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Mario Strikers im Test: Wo ist der Rest des Spiels?

Die Hyperschüsse werden im Cel-Shading-Look dargestellt - eine nette Anspielung an Sportmangas und -animes.

Mario tauscht wieder seine Latzhosen gegen das Fußballtrikot. Wie auch bei seinen anderen Ausflügen in die Sportwelt, ist bei „Mario Strikers: Battle League Football“ (Switch, 60 Euro) flotte Action statt Simulation angesagt.

Gespielt wird eine Art extreme Version von Streetsoccer. 5 gegen 5 treten auf einem kleinen Platz ohne Aus an, für 4 Minuten ohne Seitenwechsel. Fouls, gelbe Karten, Auswechslungen oder ähnlichen Schnickschnack gibt es nicht. Die einzige Unterbrechung ist der Anstoß, nachdem ein Tor gefallen ist.

Komplex mit Frustpotenzial

Mario Strikers folgt dabei der typischen Formel für die Mario-Sportspiele: Am Anfang wirkt es einfach. Um aber alle Finessen zu meistern, wird man einiges an Übung brauchen. Im Tutorial wird das schnell klar. Zu einfachen Pässen kommt Steilpässe in die Tiefe hinzu, bei denen man mit einem Fadenkreuz zielen muss. Schießen kann man normal, mit A kurz drücken und präzise zielen. Außerdem sollte der Schuss perfektes Timing haben, indem man zum richtigen Zeitpunkt drückt bzw. loslässt – das gilt auch für Volley, Schnellpassspiel, Tackles und Ausweichmanöver.

Das hat Frustpotenzial. Spielt man gegen eine menschliche Spieler*in, macht es für beide nur Spaß, wenn man in etwa den selben Wissensstand hat und ähnlich gut bei Mario Strikers ist. Hat eine Person die Techniken und Tricks besser drauf, wird der anderen schnell die Lust vergehen. Das macht es nicht gerade einfach, wenn man Casual-Spieler zu einer Runde Mario Strikers überreden will.

Das ausgleichende Chaos

Interessanter wird es, wenn man zu mehrt spielt. Bis zu 8 Spieler sind lokal und online möglich, der Torwart ist immer KI gesteuert. Selbst wenn eine besonders gute Spieler*in dabei ist, ist dann die Chance hoch, dass das Chaos am Platz kompensiert.

Denn zum rasanten Gameplay voller Tackles kommen noch, wie bei Mario-Games üblich, die Gegenstände hinzu. Schildkrötenpanzer, Bomben und Bananen fliegen durch die Gegend, Pilz und Stern geben kurzzeitig Vorteile. Dazu kommt, dass die Fragezeichenblöcke, die die Gegenstände enthalten, manchmal nur von einem Team aufgenommen werden können. Tackelt man etwa einen Gegner hart, der nicht mal den Ball hat (völlig legitim bei Mario Strikers), bekommt dessen Team zum Ausgleich einen Fragezeichenblock.

Ein weiterer Faktor sind die Hyperschüsse. Sammelt ein Team den Hyperschuss auf, hat es ein paar Sekunden Zeit, diesen zu nutzen. Trifft man damit, zählt das für 2 Punkte – was bei einer knappen Partie für eine plötzliche Wende sorgen kann. Unentschieden gibt es übrigens nicht: Nach Ablauf der Zeit gilt die Golden-Goal-Regel.

Zu wenig von allem

Was viel Spaß für Mehrspieler ist, ist ziemlich ernüchternd im Einzelspieler-Modus. Es gibt ein paar Turniere, ähnlich wie bei Mario Kart, und Freundschaftsspiele. Es gibt noch einen Liga-ähnlichen Online-Modus, der zum Zeitpunkt des Tests noch nicht freigeschaltet war. Wer solo und offline spielen möchte, hat davon nichts.

Es gibt keine Mini-Games, keinen Story-Modus und keine lustigen modifizierten Turnierregeln, wie etwa Eisböden, spielen in Unterzahl oder ähnliche Modifikatoren, die für Abwechslung sorgen könnten. Es gibt auch nur 10 Charaktere, was sehr dürftig ist. Sogar bei Mario Tennis Aces gab es von Beginn an 16 Charaktere, ebenso bei Mario Kart 8 (weitere waren freischaltbar). Im Mario-Striker-Roster sind auch nur 2 weibliche Charaktere – man kann also nicht einmal ein Frauenteam zusammenstellen.

Die Ausrüstung soll es retten

Für mehr Tiefe soll die Ausrüstung sorgen. Diese wird mit den Münzen gekauft, die es als Preis für gewonnene Turniere gibt. Jeder Charakter kann mit 4 Ausrüstungsgegenständen modifiziert werden, die jeweils 2 Parameter um 2 Punkte ändern. Der „Muskelhelm“ gibt etwa +2 Kraft und -2 Technik, die „Turboweste“ +2 Tempo und -2 Passen.

So lassen sich die Charaktere an den eigenen Stil anpassen. Man kann sich etwa eine superschnelle Verteidigerin basteln oder einen Stürmer mit einen Bombenschuss, der dafür eine Passniete ist. Damit das nicht zu einem großen Vorteil für erfahrene Spieler*innen wird, können die Partien auch ohne Ausrüstung gespielt werden.

Anfängerfehler

Wenn vergleichsweise wenig Content da ist, sollte der Rest zumindest passen. Doch hier gibt es einige Anfängerfehler, die an Fußballvideospiele in den 90er-Jahren erinnern. Das Wechseln der Charaktere am Feld ist frustrierend, weil man oft nicht den bekommt, den man haben will. Anscheinend versucht Mario Strikers immer zum Charakter zu wechseln, der dem aktuell ausgewählten am nächsten ist, anstatt zu dem, der dem Ball am nächsten ist – was in Verteidigungssituationen wertvolle Sekunden kostet.

Die KI-gesteuerten Charaktere sind sehr passiv. Es ist schon ok, dass sie nicht für einen selbst spielen. Aber zu einem Abpraller laufen muss schon drin sein. Auch freilaufen oder in Richtung des Passes in die Tiefe laufen scheitert öfters, als es funktioniert. Im Einzelspieler-Modus ist es deshalb einfacher, mit einem schussstarken Charakter geladene Distanzschüsse zu machen, als sich darauf zu verlassen, dass die KI-Kameraden sinnvoll im Angriff agieren.

Dass man sich nicht genug Gedanken gemacht hat, zeigen auch die wenigen, wählbaren Trikotfarben. Eine davon ist hellgrün. Dementsprechend schlecht sind die Charaktere damit am Rasen zu sehen. Bei Team Hellgrün gegen Gelb wird es noch schwieriger. Wenn dann im Gegnerteam auch noch dieselben Charaktere spielen wie im eigenen, wird es noch unübersichtlicher. Wer positiv denken will, kann vermuten, dass das absichtlich so gemacht wurde, um den Chaos-Faktor zu erhöhen. Tatsächlich ist es einfach nur nervig, wenn man nur Bruchteile einer Sekunde zum Überlegen hat, zu welchem Mitspieler man passen will und nicht erkennt, ob die Rosalina rechts unten zum eigenen oder gegnerischen Team gehört. Spielt man nicht im TV-Modus, sondern am Switch-Display, wird das noch schlimmer.

Fazit

Es wirkt als wollte Nintendo ein Game für E-Sports machen. Es sieht vermeintlich einfach aus, aber hat viele Optionen, um es zu meistern – und aus Zuschauer*innensicht geht immer die Post ab. Das erfüllt Mario Strikers mit Bravour.

Wer aber nur Gamer und kein E-Sportler ist, fragt sich, wo der Rest des Spiels ist, für das man 60 Euro ausgegeben hat: Nur 10 Charaktere, ein fast lächerlich simpler Turniermodus, keine Mini-Games, keine lustigen Modifikatoren. Als Partyspiel ist es ok, solange man entweder möglichst viele Spieler*innen dabei hat oder alle auf einem ähnlichen Niveau spielen – sonst ist die Freude an der Kickerei schnell raus.

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Gregor Gruber

Testet am liebsten Videospiele und Hardware, vom Kopfhörer über Smartphones und Kameras bis zum 8K-TV.

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Gregor Gruber

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