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Messaging

sms.at: "WhatsApp hinkt der SMS hinterher"

Noch bevor Facebook, Twitter und Co. gegründet wurden, gab es bereits „Social Media“-Plattformen in Österreich. Kurz nach der Jahrtausendwende vernetzten sich tausende Österreicher auf Plattformen wie Uboot.com oder sms.at und nutzten die Dienste, um Gratis-SMS zu verschicken. Doch mit dem Smartphone und dem rasanten Aufstieg der US-Plattformen gerieten diese Namen rasch in Vergessenheit. Was wurde eigentlich aus den heimischen Web-Pionieren? Während Uboot.com nach einer kurzen, aber erfolglosen Rückkehr wieder abtauchte, war sms.at nie wirklich weg.

Immer noch hohe Bekanntheit

Anfang der 2000er-Jahre verzeichnete sms.at seinen Höhepunkt, mehr als zwei Millionen Österreicher nutzten die Plattform monatlich. Facebook und Co. reduzierten die Nutzerbasis von sms.at zwar stetig - zum Ende des Jahrzehnts hatten sich die Zahlen halbiert - doch auch heute zählt man noch 100.000 Nutzer monatlich. „Die Marke sms.at ist für uns Segen und Fluch zugleich“, erklärt Martin Schuster, Head of websms, im Gespräch mit der futurezone.

Websmsist die Business-Marke von sms.at, dasmittlerweile einem Tochterunternehmen der deutschen Beteiligungsgesellschaft Paragon Partners gehört. „Auch 2017 werden wir noch mit dem assoziiert, was wir vor 18 Jahren gestartet haben.“ Die hohe Bekanntheit der Marke - in Befragungen kennen 80 Prozent der Konsumenten sms.at - nutzt man nun, um seine Business-Dienste zu vermarkten. „Wir haben bereits Mitte der 2000er-Jahre erkannt, dass die SMS für Business-Anwendungen einen sehr hohen Stellenwert bekommen kann“, so Schuster.

sms.at weiterhin profitabel

Das Funktionsprinzip ähnelt dabei sms.at: Über ein Web-Tool können Unternehmen gegen eine Gebühr einfach SMS an ihre Kunden verschicken, ähnlich wie beim Newsletter-Dienst Mailchimp. Die Einsatzgebiete sind vielfältig: KMUs (Kleine und Mittlere Unternehmen) wie Zahnärzte oder Auto-Werkstätten erinnern Kunden per SMS an Termine, Banken und Supermärkte bewerben aktuelle Angebote und Versicherungen und Gemeinden verschicken Unwetterwarnungen. Aber auch bei der Zwei-Faktor-Authentifizierung spielt die SMS weiterhin eine wichtige Rolle. So werden Mobile-TANs ebenso wie Bestätigungs-SMS für das Log-In über websms abgewickelt.

Obwohl sms.at im Grunde genommen als „Nebenprojekt“ betrieben wird - die Plattform wird gewartet, neue Funktionen werden aber nicht hinzugefügt - ist es profitabel. Denn kurioserweise wird die reduzierte Oberfläche von sms.at nach wie vor von kleinen Unternehmen, beispielsweise Gasthäusern, genutzt. In Kombination mit der Online-Werbung erziele man so nach wie vor „sehr gute Umsätze und Deckungsbeiträge“ mit der Plattform.

"Lieber 50 Zahnärzte als ein Datenzentrum"

Websms ist auf einem hart umkämpften Markt unterwegs, der Preisdruck ist hoch. Stattdessen versucht man mit Support zu punkten und spricht vor allem kleine und mittlere Betriebe in Deutschland, Österreich und der Schweiz an. „Mir sind 50 Zahnärzte lieber als ein großes Datenzentrum“, sagt Schuster. Seit 2016 ist man auch in Italien aktiv, wobei man die internationale Expansion langsam angehen wolle.

Die Zahlen geben websms vorerst Recht: 100 Millionen verschickte SMS, 3500 Kunden, 6,4 Millionen Euro Jahresumsatz sowie 17 Mitarbeiter in Graz. Jeden Monat kommen „netto 75 bis 80 neue Kunden“ dazu. Neben dem Support könne man im Vergleich zu günstigeren Anbietern vor allem eine „direkte Anbindung zu den Mobilfunkern“ bieten. Andere Anbieter würden oftmals eine SMS über komplizierte Routen oder Tricks verschicken, um den Preis zu drücken. „So kann es sein, dass die Nachricht gar nicht oder verfälscht ankommt.“

Die Kosten werden auch durch ein Online-Vertriebsmodell gesenkt, bei dem man das gute Suchmaschinen-Ranking von sms.at nutzt. „Unser bester Verkäufer ist Google“, erklärt Schuster.

Von SMS zu WhatsApp

Der Trend zu Messenger-Diensten geht aber auch an websms nicht spurlos vorbei. Man wolle sich schrittweise vom SMS- zum „Messaging-Experten“ weiterentwickeln. So können Business-Kunden ab Anfang Mai ihre Kunden auch per WhatsApp erreichen. Schuster sieht den neuen Kanal aber skeptisch: „Als Unternehmen muss ich erst einmal im Telefonbuch meines Kunden eingespeichert werden.“ Wird der Absender nicht erkannt, melden viele Nutzer diese als Spam, was längerfristig zu einer Sperre führen kann.

Gerüchteum ein mögliches „WhatsApp for Business“gibt es bereits seit längerer Zeit, bislang lässt Facebook aber Unternehmen darauf warten. „In diesem Bereich hinkt WhatsApp der SMS noch hinterher.“ Dennoch wolle man diesen Dienst anbieten, da er von den Kunden nachgefragt werde. „Letzten Endes entscheidet der Kunde.“

Die stark rückläufige SMS-Nutzung sieht Schuster als Chance: „Viele sagen mittlerweile: Wenn es wichtig ist, schick eine SMS. Die SMS ist zu einem sehr persönlichen Medium mit hoher Aufmerksamkeit geworden“

Gründer sind ausgestiegen

Vor Chatbots fürchtet er sich nicht. „Das ist ein Hype um etwas, das es schon immer gab.“ So biete man bereits jetzt vordefinierte Antworten für bestimmte Szenarien, beispielsweise Gewinnspiele, an. In Zukunft könnten diese durch Machine Learning und NLP (Natural Language Processing) intelligenter und interaktiver gestaltet werden.

Obwohl von sms.at nur mehr ein Schatten seiner selbst geblieben ist - die Gründerhaben sich bereits 2015 verabschiedetundden Start-up-Inkubator „up to eleven“ gegründet, zu demunter anderem Nuki zählt- wolle der erfolgreiche Business-Ableger des Unternehmens seine Ursprünge nicht verleugnen. „Wir werden die Marke sms.at immer behalten und einsetzen“, verspricht Schuster.

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Michael Leitner

derfleck

Liebt Technik, die Möglichkeiten für mehr bietet - von Android bis zur Z-Achse des 3D-Druckers. Begeistert sich aber auch für Windows Phone, iOS, BlackBerry und Co. Immer auf der Suche nach "the next big thing". Lieblingsthemen: 3D-Druck, Programmieren, Smartphones, Tablets, Open Hardware, Videospiele

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