AWOL LTV-3500 Pro im Test: Kann der superhelle Beamer einen TV ersetzen?
Ultrakurzdistanzprojektoren (Ultra Short Throw Projectors Projectors, UST) haben sich in den vergangenen Jahren eine kleine, aber stetig wachsende Fangemeinschaft aufgebaut. Die auch als Laser TV vermarkteten Geräte funktionieren grundlegend anders, als man es von früheren Beamern gewohnt ist. Sie stehen sehr knapp an der Projektionsfläche und werfen das Bild mithilfe eines Lasers auf die (Lein-)wand. Mit einem Abstand von lediglich 25 Zentimetern zur Wand wird etwa ein 100 Zoll großes Bild projiziert.
Das Funktionsprinzip hat den Vorteil, dass man das Wohnzimmer oder den Heimkinoraum nicht grundlegend umbauen muss, wenn man das gewöhnliche TV-Gerät durch den Beamer ersetzen möchte. Im Grunde kann man den Beamer an genau die Stelle stellen, wo sich der Fernseher befindet, sofern dahinter eine Wand ist, an der man eine Leinwand montieren kann.
Vorweg: Ziel dieses Tests war es nicht, per Messungen die Herstellerangaben im Hinblick auf Helligkeit und Farbtreue zu kontrollieren. Vielmehr soll ein subjektiver Eindruck vermittelt werden. Auch sei darauf hingewiesen, dass die Fotos im Artikel nur eingeschränkt wiedergeben, wie das Bild in der Praxis aussieht. Ich wollte dennoch nicht darauf verzichten, um meine Eindrücke besser vermitteln zu können.
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Pro und Contra
Pro
- Extrem helles Bild
- Lebendige Farben
- SmartTV-Lösung mit externem Stick
Contra
- Kein Tuner
- Teuer
LTV-3500 Pro im Test
Eine Marke, die sich hier in den vergangenen Jahren im UST-Segment einen Namen gemacht hat, ist AWOL. Das erst 2020 gegründete Unternehmen hat bereits mehrere Laser TVs auf den Markt gebracht. Das aktuelle Spitzenmodell ist der LTV-3500 Pro. Er will mit einem besonders hellen Bild sowie einer 3D-Funktion punkten. Ein bis zu 150 Zoll großes Bild lässt sich mit ihm auf die Leinwand projizieren. Ich habe ihn getestet.
Beim Auspacken fällt auf, dass der Beamer alles andere als kompakt ist. Mit 599 x 353 x 145 mm und einem Gewicht von 10,8 Kilogramm trägt er ordentlich dick auf. Das Gehäuse trägt mit seinen abgerundeten Formen ebenfalls zu diesem Eindruck bei. Minimalistisch und dezent ist jedenfalls anders.
Das Einrichten eines UST-Beamers kann ein wenig ein Geduldsspiel sein. Aufgrund der kurzen Entfernung zur Leinwand haben schon kleinste Veränderungen der Position das Potenzial, das projizierte Bild massiv zu verzerren. Auch kann man die Standfüße des Projektors weiter hinaus- bzw. hineindrehen, um das Bild anzupassen.
Wenn man durch Ändern der Projektor-Position das Bestmögliche getan hat, kann man das Bild noch softwareseitig durch 8-Punkt-Keystone-Korrektur perfektionieren. Auch die Schärfe kann man auf diese Art und Weise nachbessern. Das AWOL-Gerät macht bei diesem gesamten Prozess keinerlei Schwierigkeiten. Wenn man sich für das Einrichten ein paar Momente Ruhe gönnt, kann man den Beamer in rund 30 Minuten perfekt einstellen.
Benutzeroberfläche
In Sachen Software geht AWOL einen vielleicht etwas kuriosen Weg. Man verzichtet fast komplett auf eine Smart-TV-Oberfläche. Zwar werden grundlegende Features, wie das Spiegeln des Smartphone-Bildschirms und das Abspielen von lokalen Files ermöglicht, das war es aber dann auch schon. Streaming-Apps wie Netflix, YouTube oder dergleichen fehlen. Ein WLAN- sowie ein Ethernet-Adapter sind aber integriert. Darüber lassen sich auch Firmware-Updates installieren.
Für umfangreichere SmartTV-Funktionen legt AWOL einen Amazon Fire TV Stick in der 4K Max Variante bei. Für jenen gibt es auf der Rückseite ein Fach inklusive USB-Port für die Stromversorgung. Will man lieber einen anderen Streaming-Stick verwenden (wie ich als Chromecast-Nutzer), tauscht man den Stick einfach aus.
6 Bilder
Diese simple Lösung hat Vorteile. So kann AWOL die Benutzeroberfläche, über die man sämtliche Bild- und Tonstellungen tätigt, sehr simpel und dadurch schnell halten. Als Nutzer kann ich irgendwann in Zukunft außerdem auf eine neue Version des FireTV-Sticks oder überhaupt auf einen ganz anderen Stick umsteigen, wenn ich das möchte. Bei Smart-TVs ist man fast immer an das System des Herstellers gebunden und muss hoffen, dass dieser das Betriebssystem auch regelmäßig aktualisiert.
Abgesehen von dem Fach für den Streaming-Stick verfügt der Projektor über 2 weitere HDMI-Anschlüsse, einen Composite-Eingang sowie 2 USB-Ports. Ebenfalls integriert sind LAN und ein optischer Audio-Out (S/PDIF). Mit an Bord ist auch Bluetooth, über das man etwa Kopfhörer direkt mit dem Projektor verbinden kann. Im Test funktionierte das tadellos.
Verzichten muss man beim Beamer auf TV-Tuner und Antennenanschlüsse. Will man linear fernsehen, braucht es einen zusätzlichen Receiver, der diese Signale verarbeitet. Hierzulande ist das Bereitstellen eines solchen Gerätes aber ohnehin bei den meisten TV-Anbietern Standard.
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Helligkeit
Ein Nachteil an Beamern war seit jeher, dass sie in hellen Räumen eine schlechte Figur machen. Egal ob bei Tages- oder Kunstlicht, man ist es gewohnt, dass das Bild dadurch verwaschen und unschön wird. Bei Laser TVs ist dieses Problem aber weit weniger dramatisch.
Ein Grund dafür ist, dass sie viel näher an der Fläche stehen, auf die sie projizieren. Dadurch erreicht mehr Licht die Leinwand, störendes Umgebungslicht wird überstrahlt. Zudem werden diese Beamer in der Regel mit speziellen Leinwänden betrieben, die nur das Licht des Projektors und nicht das Umgebungslicht reflektieren.
Motorisierte ALR-Leinwand
ALR steht für Ambient Light Rejection. Diese Leinwände sind für den Betrieb mit Ultra-Kurzdistanz-Beamern ausgelegt. Daher reflektiert sie tatsächlich nur das Licht, das von unten auf sie geworfen wird. Umgebungslicht soll sie – theoretisch – weitestgehend schlucken. Die grauen Leinwände bieten in der Praxis im Vergleich zu konventionellen Leinwänden bzw. weißen Flächen deutlich bessere Kontraste.
AWOL bietet als Zubehör für den Beamer eine motorisierte ALR-Leinwand an, die für den Test ebenfalls zur Verfügung gestellt wurde. Der Gimmick-Faktor eines solchen Screens ist nicht zu bestreiten. In der Praxis macht der Screen seine Arbeit, so wie er soll. Er lässt sich auch direkt mit dem Beamer verbinden. Beim Ein- und Ausschalten wird dann automatisch die Leinwand aus- und wieder eingefahren.
Die AWOL-Leinwand bietet in Sachen Bildqualität ein hervorragendes Ergebnis. Der wahrnehmbare Unterschied zu meinem fix an der Wand montierten deutlich günstigeren Budget-ALR-Screen ist aber in der Praxis vernachlässigbar. Grundsätzlich gilt bei UST-Beamern: ALR ist Pflicht, um das bestmögliche Bild zu erzielen. Der Unterschied zu weißen Wänden oder gewöhnlichen Leinwänden ist hier tatsächlich wie Tag und Nacht.
Beinahe-Hornhautverbrennung
Passend zu seinem Namen hat der LTV-3500 eine maximale Helligkeit von 3.500 ANSI Lumen. Zum Vergleich: Die UST-Projektoren Formovie Theater und Xgimi Aura, die ich ebenfalls getestet habe, weisen 2.400 ANSI Lumen auf.
Den Unterschied merkt man sofort. Wenn man nicht aufpasst auch auf unangenehme Weise, da ich beim Einrichten des Projektors kurz den Laser ins Auge bekommen habe. Tipp: Die Schutzfunktion, die den Laser bei Annäherung an den Projektor automatisch ausschaltet, sollte man lieber nicht deaktivieren.
Nachdem ich mich von der Beinahe-Hornhautverbrennung einigermaßen erholt hatte, konnte ich das helle Bild des Laser TVs wirklich genießen.
Bildqualität und Sound
Die Helligkeit des Projektors ist wirklich beeindruckend. In meinem eher lichtdurchfluteten Wohnzimmer ist es selbst bei Tageslicht möglich, angenehm mit dem Beamer zu schauen, solange keine direkte Sonne auf die Leinwand brennt. Selbiges gilt für Kunstlicht, von dem sich der Beamer noch weniger beirren lässt. Wenn also Partner oder Partnerin auf der Couch mit eingeschaltetem Licht lesen möchten, kann man nebenbei problemlos Serien schauen oder Videospiele zocken.
Abseits der Helligkeit ist die Farbdarstellung des LTV 3500 extrem lebhaft. Leuchtende Rot- Blaut- und Gelbtöne springen einen regelrecht an. In den Einstellungen findet man einige Voreinstellungen für das Bild, neben “Standard” etwa “Vivid”, “Movie”, “Sport” oder “Game”.
Für die perfekte Heimkino-Stimmung lohnt es sich, sich ein wenig mit den Einstellungen zu spielen. Für Serien und Filme im Dunklen bevorzuge ich etwa den Movie-Modus. Der ist zwar nicht ganz so hell und die Farben sind nicht ganz so knallig, aber er erzeugt eine natürliche Kino-Atmosphäre. Für das Sportschauen bei Tageslicht ist der intensive Sport-Modus sehr gut geeignet. Wer sich wirklich tief in die Materie einarbeiten möchte, kann sämtliche Farbwerte einzeln abstimmen.
Der Projektor unterstützt das proprietäre Bildformat Dolby Vision. Wie die meisten anderen UST-Projektoren derzeit arbeitet der verwendete Bildchip von Texas Instruments mit einer nativen Auflösung von 1080p. Erst durch 4-faches Pixel-Shifting kommt man dann effektiv auf die angegebene 4K-UHD-Auflösung von 3840×2160. Anfangs war ich lange Zweifler an dieser Technologie, in der Praxis hat sie mich aber überzeugt. Selbst in unmittelbarer Nähe zum projizierten Bild sind die Inhalte knackscharf und lassen nicht erahnen, dass die Pixel, ganz streng genommen, “erschummelt” sind.
Gaming-Modus
Für Gamer gibt es einen speziellen Gaming Mode sowie einen "Turbo Modus". In jenem soll die für Beamer notorisch hohe Latenz ausgemerzt sein. Für mich als Casual-Gamer, der ab und an eine Partie Fifa oder Madden spielt, reicht das völlig aus. Im Vergleich zu den anderen UST-Projektoren, die ich getestet habe, nehme ich dabei auch tatsächlich eine geringere Latenz wahr. Für ambitionierte Ego-Shooter-Spieler, bei denen es auf jede Millisekunde ankommt, würde ich allerdings weder diesen noch irgendeinen anderen Beamer empfehlen.
Laser-Lebensdauer
Die Lichtquelle ist ein RGB-Laser, dessen Lebensdauer mit über 25.000 Stunden beziffert wird. Das heißt, selbst wenn man den Beamer jeden Tag 5 Stunden laufen hat, kommt man auf eine Betriebsdauer von gut 13 Jahren, bevor die Helligkeit des Lasers altersbedingt nachlässt.
Der integrierte 36-Watt-Stereolautsprecher unterstützt Dolby Atmos und das konkurrierende 3D-Audioformat DTS:X. Damit schlägt der Projektor zwar jeden Flat-TV um Längen, für richtiges Heimkino-Feeling kommt aber nicht um zumindest eine Soundbar inklusive Subwoofer oder ein Surround-System herum.
In Verbindung mit einer Brille mit DLP-Link unterstützt der LTV-3500 auch 3D-Inhalte. Als 3D-Modi werden Frame Packing, Side-by-Side und Top-and-Bottom untersützt. Je nach Ausgangsmaterial muss man in den Einstellungen dafür den richtigen Modus auswählen. Bei 3D-Blurays ist das der qualitativ beste Modus Frame Packing. Damit erreicht man naturgemäß auch das schönste 3D-Bild, das sich bei dem Beamer ebenfalls sehen lassen kann.
Fazit:
Der AWOL Vision LTV-3500 Pro überzeugt mich im Alltag mit einem scharfen, lebendigen und vor allem hellem Bild. Die 3D-Funktion ist ein nettes Gimmick, wäre für mich aber nicht das ausschlaggebende Killer-Feature. Dass keine richtige Smart-TV-Software fix installiert ist, stört mich nicht, im Gegenteil: Das zusätzliche Fach für den FireTV oder Chromecast weiß ich zu schätzen, da ich ohnehin nur diese Systeme nutzen möchte.
Dass die Beamer-Firmware reduziert ist, hat zudem den Vorteil, dass sie sehr leichtgewichtig ist. Das Navigieren durch die Menüs geht schnell und ich mag, dass ich ohne Umwege zu Einstellungen, wie Farbdarstellung oder Bildmodus, komme.
Der LTV-3500 Pro ist der hellste UST-Beamer, den ich bislang getestet habe. Und die Helligkeit merkt man auch in der Praxis. Selbst bei strahlendem Sonnenschein draußen reicht es, den Raum rudimentär abzudunkeln, um auch bei Tageslicht damit schauen zu können und ein gutes Bild zu haben.
Kunstlicht am Abend stört den Beamer gar nicht. Für das perfekte Kino- oder Fernseherlebnis gilt aber auch hier: Je dunkler es im Raum ist, desto besser und schöner ist das Bild.
Kann der ultrahelle AWOL Vision LTV-3500 Pro mein TV-Gerät ersetzen?
Wer nicht gerade in hell erleuchtenden Räumen damit schauen will, für den ist der LTV-3500 definitiv ein möglicher Ersatz für das klassische Fernsehgerät. Aber: Man benötigt unbedingt eine spezielle ALR-Leinwand. Zwar ist das Bild auch auf einer weißen Wand oder einer gewöhnlichen Leinwand im dunklen Raum einigermaßen okay. Wer aber so viel Geld für einen Beamer ausgibt, sollte keineswegs auf einen ALR-Screen verzichten. Es muss dabei nicht die teure motorisierte Leinwand von AWOL sein, selbst günstige ALR-Screens liefern ein passables Bild, das jede Standard-Leinwand um Längen schlägt.
In Verbindung mit einer ALR-Leinwand ist ein Laser TV für mich unterm Strich besser als ein Riesen-TV. Mein Hauptgrund dafür ist die Optik einer Leinwandprojektion. Vielleicht ist es rational nicht ganz erklärbar, aber das projizierte Bild erzeugt für mich eine Filmschau-Atmosphäre, die mit einem LCD- noch OLED-Panel nicht nachstellbar ist. Freilich, für Gamer ist das kein Faktor, aber denen würde ich grundsätzlich keinen Beamer empfehlen.
Preis
Für den LTV-3500 Pro werden derzeit direkt beim Hersteller 5.800 Euro fällig (6.251 Euro bei Amazon). Das ist auf den ersten Blick kein Schnäppchen, wenn man sich aber den Preis von TV-Geräten mit 100 Zoll und mehr ansieht, relativiert sich das wieder.
Wer mit dem Gedanken einer Anschaffung spielt, sollte vielleicht kommende Aktionstage, wie die Prime Deal Days oder ferner den Black Friday abwarten, da das Gerät hier in der Vergangenheit immer stark heruntergesetzt erhältlich war.
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