Manche PV-Module können elektrisch beheizt werden, um Schnee abzutauen. Der Energieaufwand zahlt sich aber selten aus

Manche PV-Module können elektrisch beheizt werden, um Schnee abzutauen. Der Energieaufwand zahlt sich aber selten aus  

© iStockphoto

Digital Life

Schnee am Modul: Wie PV-Anlagen mit dem Winter klarkommen

Schnee im Advent ist eine super Sache. Bei vielen Menschen steigt dadurch die weihnachtliche Stimmung und Kinder haben einen Riesenspaß beim Rodeln. Die Photovoltaik erlebt währenddessen eine Art Winterschlaf. Verschneite Solarmodule erzeugen wenig bis gar keinen Strom. Selbst wenn sie unbedeckt sind, geht nicht viel. Die Lichtintensität im Dezember ist gering.

Licht kann Schnee durchdringen

„Wenn es sich um lockeren Schnee handelt, kann die Schneedecke 10 bis 15 Zentimeter dick sein und ein PV-Modul erzeugt immer noch Strom“, sagt Hubert Fechner von der Technologieplattform Photovoltaik, die Hersteller und Forschungseinrichtungen vertritt. „Die Module erwärmen sich dann, was meist dazu beiträgt, dass der Schnee runterrutscht.“ Der Selbstreinigungseffekt ist umso größer, je steiler Module montiert sind.

Auf Freiflächen sind PV-Module häufig nach Süden ausgerichtet und haben einen Anstellwinkel von etwa 30 Grad. Je nach Menge und Beschaffenheit kann Schnee darauf schon mal liegen bleiben. Vertikal montierte Module in Ost-West-Ausrichtung haben dieses Problem dagegen so gut wie nie. „Egal ob an Hausfassaden oder auf freier Fläche, etwa bei Agrar-Photovoltaik, im Winter bringt das Vorteile“, sagt Fechner. Steiler montierte Module können die tief stehende Sonne besser nutzen. Die Ost-West-Ausrichtung sei aber auch mit Blick auf das gesamte Energiesystem vorteilhaft. „In Zukunft wird es wichtiger, Photovoltaik zu Randzeiten zu nutzen, also in der Früh und am Abend, wenn der Strombedarf am größten ist.“ 

➤ Mehr lesen: Wiener Projekt zeigt, dass Agrar-Photovoltaik gut funktioniert

Albedoeffekt erhöht Strahlungsleistung

Schnee verringert den Stromertrag von PV-Modulen nicht nur. Liegt er nicht drauf, sondern in der Gegend drum herum, dann steigert er die Lichtintensität. „Heller, frisch gefallener Schnee reflektiert bis zu 80 Prozent des Sonnenlichts, also man erhält fast das Doppelte an Strahlungsleistung“, erklärt Fechner den so genannten Albedoeffekt. Neben Schnee können auch Wasserflächen viel Licht reflektieren. Vertikale Module können den Effekt besser nutzen. 

Unterschiedliche Schneelasten je nach Standort

Wie viel Schneelast PV-Module aushalten müssen, ist in einer ÖNorm geregelt, die erst im vergangenen Jahr überarbeitet wurde. Durch den Klimawandel sind die Schneelasten in fast allen Gebieten gesunken. Module müssen aber immer noch zwischen 40 und 1200 Kilogramm Schnee pro Quadratmeter aushalten, wie Fechner erklärt. "Es gibt Module für unterschiedliche Belastungen. Wieviel ein Modul aushält, wird genau geprüft."

Generell seien PV-Module sehr robust konstruiert. Sie müssen etwa das ganze Jahr über Hagel standhalten. "Bei Hagelkörnern, die so groß sind, dass sie ein Dach zerstören, sind Module auch kaputt, aber auf Dächern sind sie üblicherweise nicht das schwächste Glied in der Kette." Welchen Schneelasten PV-Anlagen an welchem Standort standhalten müssen, das erfährt man in Schneelastkarten, die eine Auflösung von 50 mal 50 Meter haben.

Zusammenspiel von PV und Wind

Während im Winter die Produktion von Solarstrom sinkt, produzieren Windkraftanlagen mehr Strom. Die Windkraft sei deshalb ein idealer Partner für Photovoltaik, sagt Solarenergieexperte Hubert Fechner. Er zieht einen Vergleich zur Schweiz. "Dort gibt es kaum Potenzial für Windenergie und die Akzeptanz von Windkraft ist noch schlechter als in Österreich. Den Umstieg auf erneuerbare Energien muss die Schweiz also über Photovoltaik stemmen." Im Nachbarland werden große PV-Anlagen mit möglichst steiler Aufständerung in die Berge gestellt, um auch im Winter viel Strom zu ernten.

Überkapazitäten gut

Während es in der Schweiz 41 Windkraftanlagen gibt, kommt Österreich auf rund 1.400. Wenn Solar- und Windkraft weiter ausgebaut werden, komme man mit erneuerbaren Energien gut über das Jahr. Wasserkraft, Pumpspeicherkraftwerke und andere Speicher, sowie zukünftig auch Wasserstoff seien aber sehr wichtig, um Produktionslücken zu füllen. Bei PV sei es wichtig, Überkapazitäten zu schaffen, "damit man sogar an Tagen mit schwachem Licht viel Strom produziert". Anlagen im Gebirge könnten deshalb auch in Österreich eine Option sein. Auch auf Hausdächern und Fassaden wird PV massiv ausgebaut. Die Stadt Wien hat angekündigt, ihr Förderprogramm 2024 zu vergrößern.

Schnee wegräumen ist oft sinnlos

Wenn Schnee auf einer PV-Anlage liegt, sind manche Leute vielleicht verleitet, ihn wegzuräumen. „Es ist aber fraglich, ob das auch immer Sinn macht“, sagt Fechner. Wenn man mit Modulen vorsichtig umgehe und sie etwa mit einem weichen Besen mit Teleskopstiel abkehre, sei dagegen nichts einzuwenden. Eis oder Schnee abkratzen oder mit der Schneeschaufel auf Modulen hantieren, sei aber schlecht. „Durch harte Schlagbewegungen kann man Mikrorisse in den Photovoltaikzellen verursachen. Die sieht man nicht, aber sie verringern die Lebensdauer.“

Davon, auf Dächern herumzusteigen, um Schnee zu entfernen, sei auch wegen der Absturzgefahr abzuraten. Systeme, die den Schnee mittels heißem Wasser oder Stromzufuhr und Erwärmung zum Abschmelzen bringen, gebe es, sie seien aber wenig sinnvoll. "Man steckt dann Energie rein, anstatt einfach zu warten, bis der Schnee schmilzt. In den meisten Regionen liegt der Schnee ohnehin nicht lange." Im ganzen Dezember erhalte man auch nur etwa 3 bis 4 Prozent der Strahlungsenergie, die die Sonne innerhalb eines Jahres liefert. „Ob ich die jetzt optimal nutze, indem ich meine PV-Anlage von Schnee befreie oder nicht, ist eine Spitzfindigkeit.“

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

David Kotrba

Ich beschäftige mich großteils mit den Themen Mobilität, Klimawandel, Energie, Raumfahrt und Astronomie. Hie und da geht es aber auch in eine ganz andere Richtung.

mehr lesen
David Kotrba

Kommentare