Zubr der russischen Marine

Zubr der russischen Marine

© Russisches Verteidigungsministerium

Militärtechnik

China hat plötzlich 2 neue riesige Angriffs-Hovercrafts

China hatte bisher nur 4 Hovercrafts des Typs Zubr. Kürzlich wurden aber 2 weitere der gewaltigen Luftkissenboote gesichtet, wie Naval News berichtet.

Die sollte es aber gar nicht geben. Die Werft, die die Zubr-Klasse gebaut hat, ist nämlich in der Ukraine. Genauer gesagt in der Krim, die 2014 von Russland besetzt wurde. Das legt nahe, dass China diese 57 Meter langen Angriffs-Luftkissenboote jetzt selbst bauen kann – und sich damit womöglich auf eine Invasion von Taiwan vorbereitet.

Komplizierte Beschaffung wegen russischer Besatzung

China bestellte 2009 4 Hovercrafts der Zubr-Klasse in der Ukraine. Diese werden vom Hersteller PM More gebaut, dessen Werft in Feodossija ist. Das gehört wiederum zur Krim, die 2014 von Russland annektiert wurde. China hat trotzdem 2014 2 Stück der Hovercrafts bekommen.

Die übrigen 2 Stück wurden in China zusammengebaut, mit Hilfe von Mitarbeiter*innen von PM More. Vermutlich wurden die Komponenten, oder zumindest die Kernkomponenten dafür, in Feodossija hergestellt und nach China geliefert. 2017/2018 wurden die 2 fertigen Hovercrafts schließlich der chinesischen Marine übergeben.

4 Stück sind gemessen an der Größe von Chinas Marine, die über 215.000 Mann und 340 Schiffe stark ist, relativ wenig. Man muss nämlich davon ausgehen, dass bei regelmäßiger Nutzung immer 2 der Luftkissenboote in Wartung sind, während die 2 anderen einsatzbereit sind.

Hovercraft Made in China

Im Mai und vor wenigen Tagen wurden die 2 neuen Hovercrafts gesichtet. Es ist nichts darüber bekannt, dass China diese bei PM More bestellt hat. Aufgrund des Angriffskrieg von Russland gegen die Ukraine dürfte die Liefersituation auch noch mal schwieriger sein, als zwischen 2014 und 2018.

Rüstungsexpert*innen gehen deshalb davon aus, dass China mit den Plänen von PM More die Zubr-Hovercrafts komplett selbst gebaut hat. Nicht bekannt ist, ob China dafür die Pläne offiziell gekauft bzw. lizenziert hat. Es könnte sein, dass die Pläne nach 2014 übergeben wurden, für die 2 Stück, die in China zusammengesetzt wurden und China die Schiffe jetzt einfach selbst baut, ohne offizielle Erlaubnis von PM More.

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Kleine technische Änderungen erkennbar

Die 2 neuen Hovercrafts haben die Schiffsnummern 3260 und 3261. Auch das deutet darauf hin, dass sie komplett selbst von China gebaut wurden. Die 2 Stück aus der Ukraine haben nämlich die Nummern 3325 und 3326. Die 2 Stück, die mithilfe von PM More in China zusammengesetzt wurden, 3327 und 3328. Die Nummern der ersten 4 sind also fortlaufend, weil es sich technisch um dasselbe Schiff handelt. Die neuen 2 haben aber andere Nummern, weil sie von den ersten 4 leicht abweichen.

Soweit es auf den aufgetauchten Fotos erkennbar ist, gibt es Änderungen bei der Ausstattung zwischen den 2 neuen und 4 älteren Hovercrafts. Die neuen haben ein moderneres Feuerleitradar, statt dem elektro-optischen Zielsystem zur Luftabwehr.

Der Mast für das Navigations-Radar und die Funkantennen hat eine neue Stützstruktur, um robuster zu sein. An der Außenseite sind mehr Rettungsringe angebracht. Die grundlegende Form ist aber die gleiche geblieben, weshalb auch die 2 neuen Hovercrafts in China die Bezeichnung Typ 728 tragen.

Größtes Hovercraft der Welt

Technisch gesehen werden 3260 und 3261 vermutlich nur gering bis gar nicht von den Original-Zubr abweichen. Mit einer Verdrängung bis zu 555 Tonnen ist die Zubr-Klasse das größte Luftkissenboot der Welt. Es ist ein Landungschiff und dient dazu, um Panzer und Soldat*innen direkt zur Küste zu bringen und am Strand an Land gehen zu lassen.

Es ist 57 Meter lang und 25,6 Meter breit. Da es ein Luftkissenboot ist, beträgt der maximale Tiefgang lediglich 1,2 Meter. 3 Gasturbinen mit je 10.000 PS betreiben die 3 großen Propeller am Heck. Das ermöglicht eine Spitzengeschwindigkeit von bis zu 117 km/h, was für ein Schiff dieser Größe extrem schnell ist. Die Reichweite beträgt 560 Kilometer.

Die Besatzung besteht auf 31 Mann. Der Frachtraum ist 400 Quadratmeter groß. Die maximale Zuladung wird mit etwa 150 Tonnen angegeben. Ein Zubr kann so 3 Kampfpanzer oder 10 gepanzerte Fahrzeuge mit 230 Soldaten oder 8 Truppentransporter oder bis zu 500 Soldat*innen transportieren.

Bewaffnung für Angriffe auf Küstenstellungen

Die Zubr hat 2 AK-630. Diese 6-läufigen Kanonen im Kaliber 30mm dienen zur Flugabwehr und Abwehr von Antischiffsraketen. Sie sind das russische Gegenstück zum amerikanischen Phalanx-System. Weiters an Bord sind 4 Starter für Flugabwehrraketen und ein System zum Abfeuern von Täuschkörpern, um anfliegende Raketen abzulenken.

Ebenfalls an Bord sind 2 Ogon-Raketenwerfer. Diese verschießen jeweils Salven von 22 140mm-Raketen. Damit sollen befestigte Küstenstellungen sturmreif geschossen werden. Die Zubr kann bei Bedarf bis zu 78 Seeminen transportieren und so als Minenleger-Boot eingesetzt werden.

Mögliche Invasion von Taiwan

Es ist relativ klar, warum China diese riesigen Hovercrafts gekauft hat und jetzt selbst baut: eine mögliche Invasion von Taiwan. Aufgrund der hohen Geschwindigkeit könnte das Luftkissenboot in 2 Stunden vom chinesischen Festland in Taiwans Hauptstadt Taipeh sein. Schneller könnten nur Luftlandetruppen dort sein. Die sind aber ausrüstungstechnisch eingeschränkt, da üblicherweise nur leicht gepanzerte Fahrzeuge per Fallschirm abgeworfen werden können.

Als realistischer erachten Militärexpert*innen, dass nicht Taipeh direkt angegriffen wird, sondern die kleineren taiwanischen Inseln. Kinmen liegt knapp vor der chinesischen Küste. Das Hovercraft könnte die Inselgruppe in 10 Minuten erreichen.

China könnte planen, die Kinmen, die eine Bevölkerung von etwa 127.000 Menschen haben, rasch zu erobern. Das soll die militärische Stärke zeigen und den Rest von Taiwan dazu bringen aufzugeben, bevor eine vollständige Invasion mit hohen Verlusten folgt.

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Allerdings hat auch Russland 2014 mit der Eroberung der Krim und dem Angriffskrieg 2022 auf diese Strategie gesetzt, die nicht zum Erfolg geführt hat. China muss zudem damit rechnen, dass die USA aktiv Taiwan bei der Abwehr einer Invasion unterstützt und nicht nur passiv durch Waffenlieferungen, wie es in der Ukraine der Fall ist. Die Beziehung zwischen China und den USA sind seit Jahren angespannt und die USA könnten nur auf eine Gelegenheit warten, um ihre Dominanz im Pazifik unter Beweis zu stellen.

Nur 12 Zubr weltweit aktiv

Mit 6 der Hovercrafts hat China die derzeit größte aktive Zubr-Flotte. Russland hat noch 2 Stück in Betrieb. Griechenland hat 4 Stück. Beim Kauf im Jahr 2000 war es das erste NATO-Land, dass ein Schiff bauen ließ, das noch in der Sowjet-Ära entwickelt wurde.

Für Chinas Pläne werden 6 Stück vermutlich nicht reichen. Es ist davon auszugehen, dass die chinesische Marine weitere Typ 728 in Dienst stellen wird.

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