Militär finanziert Computerchip mit menschlichen Gehirnzellen
Das Biotechnologie-Start-up Cortical Labs arbeitet seit mehreren Jahren an der Konstruktion von "Biocomputern". Es verschmilzt menschliche Gehirnzellen mit Computersystemen, genauer gesagt mit künstlicher Intelligenz (KI), um einen besonders lernfähiges System zu generieren, das herkömmliche KI-Modelle übertrifft.
Dass die Biocomputer ein Erfolg sind, konnte Cortical Labs bereits bei 2021 beweisen. Bei dem Experiment zeigte das Start-up, das sein hybrider Chip in der Lage ist, den Videospiel-Klassiker Pong zu spielen.
Nun hat sich Cortical Labs die Unterstützung des australischen Vereidigungsministeriums, dem Office of National Intelligence (ONI), gesichert. Das Ministerium greift dem Start-up mit 600.000 australischen Dollar unter die Arme, wie es in einer Presseaussendung mitteilt.
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Computer mit Nervenzellen verschmelzen
An dem entwickelten Biocomputer sind jeweils 800.000 bis eine Million Nervenzellen von Menschen und Mäusen beteiligt, welche sich, wie bei natürlichen Organismen, untereinander vernetzen. Die Zellen befinden sich in einer Nährlösung auf einem Array, das mit gewöhnlichen Mikro-Elektroden bestückt ist. Dieses Array nutzt die elektrische Aktivität, um den Zellen Rückmeldungen zu geben - zum Beispiel wann der "Schläger" in Pong den Ball trifft.
Die beteiligten Forscher*innen beschreiben ihren Biocomputer als eine synthetische biologische Intelligenz. Bisher habe man so etwas nur aus dem Bereich der Science-Fiction gekannt, nun rücke es, vor allem angesichts der Förderung durch das Militär, in greifbare Nähe.
Stärker als gewöhnliche KI
Laut Adeel Razi, beteiligter Professor an der Monash University in Melbourne, habe man die Förderung des Verteidigungsministeriums erhalten, weil dieses eine neue Art von maschineller Intelligenz benötigt, die "während ihrer gesamten Lebensdauer lernt". Eine solche Intelligenz würde das maschinelle Lernen für Technologien wie selbstfahrende Autos, autonome Drohnen und Lieferroboter verbessern, so Razi.
Das Gehirn, wie jenes des Menschen, ist gut im lebenslangen Lernen. Es kann sich an Veränderungen anpassen und vorhandenes Wissen auf neue Aufgaben anwenden. Herkömmliche KI tut sich damit allerdings schwer. Häufig vergisst sie wichtige Informationen aus früheren Aufgaben, wenn sie neue bewältigen muss. Die Forschung von Cortical Labs zielt daher darauf ab, die biologischen Mechanismen hinter dem kontinuierlichen Lernen zu verstehen und sie mit Computersystemen zu vereinen.
"Wir werden dieses Stipendium nutzen, um bessere KI-Maschinen zu entwickeln, die die Lernfähigkeit dieser biologischen neuronalen Netze nachahmen", so Razi. "Diese neue technologische Fähigkeit könnte in der Zukunft die Leistung bestehender, rein siliziumbasierter Hardware übertreffen".
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