Experimente und Karten mit Corona-Daten
Spät aber doch: Seit Mitte April veröffentlicht die Regierung Zahlen zur Verbreitung des Coronavirus auch als Open Data. Entwickler können aus den vom Gesundheitsministerium veröffentlichten Datensätzen Anwendungen und Visualisierungen bauen und so vielleicht auch alternative Blickwinkel auf Verbreitung des Virus in Österreich werfen.
"Open Data bringen eine vielseitige Sicht auf die Lage", sagt Robert Harm, technischer Verantwortlicher der Open-Data-Plattform des Bundes, data.gv.at. Daneben seien offene Daten auch ein effizientes Mittel zur Bekämpfung von Fake News. Mit verifizierten Datenquellen könnten Falschinformationen rasch widerlegt werden.
15 Anwendungen
Bislang sind 15 Anwendungen aus den freigegebenen Daten entstanden. Sie stellen die Verbreitung des Virus im zeitlichen Verlauf dar, zeigen Grafiken zu Infizierten und Genesenen oder ermöglichen Vergleiche zwischen Bezirken und Bundesländern. Abgefragt werden kann etwa auch, in welchen Bezirken es zuletzt die meisten Neuinfektionen gegeben hat.
Daneben speisen auch Medien die Daten in die Corona-Dashboards ihrer Online-Ausgaben ein. Das Interesse an der Open-Data-Plattform des Bundes sei seit Beginn der Corona-Krise jedenfalls merklich gestiegen, erzählt Harm.
Wer aber steht hinter den Anwendungen? Was ist die Motivation eigene Visualisierungen zum Coronavirus zu machen? Zum Teil seien es Softwareanbieter und GIS-Experten, die ihre Corona-Dashboards als Showcase zeigen, um ihre Leistungen vorzustellen, sagt Harm. Darüber hinaus gebe es auch viele Bastler und Geeks, die einfach gerne mit Daten experimentieren, um zum Beispiel neue Anwendungsmöglichkeiten zu erproben.
"Informationen nehmen Ängste weg"
"Bei einem Pandemie-Ausbruch haben viele Leute Angst, Informationen nehmen Ängste weg", erläutert Olga Saukh ihre Motivation ein Corona-Dashboard auf Basis der offenen Daten online zu stellen. In ihrer Covid-19 Information for Austria präsentiert sie neben der geografischen Verbreitung des Virus und Zahlen zu Hospitalisierungen und Todesfällen unter anderem auch nationale und internationale Vergleiche zur Infektionshäufigkeit pro 10.000 Einwohner.
Vorbild für die Visualisierung der seit 3 Jahren in Wien lebende Schweizerin, die an der TU Graz als Assistenzprofessorin arbeitet, ist das Corona-Dashboard eines Schweizer Doktoranden. Vergleichbares konnte sie für Österreich nicht finden, sagt Saukh, auch deshalb habe sie die Seite gemacht. Über das große Interesse sei sie erstaunt gewesen, erzählt sie. In Spitzenzeiten habe sie bis zu 1.000 Nutzer pro Tag gezählt.
Welche Daten würde sie sich noch wünschen? Gender-Daten und eine bessere räumliche Auflösung, sagt Saukh.
"Bewältigungsstrategie"
"Ich wollte einen Eindruck gewinnen, was wirklich passiert", sagt Flooh Perlot. Das Aufbereiten der Daten zur Corona-Pandemie sei zu einem gewissen Grad eine Bewältigungsstrategie gewesen, um mit der herausfordernden neuen Situation umgehen zu können. Auf seiner Website drawingdata.net veröffentlicht Perlot zahlreiche Visualisierungen und Karten zur Coronaverbreitung.
Dazu gehört eine Spike-Map, die bestätigte COVID-19-Fälle in den österreichischen Bezirken zeigt und zuletzt eine Visualisierung der täglichen COVID-19-Fälle pro Bezirk.
Aus der Auseinandersetzung mit dem Datenmaterial habe er gelernt, dass die Datenlage sehr schwierig und die Aussagekraft der Daten beschränkt sei. Vor allem zu Beginn der Corona-Krise sei die Datenlage auch extrem unübersichtlich gewesen.
"Informationen für die Allgemeinheit"
Daniel Blazej und Michael Kolesnik, die in Graz die Informationsdesign-Agentur DatenFakten betreiben, begannen sich bereits Ende Februar mit dem Auftauchen der ersten Fälle in Österreich mit den Daten zur Corona-Verbreitung auseinanderzusetzen. Anfang März stellten sie bereits eine Seite mit Visualisierungen ins Netz. Seither wurden mehr als 80.000 Nutzer gezählt.
Die Seite sei natürlich auch ein Showcase für seine Agentur, in erster Linie wollte man aber Informationen für die Allgemeinheit aufbereiten. Damals habe es noch nichts Vergleichbares gegeben. Die Daten habe man anfangs händisch von der Seite des Gesundheitsministeriums kopiert. Die Bundesländerdaten, bei denen es Abweichungen gebe, würden auch heute noch manuell übertragen, erzählt Blazej. "Wir wollen konsistent bleiben."
Mit den Visualisierungen wird Blazej wohl oder übel noch länger beschäftigt sein. Die Kurve sei zwar abgeflacht, es bleibe aber gefährlich, meint der Grazer Informationsdesigner: "Wir werden das wohl noch sehr lange weiterführen."