Neuer Marschflugkörper für USA ist “10x billiger und 10x kleiner”
Das US-Unternehmen Ares Industries, benannt nach dem griechischen Kriegsgott, wurde erst im Mai 2024 gegründet. Bereits jetzt soll es Flugtests mit kompakten und kostengünstigen Marschflugkörpern begonnen haben. Die Raketen werden vorrangig zum Einsatz gegen Schiffe entwickelt und sollen laut Ares "10x kleiner und 10x günstiger" sein als jetzige Modelle.
Antischiffsraketen bringen momentan über eine Tonne auf die Waage und kosten mehrere Millionen Dollar pro Stück. Ares plant, seine Raketen um 300.000 Dollar zu verkaufen.
Das Vorhaben hat das Interesse des kalifornischen Start-up-Hubs Y Combinator auf sich gezogen, der bereits Unternehmen wie Airbnb, Reddit und Dropbox groß gemacht hat. Es ist das erste Rüstungsunternehmen, das vom Gründerzentrum unterstützt wird.
In kürzester Zeit Prototyp gebaut
In eine Aussendung gibt Ares Industries mehr über seine Entwicklungen preis. Demnach habe man den gesamten Sommer damit verbracht, mehrere Prototypen zu bauen und sie in der Mojavewüste zu testen. Man sei auf dem besten Weg, bis Mitte 2025 funktionierende Raketen an die ersten Kunden auszuliefern.
Die Marschflugkörper sollen laut Ares mit bestehenden Startplattformen kompatibel sein und mit hoher Unterschallgeschwindigkeit unterwegs sein (die Schallgeschwindigkeit liegt etwa bei 1.200 km/h). Man wolle sich zunächst auf boden- und schiffsgestützte Varianten konzentrieren, die also von Fahrzeugen oder Kriegsschiffen aus starten.
In Zukunft soll es aber auch luftgestützte Versionen sowie Varianten mit größeren Reichweiten geben. Zur Reichweite der ersten Version gibt Ares keine Auskunft, lediglich von "mehreren Hundert Meilen" (also mindestens 322 Kilometern) ist die Rede.
Rendering ähnelt bestehender Antischiffsrakete
Ein Rendering des Unternehmens zeigt Antischiffsraketen, die der AGM-158C LRASM von Lockheed Martin ähnlich sehen.
Die Long Range Anti Ship Missiles (LRASM) verfügen über Stealth-Eigenschaften und können als Schwarm geschickt werden. Dabei können die einzelnen Marschflugkörper untereinander kommunizieren und mittels KI Luftabwehrmaßnahmen umgehen.
Ihre Reichweite liegt bei 370 Kilometern. Eine aktualisierte Version, die 2026 bei der US Navy eingeführt werden soll, soll auf 950 Kilometer kommen.
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Eine AGM-158C LRASM ist allerdings nichts für den schmalen Geldbeutel. Der Stückpreis liegt bei ca. 3 Millionen Dollar. Bis 2030 wollen die US Navy und US Air Force zusammen über 1.000 AGM-158C anschaffen.
Zu groß und zu teuer
Ares Industries geht klar darauf ein, dass ihre Antischiffsraketen im Pazifik gegen China eingesetzt werden können. Die jüngsten Konflikte im Nahen Osten und in der Ukraine hätten allerdings gezeigt, dass die US-Waffen zu groß und zu teuer für die Kriege von heute sind.
Aktuelle Antischiffsraketen der USA sind dafür ausgerichtet, große Zerstörer anzugreifen. Es sei allerdings wenig sinnvoll, kleinere Fregatten oder sogar ferngesteuerte Drohnenboote mit Millionen Dollar teuren Waffen anzugreifen.
Bei einem Krieg im Pazifik würden die USA Tausende Antischiffsraketen pro Woche abfeuern, wodurch die Vorräte in einigen Tagen aufgebraucht wären. "Wir können gar nicht genug Antischiffsraketen herstellen, um China entgegenzutreten", so das Unternehmen.
Schiere Masse überfordert Gegner
Ein weiterer Vorteil, auf Masse statt auf Klasse zu setzen, ist die Fähigkeit, Sättigungsangriffe durchzuführen. Bei diesen Schwarmangriffen werden gegnerische Abwehrsysteme durch die schiere Menge an Raketen oder Drohnen überfordert.
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Entsprechend günstig müssen allerdings die Waffen sein, mit denen diese Angriffe ausgeführt werden. Und auch die Größe spielt eine Rolle. Kriegsschiffe haben in ihren Raketenstartern nur begrenzt Platz und müssen regelmäßig von Versorgungsschiffen "nachgeladen" werden.
Wenn etwa ein Lenkwaffenzerstörer der Arleigh-Burke-Klasse in seinem Mk-41-Starter Platz für 96 LRASM-Marschflugkörper hat, könnte er, zumindest theoretisch, stattdessen dort 960 Stück der 10-mal kleineren Ares-Raketen transportieren und abfeuern. Ein einziger Zerstörer könnte dann einen Sättigungsangriff mit fast 1.000 Antischiffsraketen gegen einen chinesischen Flottenverband starten.
Auch Russland setzt auf diese Taktik
Wie das funktionieren kann, zeigt Russland mit seinen Shahed-Kamikazedrohnen (auch als Geran bekannt). Die günstigen Drohnen sind darauf ausgerichtet, ukrainische Luftabwehrmunition zu verbrauchen.
Dahinter stehen nicht nur Absichten, der Ukraine finanziell zu schaden. In einer zweiten Angriffswelle können etwa größere Raketen und Marschflugkörper ausgeschickt werden. Diese haben dadurch eine größere Chance, ihre Ziele zu erreichen, da die Luftabwehr bereits durch die Shahed-Drohnen geschwächt wurde, bzw. mit Munition und Flugabwehrraketen nachgeladen werden müssen und deshalb noch nicht wieder feuerbereit sind.
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Dass die USA die Produktion kleiner, billiger Waffen hochkurbeln will, zeigt auch das Replicator-Programm des Pentagons. Im Zuge dieser Initiative sollen bis 2025 tausende kleine, unbemannte, autonome Drohnen entwickelt werden, die von Künstlicher Intelligenz profitieren sollen.
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Waffenproduktion hochfahren
Auch Rüstungsunternehmen - insbesondere Start-ups - springen auf den Zug auf. Anduril Industries, das von Oculus-Mitgründer Palmer Luckey ins Leben gerufen wurde, gab kürzlich bekannt, eine "Hyperscale"-Fertigungsanlage bauen zu wollen, in der autonome Waffensysteme wie Drohnen oder autonome Unterwasserfahrzeuge im großen Stil hergestellt werden sollen.
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