Erste Probefahrt im VW ID.4: Auf dem richtigen Weg
Noch vor dem Verkaufsstart hat Volkswagen zu einer ersten Probefahrt mit dem ID.4 geladen. Der E-SUV ist nach dem ID.3 das zweite Elektroauto aus Wolfsburg, das auf der neu entwickelten elektrischen Plattform MEB basiert.
Auch wenn die technische Basis des ID.4 mit jener des ID.3 ident ist, ist der Aufbau deutlich größer, höher und ausladender. Vermarktet wird der ID.4 als kompakter E-SUV, was sich sofort an der erhöhten Sitzposition bemerkbar macht.
Unterschiede zum ID.3 zeigen sich auch im Innenraum. Im ID.4 sind dort nämlich hochwertigere Materialien verbaut. Displays, Instrumententafel und Mittelkonsole unterscheiden sich vom ID.3 nur in wenigen Details.
Behäbige Software
Beim Testwagen handelt es sich um einen ID.4 der 1st Edition, also einem Wagen der ersten Charge. Auch die Software des Infotainmentsystems befindet sich noch im Beta-Stadium, die Serienversion der Software wird die ID.4-Fahrzeuge erst zum Marktstart im März erreichen. Dennoch wurden bei der Software zahlreiche Kinderkrankheiten bereits ausgebügelt, wie es von Volkswagen heißt.
Wirkliche Schwachstellen beim Infotainmentsystem waren während der Probefahrt nicht wirklich auszumachen. Negativ aufgefallen ist, dass der Touchscreen etwas träge reagiert und das Infotainmentsystem generell nicht das Schnellste ist. Wenn man die unmittelbar reagierenden Smartphone-Displays gewohnt ist, wird man von der Trägheit des ID.4-Touchscreens nicht gerade begeistert sein.
Spürbar ist dies vor allem beim Scrollen durch die verschiedenen Menüs: Manchmal werden die Eingaben nur mit Verzögerung erkannt, manchmal dauert es ein bisschen beim Wischen, bis die neue Seite eines Menüs geladen ist.
Infotainmentsystem
Abgesehen davon sind die Bildschirme von hoher Qualität. Sie haben einen hohen Kontrast und eine hohe maximale Helligkeit. Auch als die Sonne direkt auf die beiden Displays geschienen ist, war die Anzeige ohne Probleme lesbar.
Der Aufbau des Infotainmentsystems ist ein wenig an die Usability von Smartphones angelehnt. Der Startbildschirm besteht aus Kacheln, die die wichtigsten Menüpunkte zeigen. Wenn man vom oberen Displayrand nach unten wischt, werden Benachrichtigungen und ein Quick-Menü angezeigt.
Grundsätzlich ist das Infotainmentsystem des ID.4 intuitiv aufgebaut und lässt sich intuitiv bedienen. Die einzelnen Einstellungsmöglichkeiten am Fahrzeug werden grafisch besonders übersichtlich dargestellt. Auch die Infos zum Fahrzeug, wie zum Beispiel Ladestand, verbleibende Kilometer und durchschnittlicher Verbrauch, sind übersichtlich und detailreich aufgeschlüsselt.
Navigations mit Schwachstellen
Ein Schwachpunkt bleibt allerdings das Navigationssystem. Auch wenn die Ansagen und die Anzeigen keinen Interpretationsspielraum offenlassen, ist das Kartenmaterial mehr als lückenhaft. Man muss es einfach sagen wie es ist: Google ist hier den Autoherstellern um Jahre voraus.
Wer nach einer exakten Adresse sucht, wird keine Probleme haben. Wer allerdings nach Orten, Plätzen oder Unternehmen sucht, wird sich meist schwer tun die richtige Zieladresse zu finden.
Eine Suche nach "Panozzalacke" findet beispielsweise nur ähnlich klingende Orte in Frankreich und der Slowakei und nicht den Badeteich in der Wiener Lobau.
Eine Suche nach "futurezone" ergibt einen gewissen Futuro Park in Zentralrussland, der 1.600 Kilometer weit von der Redaktionsadresse in Wien Heiligenstadt entfernt liegt. Sucht man jedoch nach dem Café "Futuregarden" findet die VW-Software sofort die richtige Zieladresse in der Wiener Schadekgasse.
Es bleibt also ein Glücksspiel, ob das Kartenmaterial die entsprechenden Adressdaten zu den jeweiligen Lokalitäten und Landmarks hinterlegt hat. Hoffnung macht jedenfalls, dass an der Verbesserung des Navigationsmaterials gearbeitet wird.
Android-Auto und Smartphone
Das Smartphone kann in wenigen Augenblicken mit dem ID.4 verbunden werden. Anschließend kann die integrierte Freisprecheinrichtung verwendet werden und das Smartphone zur Musikwiedergabe genutzt werden. Auch Android Auto steht zur Verfügung und wurde auf dem Display in der Mittelkonsole grafisch schön umgesetzt.
In der entsprechenden Ablage in der Mittelkonsole kann das Smartphone kabellos per Induktion aufgeladen werden. Alternativ stehen im Cockpit zwei USB-C-Anschlüsse zur Verfügung. Auch für die Passagiere im Fond gibt es zwei USB-C-Anschlüsse, sowie Bedienelemente zum Regulieren der Klimaanlage.
"Hallo ID"
Was im ID.4 wirklich gut funktioniert, ist der Sprachassistent, der auf "Hallo ID" hört. Einen Kontakt anzurufen, der im Telefonbuch des verbundenen Mobiltelefons hinterlegt ist, war ohne Probleme möglich. Die Sprachqualität über die integrierte Freisprecheinrichtung ist übrigens auch erstklassig.
Mit "Hallo ID, etwas kälter bitte" wird beispielsweise die Temperatur der Heizung zurückgedreht. Musik lauter und leiser zu machen, einen Musiktitel weiter- oder zurückschalten und eine bestimmte Adresse ins Navigationssystem einzugeben, war mit dem Sprachassistenten ohne weiteres möglich.
Head-up Display
Das kleinere Display hinter dem Lenkrad, das die Instrumententafel ersetzt, bietet einen schnellen Überblick über die wichtigsten Daten. Neben der Fahrgeschwindigkeit und der Restreichweite werden dort auch die Assistenzsysteme, Tempomat und Abstandsregler angezeigt.
Darüber hinaus war das Testfahrzeug auch mit einem Head-up-Display ausgestattet. Dieser zeigt in etwa dieselben Informationen wie die Instrumententafel und ist in Sachen Aufmerksamkeit besonders hilfreich.
Alle per Touch-Eingabe
Da sich das größere 12-Zoll-Touch-Display in der Mittelkonsole auf derselben Höhe befindet wie der Instrumententafelbildschirm, lenkt ein Blick auf den Infotainmentscreen nicht so sehr vom Fahrgeschehen ab.
Generell wird im ID.4 nahezu alles mittels Touch-Elementen bedient. Drehregler und sonstige analoge Tasten sind kaum zu finden. Praktisch ist, dass die allermeisten Touch-Elemente beim Berühren ein haptisches Feedback geben.
Innenraum und Fahrgefühl
Der Innenraum des ID.4 ist richtig geräumig. Durch die reduzierte Mittelkonsole ohne Ganghebel und ohne klassischer Bedienelemente wirkt das Cockpit besonders luftig. Für Fahrgäste auf den hinteren Reihen ist ebenso ausreichend Platz mit genügend Beinfreiheit. Der Kofferraum mit einem Fassungsvermögen von 543 Liter ist ebenso geräumig.
Das Fahrgefühl mit dem ID.4 ist genauso, wie man es von einem Elektroauto erwartet. Drückt man auf's "Gas" beschleunigt das Fahrzeug unmittelbar und zwar nicht zu knapp. Durch das hohe Leergewicht von 2.124 Kilogramm, klebt das Auto quasi auf der Straße, aber ohne, dass es behäbig wirkt.
Die hohe Sitzposition in dem kompakten E-SUV kommt dem Fahrer zugute und bietet einen guten Überblick über das Verkehrsgeschehen. Die Höhe des Wagens macht sich beim Fahren in engen Kurven nicht negativ bemerkbar. Eine Ausfahrt über Pflastersteine der Wiener Höhenstraße zeigt, dass die Federung bestens funktioniert und der Geräuschpegel im Innenraum nicht zur nervigen Belastung wird.
Auf der Autobahn ist gemütliches Cruisen angesagt. Mit Tempomat und automatischem Abstandshalter lässt es sich entspannt dahingondeln. Auch bei einer höheren Geschwindigkeit bleibt der Geräuschpegel im Innenraum auf einem angenehmen Niveau.
Da bei der Probefahrt der ID.4 weder aufgeladen noch langfristig genutzt werden konnte, war es auch nicht möglich die Ladeleistung und die Reichweitenangaben zu überprüfen.
Technische Daten des VW ID.4 Pro Performance
Maximale Leistung: 150 kW / 204 PS
Maximaler Drehmoment: 310 Nm
Batterietyp: Lithium-Ionen
Akku-Kapazität (netto): 77 kWh
Ladedauer AC 11kW: 07:30 Stunden bis 100 Prozent
Ladedauer DC 125 kW: 00:38 Stunden bis 80 Prozent
Leergewicht: 2.124 Kilogramm
Zulässiges Gesamtgewicht: 2.660 Kilogramm
Akku-Gewicht: 493 Kilogramm
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h
Beschleunigung 0-100 km/h: 8,5 Sekunden
Stromverbrauch: 17,4 bis 18,5 kW pro 100 Kilometer
Reichweite WLTP: 487 bis 517 Kilometer
Praxisnahe Reichweite: 360 bis 510 Kilometer
Preis "Basis"-Modell Pro Performance: ab 43.970 Euro
Fazit
Der VW ID.4 ist ein modernes Elektroauto, das über zahlreiche smarte und zeitgemäße Funktionen verfügt. Motorisierung und Reichweite liegen im oberen Mittelfeld. Innenausstattung und Infotainmentsystem können sich auf alle Fälle sehen lassen.
Wenn Volkswagen irgendwann einmal die Softwareprobleme in den Griff bekommt und das Kartenmaterial verbessert, steht dem obligatorischen Vergleich mit Tesla nichts mehr im Wege. Man merkt jedenfalls, dass Volkswagen in Sachen Software und Usability auf dem richtigen Weg ist.
Während der ID.3 analog zum VW Golf vermarktet wird, befindet sich der ID.4 eine Klasse darüber. Das zeigt sich auch im Preis: Der VW ID.4 ist ab einem Preis von 43.970 Euro zu haben. Dafür bekommt man das Pro Performance Modell (77 kWh Akku, 150 kW) in der Ausstattungsvariante Basis.