Elon Musk im Jahr 2008 (von 2009 gibt es keine lustigen Fotos) und 2019

Elon Musk im Jahr 2008 (von 2009 gibt es keine lustigen Fotos) und 2019

© Brian Solis/Wikimedia Commons, DPA

Digital Life

Elon Musk: 20 Meilensteine in 10 Jahren

Ein reicher Typ mit enormem technischen Verständnis, der verrückt klingende Ideen innerhalb kürzester Zeit in die Realität umsetzt, sich wie ein stures Kind warnenden Stimmen widersetzt und ganz nebenbei die größten Probleme der Menschheit löst. So könnte man den Superhelden Tony Stark beschreiben, der als "Iron Man" mehrfach die Welt gerettet hat - oder Elon Musk. Vergleiche zwischen der Comicfigur und dem Unternehmer gibt es öfters. Auch zu einem Treffen kam es: 2010 hatte Musk im Film "Iron Man 2" einen Gastauftritt.

Eine Menge neuer Ideen

Im vergangenen Jahrzehnt setzte Musk alles daran, seinem Ruf als realer Tony Stark gerecht zu werden. Seine bereits zuvor initiierten Großprojekte SpaceX und Tesla hoben richtig ab und transformierten ihre jeweiligen Branchen. Dazu hatte die aktuelle Nummer 23 in der Forbes-Reichenliste jede Menge neuer Einfälle, etwa eine Rohrpost für Menschen, Schleichwege für Autos unter Großstädten, Breitband-Internet per Satelliten rund um den Globus oder Schnittstellen zwischen Maschinen und dem menschlichen Hirn. In verschiedensten Formen werden all diese Konzepte nun von tausenden Wissenschaftlern und Technikern vorangetrieben.

Musk wird unterdessen als Visionär gefeiert und geht in dieser Rolle trotz kleinerer Rückschläge immer mehr auf. "Was Elon Musk macht, ist uns nicht nur die nächste großartige App für unser Smartphone zu geben", meint der medial omnipräsente US-amerikanische Astrophysiker Neill deGrasse Tyson. "Er denkt über die Gesellschaft nach, über Kultur, wie wir interagieren, welche Kräfte wir anwenden müssen, um unsere Zivilisation in das nächste Jahrhundert zu bringen." Vorfälle wie das öffentliche Paffen an einer Cannabis-Zigarre seien bei all dem verzeihbar. "Auf geht's, Elon Musk. Mir ist es egal, ob er high ist", sagt Tyson gegenüber CNBC.

Elon Musk nach einem Gerichtstermin. Seinen "Pedo Guy"-Tweet ließ man ihm durchgehen

Ein großes Ego

Um "high" zu werden, benötigt Musk höchstwahrscheinlich kein Marihuana. Sein Ego reicht, wenn man den Schilderungen von Personen glaubt, die persönlich mit ihm zu tun hatten. Bei allen Errungenschaften stellt Musk hie und da eine ziemliche Arroganz zur Schau. Während er mit Elektroautos einen Beitrag zum Klimaschutz leisten will, hält er wesentlich effizientere, öffentliche Verkehrsmittel für "a Pain in the Ass", meinte er etwa bei einer Konferenz im Dezember 2017. Als sein Vorschlag, in einer überfluteten thailändischen Höhle eingeschlossene Kinder per Mini-U-Booten zu befreien, von einem Rettungstaucher brüsk abgelehnt wurde, bezeichnete Musk diesen im September 2018 als Pädophilen.

Eine darauf folgende Klage endete erst vor wenigen Tagen mit einem Freispruch für Musk. Glimpflich ging die Angelegenheit für Musk auch aus, als er 2018 von der Börsenaufsicht verklagt wurde, weil ein angeblich irreführender Tweet für einen rasanten Anstieg der Tesla-Aktie gesorgt hatte. Mit der Auflage, dass bestimmte Aussagen Musks bei Twitter vor dem Absenden überprüft werden müssen, kam es zu einem Vergleich.

Illusionskünstler

Die Episode verdeutlicht, wie sehr Musk oft mit dem Feuer spielt. Einige Wirtschaftsexperten äußerten in den vergangenen Jahren immer wieder Zweifel, ob Musks Persönlichkeit dazu taugt, um solide Geschäftsmodelle zu entwickeln. Zu oft erscheine sein Verhalten als CEO als ein Spiel um alles oder nichts, schreibt etwa der Spiegel. Musk sei ein Illusionskünstler, der es schaffe, mit immer neuen Enthüllungen Investoren zu gewinnen und Geld in seine Unternehmungen zu stecken. Der Trick sei dabei immer derselbe: Nach verlustreichen Jahren sei laut Musk eine marktbeherrschende Stellung zu erwarten, oder eine Pleite.

Obwohl vor dem großen Zusammenbruch eines seiner Unternehmen schon öfters gewarnt wurde, ist es bisher nicht dazu gekommen. Als Tesla es lange Zeit nicht schaffte, die Produktion des Model 3 hochzufahren, war es etwa beinahe soweit. Beim Kampf um sein Unternehmen ging Musk sprichwörtlich über Leichen, wovon eigentlich untragbare Arbeitsbedingungen in provisorischen Fertigungslinien bei Tesla zeugten. Am Ende ging Musk aber stets als Sieger hervor. Die Gigafactories von Tesla wachsen, die wiederverwertbaren Falcon-9-Raketen von SpaceX fliegen und die Spötter schauen blöd aus der Wäsche.

Flammenwerfer bis Marsrakete

Was Musk angreift, aus dem wird was, und sei es auch noch so absurd. Diese Zuschreibung haben nicht viele Unternehmenschefs. Musk versteht es noch dazu bestens, sich bei allem wirtschaftlichen Ernst eine Menge Humor zu bewahren. Als er nach dem Ausverkauf von Baseball-Kappen mit dem Schriftzug der Boring Company auf Twitter scherzte, man werde demnächst Flammenwerfer verkaufen und seine Fans die Idee großartig fanden, kam ein entsprechendes Produkt 2018 tatsächlich in den Verkauf. Dass es aufgrund gesetzlicher Bestimmungen "Not-a-Flamethrower" genannt werden musste und eigentlich auch kein Flammenwerfer ist, sondern eine Lötlampe, ist egal. Was bleibt ist der Eindruck, dass alles machbar ist.

Elon Musk hat im vergangenen Jahrzehnt, metaphorisch gesprochen, einen Seiltanz vollführt und dabei Saltos geschlagen, ohne abzustürzen. Das Ereignis, das Elons Musks Erfolgslauf in den vergangenen zehn Jahren am besten repräsentiert, ist wohl der erste Start der Falcon-Heavy-Rakete im Februar 2018. Die im Prinzip aus drei Falcon-9-Raketen bestehende Trägerrakete ist die stärkste ihrer Art seit der Saturn V des Apollo-Programms in den 60er- und 70er-Jahren. Mit ihr sollen künftig Frachten bis zum Mars transportiert werden.

Denkmal im All

Statt formloser Testfracht ließ Musk einen roten Tesla Roadster in die Rakete packen, an dessen Steuer eine Puppe im Raumanzug namens "Starman" platziert wurde. Beim Start wurde David Bowies "Life on Mars" gespielt. Die in alle Welt live übertragene Aktion lief beinahe fehlerlos ab. Die parallel landenden Booster-Raketen erschienen für viele Beobachter wie Realität gewordene Science Fiction.

Musk verfolgte die ganze Angelegenheit mit einer Mischung aus Ungläubigkeit, Erleichterung und Freude darüber, sein Geistesprodukt tatsächlich fliegen zu sehen. Mit dem Tesla fahrenden Starman, der nun auf einer Umlaufbahn um die Sonne schwebt, die an ihrem weitesten Punkt über jene des Mars hinausgeht, hat sich Elon Musk ein witziges Denkmal gesetzt, das selbst die ägyptischen Pyramiden um Milliarden Jahre überdauern könnte.

Musks Meilensteine 2009 bis 2019

  • März 2009 Der Prototyp des Tesla Model S wird erstmals präsentiert. Die Elektro-Limousine sollte nach dem Roadster das erste viertürige Serienfahrzeug von Tesla darstellen. Ausgeliefert wurde es erst ab 2012. Parallel wurde das Tesla Supercharger Ladenetzwerk aufgebaut. Heute gibt es weltweit über 1.600 Stationen.
  • Juni 2010 Tesla geht an die Börse. Die mit dem Kürzel TSLA an der Nasdaq gehandelt Aktie hat bis heute einen Kursanstieg von über 1800 Prozent hingelegt.
  • Dezember 2010 Mit dem erfolgreichen Test der Dragon ist SpaceX das erste private Raumfahrtunternehmen, das an Bord einer Falcon-9-Rakete ein Raumschiff in den Orbit bringt, um die Erde fliegen und wieder landen lässt.
  • Mai 2012 Die SpaceX Dragon-Raumkapsel dockt erstmals an der ISS an. Es ist das erste Mal, das ein von einem Privatunternehmen hergestelltes Raumfahrzeug an einem anderen im Weltall andockt.
  • August 2013 Musk veröffentlicht das Konzept Hyperloop Alpha für eine neue, ultraschnelle Massentransportmethode in Vakuumröhren als Open-Source-Design. Mehrere Institutionen und Start-ups entwickeln das Konzept seither weiter. Seit 2015 richtet SpaceX alljährlich die Hyperloop Pod Competition aus.
  • Oktober 2014 Tesla bietet erstmals seinen Autopiloten an. Das Fahrassistenzsystem sorgt für Kontroversen, beflügelt aber auch die zunehmende Automatisierung im Automobilbereich.
  • Dezember 2015 Erstmals in der Geschichte landet eine Raketenstufe mit eigenem Antrieb senkrecht auf der Erde. Etwas mehr als ein Jahr später gelingt SpaceX das Kunststück mit der Falcon-9-Rakete auf einer schwimmenden Plattform im Meer.
  • März 2016 Tesla präsentiert das Model 3, das erste E-Auto für den Massenmarkt, dessen Preis nur 35.000 Dollar betragen sollte. 2017 wurde mit der Produktion begonnen, die in Folge nur schleppend anlief ("production hell"). Produktionsort sollte die Gigafactory 1 in Nevada sein. Für die Zukunft sind weitere Gigafactories in China und in Deutschland geplant.
  • Mai 2016 Erster tödlicher Unfall mit aktiviertem Autopilot. Ein Tesla Model S interpretierte einen abbiegenden Lastwagenanhänger falsch und fuhr unter ihm durch. Knapp drei Jahre später kam es zu einem weiteren tödlichen Unfall unter sehr ähnlichen Bedingungen.
  • August 2016 Tesla kündigt an, die Solartechnikfirma SolarCity für 2,6 Milliarden Dollar zu übernehmen. Die Firma wurde zehn Jahre zuvor auf Anraten Musks durch seine Cousins Peter und Lyndon Rive gegründet. Es ist die bis heute größte Firmenübernahme von Tesla.
  • Dezember 2016 Musk gründet The Boring Company, um ein Untergrund-Transportsystem für Autos zu schaffen, mit dem Staus in Großstädten umgangen werden können. Wenige Wochen später beginnt das Unternehmen in einer Spontanaktion damit, ein Loch für einen Testtunnel am Parkplatz der SpaceX-Zentrale in Hawthorne, Kalifornien, zu graben.
  • Dezember 2017 Tesla löst ein Versprechen ein und sorgt innerhalb von 100 Tagen mit seinen Powerpack Industrie-Akkus für Stabilisierung des Stromnetzes von Südaustralien.
  • Jänner 2018 The Boring Company verkauft Flammenwerfer ("Not-a-Flamethrower"), nachdem Musk dies vermeintlich scherzhaft auf Twitter verkündet hatte, nachdem Baseball-Kappen der Boring Company ausverkauft waren. Heißt Not-a-Flamethrower, weil es eine Lötlampe ist.
  • Februar 2018 Der erste Testflug der Falcon-Heavy-Rakete wird zum PR-Spektakel für SpaceX. Bis auf die Landung eines von drei Boostern auf einer Plattform im Meer war die Aktion ein voller Erfolg. Seitdem kreist ein Tesla Roadster mit einer Puppe darin um die Sonne.
  • Mai 2018 Wegen unliebsamer Artikel über ihn holt Musk zum Rundumschlag gegen angeblich manipulierte Journalisten und Fake News aus. Kündigt an, eine Webseite namens Pravda (später Pravduh) zu gründen, auf der Journalisten bzw. ihre Artikel bewertet werden können. Aus der Idee wurde bis heute nichts.
  • Juli 2018 Tham Luang Höhlenrettung - Musk lässt SpaceX und The Boring Company eine Rettungskapsel bauen, mit der Kinder aus der überschwemmten Höhle gebracht werden sollen. Die Kapsel kam nie zum Einsatz. Streit mit Rettungstaucher Vernon Unsworth. 2019 erhielt Musk einen Orden des Königs von Thailand für seine Bemühungen.
  • September 2018 Musk hat Ärger mit der Börsenaufsicht SEC wegen angeblicher Kursmanipulation. Musk hatte Finanzierungsvereinbarungen über Twitter verbreitet. Nach einer Klage der SEC kam es zum Vergleich. Musk muss künftig gut aufpassen, worüber er tweetet.
  • Dezember 2018 Der erste Tunnel der Boring Company startet seinen Betrieb. Er führt 3,2 Kilometer unter Los Angeles durch. Die Benutzung kostet einen Dollar.
  • März 2019 Erster erfolgreicher Test der Crew-Dragon-Kapsel von SpaceX. Das unbemannte Raumschiff brachte Fracht zur ISS und wurde von Astronauten bewundert. Mit dem Raumschiff wollen die USA nach dem Space Shuttle endlich wieder ein eigenes Raumschiff für Astronauten zur Verfügung haben.
  • November 2019 Der Tesla Cybertruck wird präsentiert. Der Elektro-Pick-up-Truck bricht mit der bisherigen Tesla-Formsprache und soll künftig Marktanteile in der vor allem in den USA beliebten Fahrzeugkategorie erobern. Innerhalb weniger Tage sammelt Tesla über 250.000 Vorbestellungen.

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David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

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