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Lynx OMFV: Ferngesteuerter Schützenpanzer mit Elektromotor

Die US Army sucht derzeit einen Nachfolger für den M2 Bradley. Dieser soll technologisch deutlich fortgeschrittener sein, als der seit 1981 im Dienst stehende Schützenpanzer.

Deshalb läuft das Programm zur Suche der Nachfolge unter dem Titel: OMFV – Optionally Manned Fighting Vehicle. Zu deutsch: Optional bemanntes Kampffahrzeug. Eine Einreichung dafür ist der Lynx OMFV des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall.

Der Lynx OMFV basiert auf dem Rheinmetall Lynx, der erstmals im Juni 2016 vorgestellt wurde. Ungarn ist bisher der einzige Abnehmer des Lynx – die ersten Panzer sollen 2023 geliefert werden. Sollte der Lynx OMFV von der US Army gewählt werden, würde das einen Auftrag von bis zu 45 Milliarden US-Dollar für bis zu 4.000 Panzer für Rheinmetall bedeuten.

Was ist ein Schützenpanzer?

Ein Schützenpanzer ist eine Mischung aus Kampffahrzeug und Truppentransporter. Üblicherweise sind sie schwächer bewaffnet als Kampfpanzer, können mit Maschinenkanonen und Panzerabwehrraketen aber dennoch eine schlagkräftige Unterstützung für Truppen am Schlachtfeld sein.

Im Transportraum von Schützenpanzern befinden sich Soldat*innen, die bei Bedarf das Fahrzeug schnell verlassen können. Das Gegenstück zum amerikanischen M2/M3 Bradley-Schützenpanzer ist die russische BMP- und BMD-Serie. Österreich setzt auf den Ulan, der zusammen mit Spanien entwickelt wurde.

50mm-Machinenkanone mit programmierbaren Projektilen

Der Lynx OMFV hat 2 Personen als Besatzung und Platz für 6 Soldat*innen. Das hebt ihn bereits vom normalen Lynx und anderen Schützenpanzern ab. Beim Lynx OMFV ist der Turm nämlich unbemannt. Das heißt die Rolle der Richtschütz*in fällt weg: Die Kontrolle und das Abfeuern der Waffensysteme erfolgt von den Crewplätzen, die bei älteren Schützenpanzern für Kommandant*in und Fahrer*in gedacht sind.

Der Turm hat eine XM913 50mm-Maschinenkanone, was ein deutliches Upgrade zu den üblichen 25mm- und 30mm-Maschinenkanonen von Schützenpanzern ist. Da im Turm kein Platz für eine Richtschütz*in mehr nötig ist, kann die etwas weiter in den Turm ragende Kanone problemlos verbaut werden.

Die XM913 kann programmierbare Projektile verschießen. Bei Bedarf explodieren diese in der Luft, etwa über einer Deckung, um die Feinde dahinter zu eliminieren. Es kann auch eine Verzögerung für die Detonation einprogrammiert werden. Das Projektil hat so Zeit eine Deckung zu durchschlagen, bevor es explodiert.

Starter für Drohnen und Raketen

Als Sekundärbewaffnung gibt es ein übliches .50BMG-Maschinengewehr. Als Starter kommt ein „Multi-Mission Launcher“ zum Einsatz. Dieser soll nicht nur Panzerabwehrraketen verschießen können, sondern auch Kamikaze-Drohnen.

Dabei handelt es sich um Coyote Loitering Munition des US-Rüstungskonzerns Raytheon. Coyote gibt es in verschiedenen Ausführungen und kann sowohl zur Aufklärung als auch zur Bekämpfung von Zielen am Boden und in der Luft eingesetzt werden. Raytheon hat Anfang des Jahres gezeigt, wie Coyote Block 2 andere Drohnen zerstören kann:

Elektromotor für Schleichfahrt

Der Motor des Lynx OMFV ist elektrisch. Es ist allerdings ein Hybrid-Antrieb, um die nötige Reichweite zu erhalten. Durch eingebaute Akkus kann der Lynx OMFV aber zumindest eine Weile rein elektrisch und damit sehr leise fahren.

Elektromotor von Allison Transmission

Ein Kamerasystem ermöglicht der Crew eine 360-Grad-Ansicht bei der Navigation. Eine reaktive Panzerung und ein automatisches Abwehrsystem, das anfliegende Raketen und Projektile vor dem Aufprall zerstört, sollen den Lynx OMFV und die Soldat*innen darin schützen.

Cybersecurity für das Steuern aus der Ferne

Geschützt werden sollen auch die elektronischen Systeme des Lynx OMFV – vor Hackern. Rheinmetall erwähnt explizit, dass Cybersecurity ein Thema bei dem neuen Schützenpanzer ist.

Die ist auch nötig: Denn wie die Ausschreibung der US Army vorsieht, muss der neue Schützenpanzer auch ohne Crew fahrbar sein – also ferngesteuert werden können. Die Idee dahinter ist, dass nicht nur die Soldat*innen, sondern auch die Crew das Fahrzeug im Kampfeinsatz verlassen kann, aber der Schützenpanzer dank Fernsteuerung dennoch einsatzbereit bleibt.

Bisher ist es häufig so, dass Schützenpanzer die Soldat*innen absetzen lassen, dann aber voran in besetztes Gebiet fahren. Der Panzer ist so gleichzeitig Feuerunterstützung und mobile Deckung für die Infanteristen, setzt aber die Crew des Schützenpanzers hoher Gefahr aus – speziell in uneinsichtigen Gelände, wie etwa urbanen Gebieten mit hohen Häusern und engen Straßen.

Beim OMFV-Konzept könnte die Crew mit den Soldat*innen absitzen. Der leere Panzer kann vorgeschickt werden, während die Soldat*innen langsam mit etwas Abstand dahinter vorgehen. Die Crew, die den Panzer fernsteuert, bleibt in einer sicheren Position oder rückt langsam hinter den Soldat*innen mit auf. Die Fernsteuerung des Panzers könnte alternativ aus der Ferne übernommen werden, etwa von der Basis aus.

Autonome Kampffahrzeuge für die Zukunft

Die Fernsteuerung ist nur ein Zwischenschritt. Ultimativ wollen die USA und viele andere Länder teilautonome und autonome Kampffahr- und -flugzeuge entwickeln und einsetzen. Diese sollen untereinander vernetzt sein, um im Verbund agieren zu können.

Eine autonome Steuerung wird bei der Ankündigung des Lynx OMFV nicht erwähnt. Aufgrund der Systeme ist er aber darauf vorbereitet. Rheinmetall wird dies vermutlich als Vorteil bei der Ausschreibung anführen. Die US Army könnte dann später gekaufte Lynx OMFV zu autonomen Panzern nachrüsten.

Autonomes Kriegsgerät steht schon jetzt in der Kritik. Menschenrechtsorganisation sind der Meinung, dass eine Maschine nicht über Leben und Tod entscheiden darf. Versuche, solche autonomen Systeme international zu verbieten, sind bisher erfolglos geblieben.

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