COVID-Impfung: Angst ist ok – aber unnötig
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Jeder Mensch fürchtet sich vor anderen Dingen. Der eine hat Angst vor Flugreisen, der andere wechselt die Straßenseite, wenn er einen Hund sieht. Nicht alle unsere Ängste sind logisch und rational, aber das ist in Ordnung. Wir alle haben auch das Recht, in bestimmten Bereichen übervorsichtig zu sein.
Das gilt auch für die COVID-Impfung. Man sollte niemanden kritisieren, der aus purer Vorsicht einfach mal abwarten wollte. Aber nun sind über zwei Milliarden Menschen weltweit geimpft, und die Impfung hat sich eindeutig bewährt. Der Punkt ist erreicht, an dem man sagen kann: Jetzt gibt es auch bei größter Vorsicht keinen Grund mehr, auf die Impfung zu verzichten.
Nebenwirkungen und Langzeitfolgen
Anfangs wurde viel über kurzfristige Impfreaktionen diskutiert. Kann es durch die Impfung vielleicht zu gefährlichen Sinusvenenthrombosen kommen? Heute wissen wir: Die Gefahr solcher Thrombosen wird durch die Impfung nicht erhöht, sondern sogar gesenkt. Sie werden nämlich viel eher von einer COVID-19-Infektion ausgelöst als von einer Impfung – ganz abgesehen von den vielen anderen Gefahren, die eine COVID-19-Infektion mit sich bringt. Die Impfung ist äußerst sicher, das Impfrisiko ist viel kleiner als das Gesundheitsrisiko, das man in Kauf nimmt, wenn man auf die Impfung verzichtet.
Aber kann es vielleicht sein, dass die Impfung Langzeitfolgen hat, die bisher einfach noch nicht entdeckt wurden? Auch hier kann Entwarnung gegeben werden. Unterschiedliche körperliche Vorgänge laufen auf unterschiedlichen Zeitskalen ab. Rauchen etwa kann die Lunge langfristig schädigen. Wer zu wenig Kalzium aufnimmt, neigt Jahre später vielleicht zu Osteoporose. Was bei einer Impfung passiert, läuft hingegen auf sehr kurzer Zeitskala ab. Die mRNA, die in unsere Zellen gelangt, wird rasch wieder abgebaut. Das Immunsystem reagiert innerhalb von Tagen. Daher treten auch Nebenwirkungen, falls es welche gibt, innerhalb von Tagen oder Wochen auf.
Wie ist es dann aber möglich, dass bei anderen Impfungen bestimmte Nebenwirkungen erst nach längerer Zeit entdeckt wurden? Oft wird in diesem Zusammenhang auf den Influenza-Impfstoff Pandemrix verwiesen, der in seltenen Fällen Narkolepsie ausgelöst hat. Da hat es doch auch eine Weile gedauert, bis der Zusammenhang entdeckt wurde!
Doch das ist ein simples Missverständnis. Wenn man für den Nachweis einer Impfnebenwirkung manchmal Langzeitstudien benötigt, dann liegt das nicht daran, dass die Nebenwirkung lange Zeit im Verborgenen bleibt, sondern bloß daran, dass es längere Zeit dauert, bis man ausreichend viele Personen geimpft hat. Je seltener die Nebenwirkung, die man aufspüren will, umso mehr Testpersonen braucht man, und umso mehr Zeit vergeht, bis man ausreichend viele Daten gesammelt hat. Die Narkolepsie-Fälle traten meist innerhalb einiger Wochen nach der Impfung auf. Es dauerte nur ziemlich lange, zu einem zuverlässigen Studienergebnis zu kommen, weil diese Fälle so selten waren.
Dieses Problem hat man bei den COVID-Impfungen nicht. Schon die abschließenden klinischen Studien wurden mit zehntausenden Testpersonen durchgeführt. Und in den vergangenen Monaten wurden so viele Leute geimpft, dass man selbst sehr seltene Auswirkungen statistisch zuverlässig aufspüren kann. Es gibt also keinen Grund zur Sorge.
Der Contergan-Skandal
Oft wird auch auf den Contergan-Skandal verwiesen: In den 1960er Jahren führte ein Schlaf- und Beruhigungsmittel, das Schwangeren verschrieben wurde, in manchen Fällen zu Missbildungen bei Kindern. Doch Contergan kann man nicht mit der COVID-Impfung vergleichen. Contergan ist kein Impfstoff, sondern es wurde über längere Zeiträume eingenommen. Welche chemischen Folgewirkungen das im Körper haben kann, ist schwer zu sagen – wie Impfungen funktionieren, weiß man hingegen auf molekularer Ebene sehr genau.
Die Arzneimitteltests waren aus heutiger Sicht damals zu lasch. Trotzdem verweigerte schon damals die US-amerikanische FDA die Zulassung des Medikaments. Es ist also falsch, wenn heute behauptet wird, dass Contergan damals allgemein für völlig unbedenklich gehalten wurde. Nach dem Skandal wurden die Regeln verschärft. Die COVID-Impfstoffe wurden nach den heutigen, viel strengeren Regeln zugelassen.
COVID-19 und Kinderwunsch
Gerade unter jungen Frauen ist immer noch die Angst verbreitet, COVID-Impfungen könnten unfruchtbar machen. Das ist falsch. Man weiß aber, wie dieses irreführende Gerücht entstanden ist: Die Impfung trainiert das Immunsystem darauf, ein bestimmtes Protein des Corona-Virus zu erkennen. Behauptet wurde, dass dieses Protein Ähnlichkeiten mit einem anderen Protein habe, das für die Schwangerschaft wichtig ist. Wird also möglicherweise der Körper durch die Impfung darauf trainiert, nicht nur Coronaviren zu attackieren, sondern auch Schwangerschaften zu verhindern?
Nein. Eine nähere Betrachtung zeigt: Die Ähnlichkeit zwischen diesen beiden Proteinen ist nicht größer als die Ähnlichkeit zwischen anderen Proteinen. Unser Immunsystem kann problemlos zwischen ihnen unterscheiden. Inzwischen gibt es selbstverständlich viele Frauen, die nach der COVID-Impfung problemlos schwanger geworden sind. Das Unfruchtbarkeits-Gerücht ist widerlegt. Und selbst wenn es stimmen würde: Die Coronaviren bringen dieselben Proteine in den Körper. Würde also die Impfung die Fruchtbarkeit beeinträchtigen, würde eine COVID-19-Infektion das erst recht tun.
Alles andere als ein Experiment
Es gibt nicht viel Positives, was man über eine globale Pandemie sagen kann. Aber einen Vorteil hat es, wenn eine Krankheit den ganzen Globus erfasst: Überall auf der Welt wird daran geforscht. Es gibt unzählige Studien, gewaltige Datenmengen, riesige Zahlen an bereits geimpften Personen. Es handelt sich hier nicht um einen experimentellen medizinischen Eingriff, sondern um das Gegenteil davon: Um eine extrem gut erforschte Impfung.
Es ist absolut in Ordnung, wenn man anfangs noch vorsichtig war und lieber abwarten wollte. Aber nun sind die Daten da, nun kennen wir die Studien, nun haben wir die Ergebnisse. Und es gibt keinen Grund zur Sorge. Allerspätestens jetzt ist es Zeit, sich impfen zu lassen.
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