US Navy: Futuristischer Stealth-Fighter F/A-XX wird bald gebaut
Das Rennen um einen Kampfjet der 6. Generation verläuft in den USA eher holprig. Explodierende Kosten führten etwa dazu, dass die Air Force das Projekt NGAD offenbar auf Eis gelegt hat.
Die Navy hingegen hält an ihrem Kampfjet der Zukunft mit der Bezeichnung F/A-XX fest, wie nun bestätigt wurde. Die Seestreitkräfte erwarten, dass ein entsprechender Auftrag an den Hersteller demnächst vergeben wird und rechnen mit einer Indienststellung in den 2030er-Jahren.
Dass die Navy jetzt so zuversichtlich ist, ist fast überraschend. Im Juli wurde nämlich bekannt, dass der US-Senat 90 Prozent weniger Geld für die Entwicklung der F/A-XX zur Verfügung stellen will als die Navy gefordert hat.
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Ablöse für F/A-18 und F-35C
Es sieht nun also doch so aus, dass F/A-XX nun wie geplant die F/A-18 und EA-18G ablösen soll. Später könnte auch der Stealth-Fighter F-35C ersetzt werden.
„Wir erwarten, dass diese Plattform der 6. Generation über fortschrittliche Sensoren, mehr Schlagkraft, erweiterte Reichweite und die Fähigkeit verfügt, bemannte und unbemannte Einheiten miteinander zu kombinieren“, erklärte Admiral Lisa Franchetti, Chief of Naval Operations. Sie sprach mit Medienvertretern bei einer Rüstungsveranstaltung, die vor Kurzem stattgefunden hat, berichtet Air & Space Forces Magazine.
Jets der 6. Generation
Zu den noch lose definierten Fähigkeiten eines Gen-6-Fliegers gehören:
- Tarnkappeneigenschaften und interner Waffenschacht
- Für Luftkämpfe und Bodenangriffe geeignet
- Geeignet für elektronische Kriegsführung
- Erweiterte Datenübertragungsfähigkeiten für das vernetzte Schlachtfeld und Datenübertragung direkt zu Satelliten
- Kann optional ferngesteuert und mindestens teilautonom mittels KI agieren
- Helm-Display ist mit Außenkameras verbunden, damit der Pilot „durch das Flugzeug“ durchschauen kann und so eine 360-Grad-Rundumsicht hat
- Adaptives Triebwerk
- Erweiterte Gegenmaßnahmen, wie Jammer, Infrarot-Blender und optional Energiewaffen – etwa um anfliegende Raketen per Laser zu zerstören
Franchetti wurde gefragt, ob die F/A-XX gestrichen wird, falls die Air Force wirklich ihr NGAD-Programm einstellt. Die Antwort: Dies sei "kein Showstopper für F/A-XX". Es sei aber grundsätzlich wichtig, Pläne aufeinander abzustimmen.
Für Rüstungsanalysten ist denkbar, dass jetzt Air Force und Navy gemeinsam einen 6th-Generation-Jet entwickeln könnten, bei dem die Navy die Projekthoheit übernimmt. Als Beispiel könnte hierfür die F-35 dienen. Die war allerdings von Anfang an dafür ausgelegt, bei mehreren Teilstreitkräften der USA eingesetzt zu werden. Die Air Force bekam die F-35A, die Marines die senkrechtstartende F-35B und die Navy die abgeänderte F-35C, die von Flugzeugträgern aus startet.
Die Weichen für die Zusammenarbeit wurden jedenfalls schon Jahre zuvor gestellt. Die Navy ist bereits an NGAP der Air Force beteiligt. Dabei handelt es sich um ein adaptives Triebwerk, das für NGAD, höchstwahrscheinlich die F/A-XX und möglicherweise auch neue Marschflugkörper genutzt werden könnte.
Rennen der Hersteller
Anfang 2023 wurde bekannt, dass F/A-XX mindestens 9 Milliarden Dollar verschlucken würde. Um den Auftrag rittern mehrere Unternehmen. Entschieden wird zwischen Boeing, Lockheed Martin und Northrop Grumman.
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Laut Franchetti befinde sich die Navy aktuell im Entscheidungsprozess. Man werde "bald" entschieden haben, welcher Hersteller den Auftrag für die F/A-XX bekommt. Danach beginnt die Bau- und Testphase.
Rüstungsexperten halten es für ambitioniert, dass der neue High-Tech-Jet schon in den 2030er-Jahren in Dienst gestellt werden soll, so wie die US Navy sich das wünscht. Das Programm für die F-35 startete etwa schon im Jahr 1993 unter dem Begriff Joint Strike Fighter (JSF). Die Lockheed Martin X-35 entschied 2001 die Ausschreibung für sich. Die erste F-35 wurde 2015 in Dienst gestellt.
Smarte Haut für F/A-XX
Der Kampfjet der 6. Generation sollte den ursprünglichen Plänen zufolge mit modernster Technik ausgestattet sein. Das beginnt bereits an der Außenhülle. Sensoren sollen nicht außen montiert, sondern schon Teil der “smarten Haut” des Jets sein.
Das soll unter anderem für eine bessere Aerodynamik und bessere Flugeigenschaften sorgen. Gleichzeitig soll dadurch die Radarsignatur verringert und so die Stealth-Fähigkeit gesteigert werden.
Der Jet soll mit modernsten Computer- und Kommunikationssystemen ausgestattet sein und mit Satelliten und anderen Jets in Echtzeit Informationen austauschen können.
Neue Waffen und autonomes Fliegen
F/A-XX soll nicht nur mit Raketen und konventionellen Waffen ausgestattet werden können. Auch Energie- und Laserwaffen sind denkbar. Zudem sind Fähigkeiten zur elektronischen Kriegsführung vorgesehen. Diese Aufgabe übernimmt bei der Navy derzeit die Boeing EA-18G Growler, eine Variante der F/A-18.
Ebenfalls wird daran gearbeitet, dass der Jet der 6. Generation nicht zwingend von einem Piloten gelenkt werden muss, sondern vollständig autonom fliegen kann. Außerdem soll der Jet eng mit KI-gesteuerten Wingman-Drohnen zusammenarbeiten können. Passende Stealth-Drohnen könnten im Rahmen des F/A-XX-Programms gleich beim Gewinner der Ausschreibung dazubestellt werden.
Air Force will billigere Drohnen statt teuren Kampfjets
Bei der Air Force gab es zuletzt Andeutungen, dass man anstelle eines bemannten Kampfjets der 6. Generation lieber komplett unbemannte moderne Fluggeräte entwickeln möchte. Bei den bemannten Jets könnte man weiter auf die F-22 setzen, die eigentlich von NGAD abgelöst hätte werden sollen.
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Als Grund dafür wurde genannt, dass sich die technologischen Möglichkeiten hinsichtlich autonom fliegender Drohnen viel schneller weiterentwickelt haben, als man das bei der Konzeptionierung von NGAD erwartet hatte. Das könnte dazu führen, dass man die Entwicklung eines “klassischen” Kampfjets auslässt und gleich auf die nächste Stufe springt.
Die Air Force könnte die Entscheidung wohl nicht zuletzt deswegen getroffen haben, weil man sich zunehmend schwer tut, Pilotinnen und Piloten zu finden. So war es eigentlich das Ziel 2023 1.470 neue Piloten auszubilden. Geworden sind es 1.350, wie aus diesem Bericht hervorgeht. Seit Jahren fehlen der Air Force rund 2.000 Piloten.
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