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Gas und Slay: Neuer App-Hype rund um Feelgood-Netzwerke

Den Grundstein für den neuesten Hype hat eine App names Gas gelegt, die in den US-Charts momentan auf Platz 1 rangiert und sogar TikTok verdrängt hat. Gas ist ein momentan rein App-basiertes soziales Netzwerk, das sich vorläufig vor allem an Teenager richtet, die sich gegenseitig Komplimente schenken. Während die psychische Belastung durch soziale Netzwerke keine Altersgrenze kennt, hat man als initiale Zielgruppe vorerst vor allem jüngeres Publikum auserkoren. Das hat gleich mehrere Gründe.

Neben der bereits erwähnten psychologischen Komponente hat man sich bei Gas auch für einen alternativen Weg der Vernetzung entschieden. Statt das eigene Kontaktbuch auf die Server der Betreiber hochzuladen, nutzt die App die Schule als gemeinsamen Nenner. So vernetzten sich neue Nutzer*innen direkt mit einem riesigen Pool an Leuten, ohne Telefonnummern oder Mail-Adressen nutzen zu müssen.

Die Wahl der Bildungseinrichtung ist es auch, die den momentan beschränkenden Faktor bei Gas ausmacht. Stand heute ist die App lediglich in einigen amerikanischen Bundesstaaten verfügbar, um laut Gründer Nikola Bier, ehemaliger Manager bei Facebook, die Kapazitäten langsam aufstocken zu können.

Die extreme Beliebtheit hat aber auch im deutschsprachigen Raum schon einen Nachahmer in die App-Charts gespült. Unter dem Namen Slay firmiert eine äußerst ähnliche App, die auch hierzulande unter Jugendlichen für Furore sorgt.

Schnelle Einrichtung

Während die handelsüblichen sozialen Netzwerke bei ihrer ersten Verwendung oft einiges an Daten abfragen, ist die Einrichtung von Slay verhältnismäßig datenarm. Zur Registrierung braucht es nicht viel mehr als eine Apple-ID oder eine Handynummer. Über diesen Weg verifiziert die App unsere Existenz und stellt sicher, dass keine Bot-Accounts erstellt werden.

In einem nächsten Schritt müssen wir noch unseren Namen angeben. Die Angabe des Namens ist hier besonders wichtig, dient er doch als einziges Erkennungsmerkmal für unsere Freund*innen. Ebenfalls angeben müssen wir unser Alter, um das Mindestalter von 13 Jahren für die Nutzung zu bestätigen.

Was bei der Einrichtung sofort auffällt, ist die fehlende Frage nach dem Upload des eigenen Kontaktbuches. Statt Hunderte Kontakte der einzelnen Nutzer*innen anzuzapfen, bedient sich Slay wie Gas der Bildungseinrichtung bzw. Schule, um Menschen zusammenzubringen. In einer Eingabemaske können wir den Namen einer Schule eingeben und bekommen verschiedene Auswahlmöglichkeiten vorgeschlagen.

Eine kurze Stichprobe zeigt, dass Slay jede mir bekannte Schule bereits im Verzeichnis hatte. Für den weiteren Test wählte ich meine alte Schule, die bereits einige Nutzer*innen bei Slay vorweisen konnte. Um dann auch der richtigen Altersgruppe zugeteilt zu werden, gilt es in einem letzten Schritt noch die Klasse auszuwählen. Danach ist die Einrichtung schon abgeschlossen.

Simpler Aufbau

Nach der erfolgten Einrichtung landen wir direkt im Dashboard der App. In Sachen Design haben sich die Entwickler auf eine geradlinige Optik konzentriert. Statt größere Effekte und vieler Untermenüs springen uns wenn überhaupt Memes im GIF-Format an. Slay teilt sich auf vier einzelne Reiter auf, die allesamt schnell durchforstet sind.

Im Reiter „Spielen“ findet der Großteil der Slay-Magie statt. Hier erscheinen immer wieder Fragen bzw. Fragerunden, die es zu beantworten gilt. Jede Frage bezieht sich dabei auf Personen, die wir diesen Fragen zu ordnen müssen. Beispielsweise wird gefragt „Wer hört nur K-Pop“ oder „Könnte Moderator*in werden". Aber auch Klassiker wie „Crush vom ersten Tag“ sind natürlich vertreten.

Bei jeder diese Fragen bekommen wir vier Personen aus unserem Freundeskreis bzw. der Schule zur Auswahl, die wir als unsere Antwort auswählen können. Kennen wir die vorgeschlagenen Personen nicht oder passen sie nicht als Antwort, können wir auf „Neue Personen“ tippen. Auch kann jede einzelne Frage übersprungen werden, falls wir einmal keine passende Antwort haben. Da Slaywie Gas auf ein positives Gefühl setzt, gibt es hier keinerlei unhöfliche oder negative Fragen. Das Kompliment und der Spaß stehen stattdessen im Vordergrund. Wir selbst hamstern Komplimente im Reiter „Slays“.

Dort versammeln sich sämtliche Antworten von anderen, die uns betreffen. Im dritten Reiter, „Freunde“, können wir über unsere Schule hinweg Personen hinzufügen. Wenn etwa die besten Freund*innen nicht in derselben Schule zu Hause sind, lässt sich so der Kreis der vorgeschlagenen Personen manuell erweitern.

Im Reiter Profil geht es hauptsächlich um die Anpassung unseres eigenen Erscheinungsbildes. Neben Name und Profilbild können wir hier direkt unsere Nutzernamen zu TikTok, Snapchat und Instagram hinterlegen. Auch zu sehen im Profil-Reiter sind unsere Slays. Diese Punkte erhalten wir für das abgeben und erhalten von Komplimenten oder etwa, wenn wir auf TikTok etwas über Slay sagen. Während bisher keinerlei In-App-Käufe in der App vorhanden sind, könnte sich über diese Slays in Zukunft ein Modell für eine Monetarisierung entwickeln.

Beschränkte Zielgruppe

Stand heute beschränken sich sowohl Gas als auch Slay auf ein junges Publikum, vor allem im Teenager-Alter. Das Konzept ließe sich in der Theorie aber einfach erweitern. Während Universitäten etwa als Personen-Pool funktionieren würden, passen Firmen bzw. Arbeitsplätze eher weniger. Stattdessen würde aber auch eine simple Vernetzung über Namen bzw. Nutzer*innen-IDs reichen, mit der auch ältere Nutzer*innen eine Auswahl an Freund*innen in der App sammeln könnte, ohne auf den Faktor Schule beschränkt zu sein. Bis dorthin ist es möglicherweise aber noch ein weiter Weg.

Während Gas schon vor allem aufgrund der Monetarisierung einen Ausbau über Landes- und Altersgrenzen hinaus in Betracht ziehen wird, wird die Skalierung gemessen am jetzigen Tempo einige Zeit in Anspruch nehmen. Die positive Einstellung der beiden Apps ist eine willkommene Abwechslung zum teils hässlichen Alltag auf Twitter und Co.

Die beschränkte Möglichkeit zur Kommunikation lässt Gas und Slay aber eher wie ein Pflaster wirken, das zur Heilung der Wunden aus anderen Netzwerken dienen soll. Ob der Hype länger als ein paar Wellen anhält, ist aber schwer vorherzusagen. Bereits die allererste Variante eines solchen Feelgood-Netzwerkes, tbh, wurde mit Interesse überhäuft, um dann von Facebook aufgekauft und ziemlich schnell auf dem App-Friedhof versenkt zu werden.

Slay ist kostenlos für iOS und Android erhältlich.

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Amir Farouk

Early-Adopter. Liebt Apps und das Internet of Things. Schreibt aber auch gerne über andere Themen.

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