbauspiel “Die Völker”. “Dann kam die PlayStation 2 und das war das erste Mal, dass eine Spielkonsole die Wohnzimmer flächendeckend erreicht hat. Und bereits da haben wir gesehen, dass der Grafikbedarf stetig steigt”, so Schleischitz. Deswegen entschloss er sich 2001 dazu, Rabcat zu gründen.

Matthias Pokorny (Head of Game Art), Thomas Schleischitz (CEO) und Gerhard Seiler (CTO) - v.l.n.r.

Obwohl insbesondere die Anfangszeit “brutal” gewesen sei, habe sich das Geschäft nach drei Jahren zu einem Selbstläufer entwickelt. Doch 2008, als die Auswirkungen der Wirtschaftskrise zunehmend auch in Europa spürbar wurden, sei das Boot ins Schwanken geraten. “Damals hat es viele Kunden von uns zerlegt”, erinnert sich Schleischitz. “Deswegen haben wir uns auf die Suche nach einem zweiten Standbein begeben.” Eigene Spiele zu entwickeln sei nicht zur Debatte gestanden, da man dadurch mit einem Schlag alle Großkunden verloren hätte. Daher fiel die Wahl auf Online-Glücksspiel. Man hatte bereits einige kleine Spiele für Online-Plattform der Österreichischen Lotterien entwickelt und begann daraufhin, eine eigene Abteilung dafür aufzubauen. 2010 folgte dann die Übernahme von Rabcat durch die Österreichischen Lotterien. Finanziell steht man stabil da, derzeit erziele man rund fünf Millionen Euro Jahresumsatz und “sehr gesunde” Gewinne. Rund drei Viertel davon werden aus dem Glücksspiel erwirtschaftet.

Später Einstieg noch möglich

“Die Eigentümer mischen sich aber kaum ein”, sagt Schleischitz. Laut Pokorny seien zudem die Abteilungen Gambling und Game Art voneinander getrennt. Derzeit ist das 45 Mitarbeiter zählende Unternehmen gut ausgelastet, neben Fortnite und Overwatch arbeitet man an einem dritten Videospiel-Projekt, über das man noch nicht sprechen darf. An Anfragen mangelt es nicht, man müsse aber immer wieder absagen. Schnell ausbauen will man dennoch nicht. “Ich kann mir nicht vorstellen, dass wir einmal 100 Leute sein werden”, so Pokorny. Denn damit würde man eigentlich nur jenes Risiko auf sich nehmen, das die großen Konzerne vermeiden wollen.

Den Standort Österreich stellt man derzeit nicht in Frage, auch da man mit Außenstellen in Osteuropa schlechte Erfahrungen gemacht hat. Stattdessen setzt man auf heimischen Nachwuchs, der dank des stark wachsenden Angebots an Fachausbildungen zunimmt. Ausschlaggebend sei aber für Pokorny das Portfolio und der Wille, dazuzulernen. “Ich würde jemanden nicht ausschließen, nur weil er oder sie keine Fachausbildung hat.” Er selbst hat eigentlich Betriebswirtschaftslehre studiert, sattelte aber spät auf Spieleentwicklung um. ““Ich hab das erste Mal ein 3D-Programm mit 29 geöffnet, das ist richtig spät.”

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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