Windrad von Vestas vor anderen Windkraftanlagen eines Windparks

Vestas-Windkraftanlagen stehen v. a. an Land, zunehmend aber auch am Meer (Offshore)

© Vestas

B2B

"Nerven" aus Österreich machen Windräder effizienter

Der dänische Konzern Vestas hat mehr als 83.000 Windräder in 88 Ländern der Welt. Im Inneren der Anlagen gibt es zahlreiche Sensoren, Motoren und elektronische Steuerungen, die mit Technologie aus Österreich verbunden sind. Das Wiener Unternehmen TTTech Industrial steckt dahinter. Sie arbeitet mit Vestas bereits seit mehr als zehn Jahren zusammen und hat für den Turbinenhersteller ein spezielles Prozessleitsystem (PLS) entwickelt.

Vernetzte Komponenten im Inneren

Vorstellen könne man sich das wie ein Nervensystem, heißt es auf Anfrage bei TTTech Industrial: "Das Gehirn - ein zentraler Computer - schickt Informationen an einzelne Systeme in der Windenergieanlage aus, z.B. die Rotorblätter, die sich je nach Windstärke drehen." Das PLS sei dafür verantwortlich, alle Steuerungskomponenten in der Windkraftanlage zu vernetzen. Die TTTech-Entwicklung macht dies auf besonders effiziente Weise.

Einfach statt doppelt

Vor der Zusammenarbeit mit dem österreichischen Unternehmen setzte Vestas auf eine Systemarchitektur, bei der sicherheitskritische und nicht sicherheitskritische Funktionen getrennt verarbeitet wurden. Erstere sind etwa physische Steuerungsbefehle oder alle Funktionen, bei denen Menschen zu Schaden kommen könnten. Letztere sind etwa Datenaufzeichnungen, die für Analysen der Windstärken benötigt werden. Die doppelte Auslegung der Systeme verlangte eine aufwendige Verkabelung und machte die Wartung komplex.

TTTech hingegen setzt seine Deterministic-Ethernet-Technologie ein. Dabei werden sicherheitskritische und nicht-kritische Daten über dasselbe Netzwerkkabel übertragen. Dem Echtzeit-Datenverkehr zur Steuerung der Windräder wird dabei der Vorrang gegenüber Daten gegeben, bei denen es weniger um möglichst schnelle Übertragung geht. Die Technologie ist sehr zuverlässig und kommt auch im Luft- und Raumfahrtbereich zum Einsatz - u.a. im neuen NASA-Raumschiff Orion. Gegenüber anderen Systemen ist die Wartung leichter und es kommt zu weniger Stehzeiten, wodurch die Energieausbeute erhöht wird.

Gespräche mit anderen laufen

"Unser Prozessleitsystem ist bislang in jeder Onshore-Windenergieanlagengeneration und seit Anfang des Jahres auch in sämtlichen Offshore-Anlagen integriert. Wir sind also in jeder Vestas-Anlage vertreten", sagt Thomas Berndorfer, Vorstandsmitglied von TTTech Industrial. Laut Vestas ermöglicht es die Lösung aus Österreich, bei der Entwicklung neuer Windenergieanlagenmodelle 70 Prozent der Systemarchitektur wiederzuverwenden.

Einen Exklusivvertrag hat Vestas bei TTTech Industrial nicht. Mit anderen Herstellern führe das Unternehmen aber vor allem Gespräche über die Anwendung der hauseigenen Edge-Computing-Plattform Nerve. Dabei werden Maschinendaten in den Anlagen gesammelt und selektiv auf eine Online-Plattform (Cloud) übertragen, um dem Betreiber eine Optimierung der Betriebseffizienz zu ermöglichen.

Energieversorger immer am aktuellen Stand

Wie Windkraft-Expertin Sabine Zerobin von der FH Wiener Neustadt erklärt, sind die genauen Abläufe bei der Steuerung von Windkraftanlagen üblicherweise ein gut gehütetes Geheimnis der Hersteller. Prozessleitsysteme sind meistens für die Steuerung und Regelung einzelner Windkraftanlagen zuständig. Als übergeordnete Ebene kommt meist ein Windpark-Management-System zum Einsatz. Dieses bildet auch die Schnittstelle zu lokalen Energieversorgern, die ständig darüber informiert werden, wie viel Strom in einem Windpark produziert wird.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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