Symbolbild: Mädchen riecht an Blume

Symbolbild: Mädchen riecht an Blume

© Getty Images / Marc Dufresne/iStockphoto

Digital Life

TikTok-Streit: Warum Amerikaner angeblich besser riechen können als wir

„Amerikaner glauben, sie können riechen, wenn es zu regnen beginnt. Wenn das wahr ist, werdet ihr wohl mit magischen Kräften geboren. Das ist lächerlich. Kann mir bitte jemand sagen, ob das stimmt?“

Mit diesem Video löste der nach Amerika ausgewanderte Brite Harrison Szep eine kleine globale Krise auf TikTok aus. Eigentlich begann alles harmlos. Einer seiner Freunde in den USA sagte: „Es riecht als würde es bald regnen“ – etwas, das Harrison noch nie gehört hatte.

Sein „can you smell the rain in USA”-Video auf TikTok wurde über 3,8 Millionen mal angesehen, bekam über 280.000 Likes und mehr als 80.000 Kommentare. Es folgten etliche Reaktionen anderer TikToker, wie etwa von yvanabee. Ihr Video hat über 6 Millionen Views und 700.000 Likes.

Darin stellt sie eine These auf: Amerikaner riechen mehr als Europäer. Die Nasen seien mehr auf die Umgebungsgerüche getrimmt, wie etwa frisch geschnittenes Gras oder die Gerüchte, die man mit verschiedenen Jahreszeiten verbindet. Sie taufte es „Duftkultur“.

Viele Faktoren bestimmen den Geruchssinn

Wie die BBC schreibt, dürfte diese Theorie so nicht ganz stimmen. Demnach gibt es genügend Europäer, die Regen und frisch geschnittenes Gras riechen können. Französische und britische Chemiker gehörten sogar zu den ersten, die den Geruch von Regen erforschten. Der heißt übrigens Petrichor.

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Allerdings könnte die Riech-Debatte, die auf TikTok in ein „USA versus Europa“ ausartete, doch einen wahren Kern haben. Der individuelle Geruchssinn hat zwar laut Forschern schon mit den Genen zu tun, allerdings sind auch Alter, Geschlecht, Abstammung und kulturelle Hintergründe mitverantwortlich, wie intensiv bzw. welche Gerüche wir wahrnehmen. Eine Kombination der Faktoren könnte Amerikanern tatsächlich eine feinere Nase geben. Das sei zwar möglich, aber eher unwahrscheinlich, so Forscher.

Genetisch bedingte Geruchswahrnehmung

So gibt es etwa einen Geruchsstoff namens Beta-Ionone, der zB. in Veilchen und vielen anderen Pflanzen vorkommt. Etwa die Hälfte der Menschen hat einen genetischen Defekt, bei dem OR5A1 – der Detektor für diesen Stoff in unserer Nase - nicht funktioniert.

Ähnlich könnte es mit Petrichor sein. Trifft der Regen auf trockene Erde, wird Geosmin freigesetzt, das einen erdigen-muffigen Geruch hat. Geosmin ist eine Schlüsselkomponente von Petrichor. Genetische Variation kann bestimmen, wie sehr Menschen erdige Gerüche wahrnehmen.

Es könnte also einen großen DNA-Pool in den USA geben, der eine feinere Nase für Erdtöne hat. Wenn es also irgendwo außerhalb des Sichtbereichs regnet und der Wind jemanden Petrichor zuweht, könnte man riechen, dass es bald auch hier regnen wird – obwohl man in Wirklichkeit nur riecht, dass es irgendwo schon regnet.

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Haben Asiaten die feinste Nase?

Dass die Abstammung beim Geruchssinn mitspielt, versuchte eine Studie aus 2012 zu belegen. Diese fand mit 391 Leuten statt, die in Manhattan, New York, lebten. Die feinste Nase hatten Menschen mit asiatischer Abstammung. Auf Platz 2 waren die überwiegend Weißen, auf Platz 3 Afroamerikaner. Zwar war das Sample mit 391 nicht besonders groß, die Unterschiede im Geruchssinn blieben aber auch bestehen, wenn Geschlecht, Alter, Raucher/Nichtraucher und Körpertyp als Faktoren einberechnet wurden.

Eine echte wissenschaftliche „USA versus Europa“-Riechstudie hat es bisher noch nicht gegeben. Dazu seien auch die bestehenden Geruchstests noch nicht universell genug, weil eben Wohnort und kultureller Hintergrund beeinflussen, wie deutlich wir etwas riechen.

Schlussendlich sei nicht belegbar, dass Amerikaner besser riechen können, auch wenn es auf TikTok so scheint. Es gibt nur einfach mehr Amerikaner auf der Plattform, die sich lauter, häufiger und heftiger zu dem Thema äußern. 

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