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Krypto-Lovescam: Die perfide Masche der Betrüger

Sie suchen sich ihre Opfer im Internet und gaukeln ihnen Gefühle vor: Liebesbetrüger ("Lovescammer"). Zwei Forscherinnen vom Österreichischen Institut für angewandte Telekommunikation (ÖIAT) wollten genau wissen, wie  diese Masche funktioniert.

„Wir haben uns gefragt, warum die Menschen nicht merken, dass etwas faul ist“, erklärt Louise Beltzung vom ÖIAT im Gespräch mit der futurezone. Dazu haben sich die beiden Forscherinnen gezielt auf Dating-Plattformen begeben und mit mehreren Lovescammern monatelang auf WhatsApp gechattet.

Künstlich generiertes Profilbild

Sie legten mit einem künstlich generierten Bild eine fiktive Person an: Die 32-jährige „Vanessa“ begab sich so auf der Dating-Plattform Tinder auf Partnersuche. Ihr Motto: „Lebe, liebe und reise!“ Dort traf sie den angeblich 33-jährigen „Mark“. Um Liebe ging es ihm aber nicht. Sein Ziel war es, sie dazu zu bringen, auf einer gefälschten Plattform im Internet Geld in Kryptowährungen einzuzahlen. Doch dazu kam es nicht, denn die Forscherinnen brachen den Kontakt rechtzeitig ab.

„Das Überraschendste bei unserem Experiment war zu sehen, wie viel Einsatz seitens der Betrüger*innen dahinter steckte. Wir hatten wirklich angenehme Gespräche, die weit entfernt waren von generischen Chats, von denen man Abstand nehmen würde“, so Beltzung. „Die Betrüger*innen waren netter, freundlicher und weniger belästigend“, fügt Julia Krickl hinzu.

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Kein Sex gesucht

Ganz am Anfang, als ein mögliches Treffen im Raum stand, schrieben die Lovescammer: „Ich suche keinen Sex. Ich suche eine ehrliche Beziehung. Nehmen wir uns die Zeit, um Vertrauen und Verständnis aufzubauen.“ Das dürfte vielen Menschen gefallen. Die Betrüger*innen verwenden laut Beltzung „eine perfide Masche, in dem sie sich das Vertrauen ihrer Opfer über mehrere Wochen und Monate erschleichen“. Sie erkunden sich täglich nach den Befindlichkeiten der Familie, sie fragen, was man zum Frühstück hatte oder wie gut man geschlafen hat.

Schöpft man Verdacht und lenkt die Gespräche etwa auf Geld, wechseln sie das Thema. Irgendwann bot „Mark“ dann an, einen Kryptoaccount für das vermeintliche Opfer zu managen. „Du wirst mehr Gewinn machen, wenn ein Experte wie ich das erledigt“, schrieb er. Als sich „Vanessa“ an dieser Stelle skeptisch zeigte und sagte, sie habe mit ihrem Bankberater darüber gesprochen, der dies ablehne, hat „Mark“ sehr verständnisvoll reagiert: „Du musst aufpassen, es sind viele Scammer unterwegs“, sagte er.

So bringt Kryptoscammer "Mark" das Gespräch auf Kryptowährungen

Kontakt abbrechen und Hilfe suchen

Beltzung war vor allem von der „Intensität der Dialoge“ beeindruckt und darüber, wie digitale Beziehungen aufgebaut werden. Ihr Verständnis dafür, dass sich jemand nur schwer von einer solchen „Liebesbeziehung“ lösen kann, ist groß. „Da chattet man monatelang mit jemandem und dann soll das alles nichts gewesen sein? Das ist schwer zu akzeptieren“, so die Forscherin. Dennoch sollten Menschen, die merken, dass sie es mit Betrüger*innen zu tun haben, so rasch wie möglich den Kontakt abbrechen.

„Lovescams sind sehr schnell eine Art Spott-Thema, bei dem man über die anderen lacht. Aber es ist legitim, sich auch in dieser Angelegenheit Hilfe zu holen. Wir wollen mit unsere Recherche das Bewusstsein für diese Art von Betrug steigern“, sagt Beltzung. Bei der Watchlist Internet, die zum ÖIAT gehört, kann man etwa nachfragen, wenn man sich nicht sicher ist, ob man es mit Lovescammern zu tun hat. Wichtig ist auch zu wissen, dass nicht nur ältere Menschen darauf reinfallen können. Die Kryptolovescammer richten sich auch gezielt an Jüngere.

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Barbara Wimmer

shroombab

Preisgekrönte Journalistin, Autorin und Vortragende. Seit November 2010 bei der Kurier-Futurezone. Schreibt und spricht über Netzpolitik, Datenschutz, Algorithmen, Künstliche Intelligenz, Social Media, Digitales und alles, was (vermeintlich) smart ist.

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