Science

Raumfahrt ohne Raketen: Per Katapult ins All

Vor einigen Tagen wurde bekannt, dass chinesische Wissenschafter*innen eine gigantische elektromagnetische Vorrichtung bauen wollen, um Raumschiffe zu starten. In einer fast luftleeren Röhre soll ein Objekt wie eine Magnetschwebebahn beschleunigt und in den Himmel geschossen werden, um erst dort ein Triebwerk zu zünden und ins All weiter zu fliegen. Auf diese Weise könnte man viel Treibstoff und Kosten pro Flug sparen.

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Zuviel Hitze in der Röhre

Die Idee, Raumfahrzeuge schon auf der Erdoberfläche so stark zu beschleunigen, dass sie die Anziehungskraft des Planeten völlig antriebslos überwinden, verfolgt die Menschheit schon seit Langem. In der Science-Fiction-Literatur gibt es viele Beispiele. Im Buch "The Moon is a Harsh Mistress" (Deutsch: Revolte auf Luna) von Robert A. Heinlein von 1966 werden etwa hunderte Kilometer lange elektromagnetische Katapulte beschrieben, die am Ende an den Flanken hoher Berge schräg in den Himmel zeigen.

Solche Systeme wären technisch sehr aufwendig, meint Volker Schmid vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). "Wenn man solche Geschwindigkeiten in Bodennähe realisieren will, ist das mit hohen thermalen Lasten verbunden." Durch Reibung und Luftwiderstand würden sich Abschussvorrichtung und Projektil enorm aufheizen. Die Geschwindigkeit, die man herausbekommt, würde wahrscheinlich trotzdem nicht reichen, um ganz ohne Raketenantrieb ins All zu fliegen. Mit zusätzlichem Triebwerk an Bord sei das Ganze theoretisch machbar, "aber praktisch wird der Teufel im Detail stecken".

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Explosiver Start mittels Kanone

In den 60er-Jahren führten die USA Experimente mit riesigen Weltraumkanonen durch. Im Programm HARP wurde der Rekord für das am höchsten geschossene Projektil aufgestellt. Es erreichte knapp 180 Kilometer Höhe, bevor es zur Erde zurück fiel. Menschen ließen sich auf die Art nie in den Orbit schießen. Die Beschleunigung würde niemand überleben.

Weltraumschleuder interessiert Militär

Ebenso wenig könnte man Astronaut*innen mit SpinLaunch transportieren. Das US-Unternehmen arbeitet an einer riesigen Zentrifuge. In einer luftleeren Kammer dreht sich ein Rotor, an dessen Spitze ein Projektil sitzt. Es wird beschleunigt und hebt dann durch eine Membran in den Himmel ab.

Die "Weltraumschleuder", wie Raumfahrtexperte Eugen Reichl die Anlage bezeichnet, sei aber alleine nicht stark genug, um ein Objekt in den Weltraum zu bringen. Stattdessen zündet das Projektil in einer gewissen Höhe einen zusätzlichen Raketenantrieb. "Ich glaube nicht daran, dass sich das in der zivilen Raumfahrt durchsetzen wird", sagt Reichl: "Aber es gibt großes militärisches Interesse daran."

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Ein Teil des Weges mit Flugzeug zurücklegen

Die Kombination von Raketen- und alternativen Antrieben wird auch von Virgin Galactic vorangetrieben. Ein Flugzeug bringt dabei eine Rakete auf große Höhe, wo sie abgeworfen und sofort gezündet wird, um quasi den Rest des Weges in den Weltraum zurückzulegen. Abhängig vom Gewicht der Fracht oder vom Zielorbit müsste die Rakete und somit auch das Trägerflugzeug aber immer größer werden. Das Ganze zahle sich irgendwann nicht mehr aus, sagt Schmid. 

Raketen von der Erde, Katapulte vielleicht am Mond

Beide Experten halten es für wahrscheinlich, dass große, wiederverwendbare Trägerraketen, etwa das SpaceX Starship, die Kosten pro Kilogramm Fracht deutlich reduzieren werden. Die Kosten für die Infrastruktur am Boden seien bei Raketenstarts überschaubar.

Magnetkatapulte werden sich auf der Erde daher eher nicht durchsetzen, anders sehe es aber am Mond oder auf Asteroiden aus, etwa um Bodenschätze zur Erde zu befördern. Dort müssten sie weniger Schwerkraft überwinden, hätten keinen Luftwiderstand und könnten mit Solarenergie betrieben werden.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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