Altspeisefett wird bei Münzer Bioindustrie im Ölhafen Lobau zu Biodiesel umgewandelt

Altspeisefett wird bei Münzer Bioindustrie im Ölhafen Lobau zu Biodiesel umgewandelt

© Münzer Bioindustrie

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Von der Pfanne in den Tank: Wie aus altem Speiseöl Biodiesel wird

In Restaurants und Privathaushalten wird Pflanzenöl zum Kochen verwendet. Wurden einmal Speisen damit zubereitet, etwa in der Pfanne oder in der Fritteuse, landet das verwendete Öl bzw. Altspeisefett im besten Fall in einem Container. Ist er voll, kann er bei Mistplätzen oder Problemstoffsammelstellen abgegeben werden. In den Kanal schütten sollte man das Öl jedenfalls nicht, denn dort verstopft es die Leitungen und die Kanalisation.

Wer es sammelt und abgibt, kann sich darüber freuen, einen wertvollen Beitrag zum Klimaschutz geleistet zu haben. Aus dem Altspeisefett wird nämlich u.a. Biodiesel gemacht. Er wird konventionellem Diesel beigemischt und ersetzt somit einen Teil des fossilen Rohstoffs.

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Am Standort von Münzer Bioindustrie im Ölhafen Lobau wird Biodiesel erzeugt

Am Standort von Münzer Bioindustrie im Ölhafen Lobau wird Biodiesel erzeugt

1,3 Millionen Tonnen weniger CO2

Laut dem Klimaschutzministerium können durch Biokraftstoffe im Jahr rund 1,3 Millionen Tonnen Kohlendioxid eingespart werden. Biodiesel macht dabei den größten Teil (rund 75 Prozent) aus. In Österreich wird Biodiesel zu 66 Prozent aus Altspeiseöl gemacht. Eines der produzierenden Unternehmen ist Münzer Bioindustrie. Seine größte Anlage zur Altspeisefettverwertung befindet sich im Ölhafen Lobau in Wien. Im Jahr werden dort 140.000 Tonnen Biodiesel erzeugt.

Produktion im Ölhafen Lobau

Angeliefert wird der Rohstoff per Bahn oder LKW, in seltenen Fällen auch per Schiff. In Zugwaggons wird Altspeisefett aus ganz Österreich und darüber hinaus in Europa transportiert. In LKW wird das Material meist in Kübeln oder größeren Tonnen herangeschafft. Sie werden z.B. in Restaurantküchen aufgestellt, das verbrauchte Öl wird einfach hineingeschüttet. Große Lokale sammeln ihr Öl auch in Tanks, die dann abgesaugt werden. Im Ölhafen Lobau werden die Gefäße im "UCO Collection Point" abgeladen. Die Sammelstelle für "Used Cooking Oil" wurde von Münzer erst vor Kurzem neu errichtet.

Sammelbehälter werden darin ausgeleert, gereinigt und anschließend wieder zu ihren Standplätzen zurückgebracht. Das Öl wird gefiltert - von Knochen bis Besteck findet sich einiges in den Behältern - und dann in eine Anlage weitergeleitet, in der eine sogenannte Umesterung vorgenommen wird. Bei dem chemischen Prozess wird aus Altspeisefett, Methanol und Kaliumhydroxid (als Katalysator) Biodiesel. Als Nebenprodukte entstehen Glycerin und Kaliumsulfat. Glycerin wird u.a. für Desinfektionsmittel verwendet, Kaliumsulfat u.a. als Düngemittel.

Dieselanteil und nachhaltige Flugzeugtreibstoffe

Der Fettsäuremethylester (die chemisch korrekte Bezeichnung für Biodiesel) wird von Münzer Bioindustrie entweder in Tanks gelagert oder per Pipeline an den Hauptkunden, die OMV, weitergeleitet. Der Ölkonzern mischt Biodiesel einerseits Diesel bei. Derzeit dürfen maximal 7 Prozent Biodiesel im "normalen" Diesel enthalten sein, in den kommenden Jahren soll der Wert auf 10 Prozent erhöht werden (so wie es bei Benzin bereits mit Bioethanol der Fall ist). Andererseits wird Biodiesel auch zur Erzeugung neuer Kraftstoffe verwendet, etwa für nachhaltige Flugzeugtreibstoffe (SAFs).

Altspeiseöl aus der Nahrungskette entfernen

Das Verfahren, das Münzer Bioindustrie für die Umesterung anwendet, wurde gemeinsam mit der Karl-Franzens-Universität Graz entwickelt. In Österreich betreibt das Unternehmen 2 Standorte, an denen Altspeisefett verarbeitet wird. Rund um die Welt gibt es weitere Anlagen, etwa in Kenia, Bangladesch oder Indien. Dort hat die Verwertung von verbrauchtem Speiseöl noch einen anderen Nutzen außer jenem für den Klimaschutz. Es soll ein weit verbreitetes Gesundheitsproblem beseitigen.

In Indien wird gebrauchtes Speiseöl nämlich oftmals nicht entsorgt, sondern landet andernorts wieder in einer Pfanne. Dhabas, kleine Imbissstände, werden von großen Teilen der Bevölkerung frequentiert. Sie verwenden günstig gekauftes Altspeiseöl teilweise mehrfach. Dabei bilden sich darin jedoch Stoffe, die zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes und Krebs führen. Die Regierung bemüht sich deshalb, das Altspeisefett bei der Ernährung aus dem Verkehr zu ziehen und stattdessen Biodiesel daraus herzustellen.

Der Nutzen der Sammlung von Altspeisefett, zusammengefasst in einem Firmenslogan

Der Nutzen der Sammlung von Altspeisefett, zusammengefasst in einem Firmenslogan

Weniger Nutzungskonkurrenz am Land

Biodiesel wird politisch als eines der wichtigsten Mittel betrachtet, um die Treibhausgasemissionen im Verkehrssektor zu reduzieren. Die Gewinnung aus Altspeisefett erscheint besonders sinnvoll, weil ein Abfallprodukt wiederverwertet wird, anstatt neues Erdöl zu fördern oder Biodiesel aus Rapsöl oder anderen pflanzlichen Produkten herzustellen. Letzterer Umstand ist auch das Hauptargument von Umweltschutzorganisationen gegen Biokraftstoffe. Durch das Anbauen von "Energiepflanzen" komme es zu einer Nutzungskonkurrenz mit der Nahrungs- und Futtermittelproduktion.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Energie, Mobilität und Klimaschutz. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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