FILE PHOTO: The Netflix logo is seen on their office in Hollywood, Los Angeles
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Netflix will für Passwort-Sharing Geld und plant Werbung

Der Streaming-Boom in der Corona-Pandemie machte Netflix zum großen Krisengewinner, nun steckt das Unternehmen selbst in der Krise. Zum ersten Mal seit 2011 sinken die Nutzerzahlen - und der Abwärtstrend dürfte sich noch verstärken.

In den drei Monaten bis Ende März gingen unterm Strich rund 200.000 Bezahlabos verloren, teilte Netflix am Dienstag mit. Insgesamt sank die weltweite Nutzer*innenzahl zum Quartalsende auf 221,6 Millionen. Eigentlich hatte Netflix mit 2,5 Millionen neuen Kunden gerechnet.

Für die schwachen Zahlen machte Netflix unter anderem den Rückzug aus Russland verantwortlich, wo sämtliche Kundenkonten wegen des Angriffskriegs gegen die Ukraine deaktiviert wurden. Dem Unternehmen nach fielen wegen der Maßnahme auf Quartalssicht rund 700.000 Abos weg. Ohne diesen Effekt hätte es einen Anstieg um eine halbe Million Nutzer*innen gegeben.

Geld für das Teilen von Passwörtern

Außerdem erklärte Netflix, dass die Statistik unter der Mehrfachnutzung von Konten leide, da viele Abonnenten ihre Passwörter teilten. Das Unternehmen schätzt, dass rund 100 Millionen Haushalte weltweit den Streaming-Service nutzen, ohne zu zahlen.

Das wolle man ändern, sagte Netflix-Chef Reed Hastings laut the Next Web bei Gesprächen mit Investoren nach der Präsentation der Zahlen. Man müsse sie dazu bekommen, zu bezahlen.

Wie das funktionieren könnte, testet der Streamingdienst bereits in einigen Ländern, etwa in Costa Rica. Dort werden knapp 3 Dollar für die Mitnutzung eines Accounts verlangt.  Netflix-COO Greg Peters deutete an, dass ein solches System weltweit zur Anwendung kommen könnte.

Werbefinanziertes Streaming

Um die Einnahmenverluste zu steigern, zeigte sich Netflix-Chef Hastings auch einem werbefinanzierten Abo-Modell gegenüber aufgeschlossen. Netflix hatte ein solches günstigeres Abo-Modell jahrelang ausgeschlossen, zuletzt aber eine Kehrtwende gemacht.

Ein durch Werbung unterstütztes Angebot könnte „viel Sinn“ machen, sagte Hastings. Netflix wolle in den nächsten ein bis zwei Jahren an einer solchen Lösung arbeiten.

Kundenexodus hält an

Dass Netflix Handlungsbedarf hat, verdeutlicht auch der Ausblick des Unternehmens. Wegen der stärker werdenden Konkurrenz geht man davon aus, auch im laufenden Quartal Kund*innen zu verlieren. Und diesmal dürfte das Minus mit rund 2 Millionen Kund*innenkonten noch wesentlich stärker ausfallen.

Dabei hat Netflix mit neuen Staffeln von Hit-Serien wie „Stranger Things“ und hochkarätig besetzten Filmen wie „The Gray Man“ mit Hollywood-Star Ryan Gosling starke Produktionen am Start.

Trotz des jüngsten Rückgangs liegt Netflix weiter deutlich vor der Konkurrenz. Zum Vergleich: Der große Rivale Disney+ hatte Ende 2021 knapp 130 Millionen Kund*innen.

Erwartungen verfehlt

Doch auch beim Gewinn musste Netflix im abgelaufenen Quartal Abstriche machen. Der Überschuss sank gegenüber dem Vorjahreswert um etwa sechs Prozent auf 1,6 Milliarden Dollar (1,5 Mrd. Euro). Der Umsatz legte zwar um rund zehn Prozent auf 7,9 Milliarden Dollar zu, verfehlte die durchschnittlichen Erwartungen der Analyst*innen aber dennoch knapp.

Die Netflix-Aktie, die seit Jahresbeginn um über 40 Prozent an Wert verloren hatte, geriet am Dienstag neuerlich unter Druck und lag zeitweise mit über 25 Prozent im Minus.

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