Grüner Pass am Handy: "Da wäre mehr gegangen"
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Digitalisierungsprojekte haben in Österreich selten einen guten Ruf. Das Desaster des misslungenen Kaufhaus Österreichs hallt noch nach, nun wurde der Grüne Pass umgesetzt – mit einiger Verzögerung und als einfaches PDF-Dokument zum Ausdrucken. Das funktioniert zwar inzwischen für Getestete, Genesene und Geimpfte, entspricht aber nicht ganz dem versprochenen digitalen Nachweis, von dem vor einigen Monaten die Rede war.
Statt einer App lädt man ein Dokument herunter, das umständlich über das Smartphone angezeigt oder ausgedruckt wird. Das funktioniert zudem nur, wenn die Plattform gesundheit.gv.at erreichbar ist. Ein Tag nachdem die Impfnachweise hinzugefügt wurden, brach die Handysignatur, die zum sicheren Anmelden auf dem Portal benötigt wird, unter dem Ansturm auf den Grünen Pass zusammen und war zeitweise nicht nutzbar. Auch wenn das Problem nach ein paar Stunden behoben wurde – sehr überzeugend ist der Auftritt in Sachen Digitalisierung nicht.
Doch warum passiert das immer wieder? "Solche Projekte haben einen enormen Erfolgsdruck. Da verkündet jemand, dass etwas zu einem bestimmten Tag fertig ist und funktioniert. Dann ist der Druck da, dass das auch geliefert werden muss", sagt Christian Büll, Studiengangleiter für IT Infrastruktur-Management an der FH Burgenland der futurezone.
Gebrochene Versprechen
Dann sei vor allem Erwartungsmanagement gefragt: Verschiebt man das Projekt nach hinten oder veröffentlicht man es, obwohl es nicht den Versprechungen entspricht? "Beim Grünen Pass hat man eine Lose-Lose-Situation. Er wurde verschoben und bleibt hinter den Erwartungen zurück. Da wäre sicher ein bisschen mehr gegangen". Ein Beispiel dafür gibt es in Deutschland, wo der QR-Code über die App "CovPass" des Robert-Koch-Instituts abrufbar ist.
Der österreichische Entwickler Fabian Pimminger hat zudem in wenigen Stunden eine Webanwendung geschaffen, die das PDF-Dokument in Brieftaschen-Apps am Handy verfügbar macht. Das Gesundheitsministerium argumentiert gegenüber futurezone, der QR-Code des Dokuments sei auf allen Geräten aufrufbar, weshalb man sich für diese "einfache Form der Darstellung" entschieden habe. Die Funktionalität soll aber in der Impfpass-App der ELGA integriert werden, die derzeit in Arbeit ist.
Fehlende Fachleute
"Mit solchen Projekten ist ein hoher finanzieller Aufwand verbunden, es müssen verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden. Da diskutieren oft Menschen auf einem hohen abstrakten Level und starten dann ein Projekt, ohne Fachleute zu wichtigen Terminen hinzuzuziehen," sagt Büll. Ein Problem ist, dass die Impfdaten vom Dachverband für Sozialversicherungen verwaltet werden und über das Bundesrechenzentrum für den Grünen Pass verfügbar gemacht werden. Die Nachricht rief Datenschützer*innen auf den Plan, denn ursprünglich hätte eine Vielzahl an sensiblen Daten miteinander verknüpft werden sollen. "Ich bin sicher, hätte man Datenschützer rechtzeitig eingebunden, wäre man früher darauf gekommen, dass das diese Umsetzung keine gute Idee ist", sagt Büll.
Dass sich der Grüne Pass in zwei Monaten nicht umsetzen ließ, überrascht wenig. "Man darf bei solchen Projekten nicht erwarten, dass man links überholt und schneller ist als alle anderen." Dass sich diese Misere bei digitalen Projekten in Österreich zu wiederholen scheint, sei ein allgemeines Phänomen. In der Wirtschaft könne man sich eine Verzögerung mit hohen Mehrkosten nicht erlauben, bei öffentlichen Projekten ziehe das selten Konsequenzen nach sich.
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