Der Dyson 360 Vis Nav im Test.

Der Dyson 360 Vis Nav im Test.

© Marcel Strobl

Produkte

Dyson 360 Vis Nav im Test: Was kann der 1.600-Euro-Saugroboter?

Der 360 Vis Nav ist der 3. Saugroboter von Dyson, den man im Handel kaufen kann

Der Dyson 360 Vis Nav ist kein Staubsaugroboter, sondern ein robotischer Staubsauger - dieses Detail ist den Ingenieur*innen des britischen Unternehmens wichtig. Der Fokus des Geräts liegt beim Saugen, nicht in der Robotik. Ob diese Philosophie auch im Alltag taugt, hat die futurezone getestet.

Um die gesamte Geschichte hinter dem 360 Vis Nav zu verstehen, muss man einige Jahre in die Vergangenheit gehen. Dyson arbeitet bereits seit Ende der 1990er-Jahre an einem eigenen Saugroboter und stellte im Jahr 2004 ihren ersten Roboter mit dem Namen “DC06” vor. Damals beschrieb der Staubsaugerhersteller das Gerät als “5 Prozent Staubsauger und 95 Prozent Roboter”. Der Sauger - er sollte damals stolze 2.500 Pfund kosten (inflationsangepasst rund 5.000 Euro) - kam nie in den Verkauf.

➤ Mehr lesen: Die 5 größten Fails von Dyson: Vom E-Auto bis zur Waschmaschine

3. Dyson-Saugroboter auf dem Markt

Der 360 Vis Nav ist der 3. Saugroboter von Dyson, den man im Handel kaufen kann. 2016 brachte das Unternehmen den 360 Eye auf den Markt (die futurezone hat getestet), 2020 folgte der 360 Heurist. Während die Vorgängermodelle preislich knapp unter der 1.000-Euro-Marke vorbeischrammten, verlangt Dyson für sein neuestes Modell stolze 1.599 Euro (mehr dazu im Fazit). Dafür erhält man laut Dyson eine “höhere Saugkraft als bei jedem anderen Saugroboter”.

Beim Vis Nav setzt Dyson auf einen ungewöhnlichen Formfaktor. Anstatt wie die meisten Saugroboter ist der Vis Nav nicht rund, sondern hat eine D-Form. Die Bürstenwalze nimmt beinahe die gesamte Länge der geradlinigen Seite des Roboters ein, mittig am Gerät befinden sich dahinter die 2 Räder. Am “Hintern” des Roboters ist der 0,5 Liter fassende Staubbehälter angebracht. Der Dyson 360 Vis Nav ist insgesamt 32 Zentimeter breit, 33 Zentimeter lang und 10 Zentimeter hoch. Auf der Oberseite ragt noch die 360-Grad-Kamera hervor, die von einem Ring aus LED-Lichtern umgeben ist. Damit findet sich der Roboter auch in dunklen Räumen zurecht.

Spartanisches Gesamtpaket für den Preis

Im Lieferumfang enthalten sind neben dem Roboter noch eine Docking-Station und ein Ladekabel. Die Ladestation besteht, wie bei den Vorgängern auch schon, aus einem flachen Stück Plastik, an dem sowohl 2 Navigationsmarkierungen angebracht sind, als auch 2 Kontaktpunkte, durch die sich der Saugroboter wieder aufladen kann. Das Ladekabel schließt hinten an der Ladestation an, überschüssiges Kabel kann man dort auf einer eigenen Halterung aufwickeln. 

Die Ladestation des Saugroboters.

Die Ladestation des Saugroboters.

Die Batterie des 360 Vis Nav braucht ungefähr 3 Stunden, bis sie völlig aufgeladen ist. Dafür verspricht Dyson eine Laufzeit von bis zu 65 Minuten - im sparsamen Modus wohlgemerkt. Beim Reinigen meiner haustierlosen 50-Quadratmeter-Wohnung, von der netto nur 27 Quadratmeter gereinigt werden können, muss er hin und wieder während der Reinigung zur Ladestation - bei automatischer Einstellung. Eine Komplettreinigung dauert demnach zwischen 40 Minuten (wenig verschmutzt ohne Ladepause) und knapp 4 Stunden (stark verschmutzt mit Ladepause).

Gute Saugleistung

Der Dyson 360 Vis Nav erkennt nämlich automatisch den Grad der Verschmutzung und verschiedene Untergründe (etwa Teppich), worauf er seine Saugleistung anpassen kann. In der Saugleistung liegt auch die große Stärke von Dyson. Egal, ob feinen Staub wie Mehl oder grobkörnigen Schmutz - der Vis Nav saugt alles verlässlich ein und pustet dank Hepa-Filter nur saubere Luft aus. Die Bürste mit 3 verschiedenen Borstenarten wurde extra so entwickelt, dass sich kaum Haare darin verfangen. Das kann ich bestätigen, auch lange Haare stellen für den Roboter kein Problem dar. Die D-Form ermöglicht es dem Saugroboter, auch in den Ecken zu reinigen.

Der Silikonfortsatz (rot unter der Bürste) wird bei der Kantenreinigung ausgefahren.

Der Silikonfortsatz (rot unter der Bürste) wird bei der Kantenreinigung ausgefahren.

Ein eigener Kantenreinigungsmodus sorgt dafür, dass auch Staub von den Zimmerrändern eingesaugt wird. Dafür setzt Dyson nicht auf sich drehende Bürsten, die den Staub weiter in die Zimmermitte schaufeln, sondern auf ein eigenes System. Nachdem der Roboter den größten Teil des Raumes gereinigt hat, fährt er auf seiner linken Seite eine Art Silikonfortsatz aus, durch die die Saugkraft auf die Seite umgelenkt wird. So fährt er nun eine Leiste oder ein Möbelstück entlang. Die Methode funktioniert sehr gut, der Saugroboter erkennt Kanten meist sehr zuverlässig.

Dyson 360 Vis Nav im Härtetest

Komplett gründlich ist der Saugroboter dann aber doch nicht. Im Härtetest wurde zwar die verschmutzte Küche zufriedenstellend gereinigt, direkt im Eck lässt der Saugroboter allerdings Schmutz liegen. Grundsätzlich kommt der Roboter aber mit Haaren, größeren Schmutzpartikeln wie etwa Erdnüsschen und auch feinem Staub oder Pulver gut zurecht.

Im Härtetest habe ich etwa 4-5 Messbecher Proteinpulver in meiner gesamten Küche verteilt. Bis auf eine Ecke sowie einzelnen kleinen Resten hat der Vis Nav alles aufgesaugt. Schön zu sehen ist im Video (doppelte Geschwindigkeit) auch die Vorgehensweise des Roboters. Er reinigt zuerst großflächig, indem er nacheinander Bahnen zieht und wechselt dann in den Randreinigungsmodus. Ebenfalls im Türbereich meiner Küche wurde kaum gesaugt (letztes Foto), da hier die zuvor festgelegte Zone zu Ende war. Hätte ich diese großflächiger ausgelegt, wäre der Roboter auch hier drübergefahren. Man kann es also als Nutzerfehler durchgehen lassen.

Nach dem Härtetest

Übersichtliche, einfache App

Den Dyson 360 Vis Nav kann man manuell oder per App steuern. Der Touch-Bildschirm auf der Oberseite des Roboters zeigt bei der manuellen Steuerung die einzelnen Reinigungsprogramme an (Auto, Boost, Leise und Schnellreinigung). Ein Druck in die Mitte des Bildschirms bestätigt die Auswahl. Einfacher lässt sich der Sauger aber über die MyDyson-App steuern, wo man allerdings ein Profil erstellen muss. Dann kann man den Staubsauger mit dem heimischen WLAN verbinden und auch von unterwegs auf Reinigungsmission schicken oder Zeiten einstellen, an denen sich der Roboter auf seine Reise macht.

Über die App kann man auch eine Karte seines Zuhauses erstellen lassen. Dafür fährt der Sauger einmal durch die Wohnung (ohne zu reinigen) und macht sich ein Bild des Wohnungsgrundrisses. In der App kann man danach einzelne Räume benennen, die man später auch einzeln ansteuern kann. Nach der Reinigung zeigt die Karte in der App an, welche Wohnungsteile besonders schmutzig waren. Eine Liveansicht, mit der man kontrollieren kann, wo sich der Roboter gerade befindet, gibt es leider nicht.

No-Go-Zonen oder Orte, wo etwa die Bürstenwalze nicht eingesetzt werden soll, können ebenfalls in der App eingestellt werden. Hindernisse von bis zu ca. 2 Zentimeter stellen für den Vis Nav kein Problem dar, über die Beine eines beliebten IKEA-Couchsessels fährt er einfach drüber. Nicht klar kommt er allerdings mit Kabel oder Halteschlaufen von Einkaufstaschen. Die werden nicht erkannt. Dyson empfiehlt, sie vor der Reinigung aus dem Weg zu räumen. Wer das nicht tut, riskiert, dass sich der Roboter daran “verschluckt” und so lange ausharrt, bis ihn jemand aus seiner Misere befreit. Auf der App erscheint dabei lediglich eine Fehlermeldung. Günstigere Saugroboter können das deutlich besser.

Die “intelligente” Navigation, die Dyson dank 26 externer Sensoren verspricht, ist nicht immer zu erkennen. Regelmäßig stößt der Roboter an Kanten und Hindernisse an, besonders dunkle Objekte scheint er nur schwer zu erkennen. Das Gebiet um meinen schwarzen Couchtisch musste ich als No-Go-Zone einstellen, da er regelmäßig darunter stecken geblieben ist. Der Vis Nav fährt ansonsten kraftvoll dagegen und verkantet sich sofort, da die Unterkante des Tisches minimal tiefer liegt als der Roboter hoch ist. Anstatt aber den Rückwärtsgang einzulegen, wirft der Saugroboter eine Fehlermeldung aus. Weil sich sein hinterer Teil durch die Aktion minimal anhebt, denkt er nämlich, dass er hochgehoben wird und stellt seinen Dienst ein.

Der Saugroboter verkantet sich unter dem Couchtisch.

Der Saugroboter verkantet sich unter dem Couchtisch.

Die Ansteuerung einzelner Räume ist ebenso verbesserungswürdig. Will ich etwa nur das Schlafzimmer saugen lassen, besteht eine nicht geringe Chance, dass der Staubsauger nicht direkt ins Schlafzimmer fährt, sondern an den Türrahmen anstößt. Dann scheint er vollständig die Orientierung zu verlieren, saugt ein bisschen im Vorraum und im halben Schlafzimmer herum, bevor er an seine Station zurückkehrt. Oder zumindest versucht, denn diese scheint für ihn dann - trotz Navigationsmarkierungen - ebenso unsichtbar zu sein. 

Hier hat der Roboter das Schlafzimmer nicht richtig erkannt und fand auch nicht mehr zur Docking Station zurück.

Hier hat der Roboter das Schlafzimmer nicht richtig erkannt und fand auch nicht mehr zur Docking Station zurück.

Das Gebiet unter dem Esstisch meidet er ebenso, da zwischen den Stuhlbeinen kein Platz für ihn zu sein scheint. Nur einmal war er so abenteuerlustig und ist zwischen die Stuhlbeine hineingefahren, wobei er aber gerettet werden musste, da er keinen Ausweg mehr fand. Auch mit einer beliebten IKEA-Badezimmermatte hat der Roboter so seine Probleme. Er schiebt sie vor sich her, anstatt draufzufahren und dort zu saugen.

Nicht der leiseste Saugroboter

Im Automatikmodus ist der Saugroboter weder besonders laut noch besonders leise. Auf Laminatböden klingt er durch das Schaben der Bürstenwalze wie leiser Rasenmäher, auf Teppichen und bei starker Verschmutzung schaltet er meist in den Turbomodus. Da pustet der Sauger deutlich lauter. Es gibt auch einen leiseren Betrieb mit weniger Saugkraft.

Ist der Staubbehälter voll, wird in der App und am Touchbildschirm darauf hingewiesen. Ich musste ihn nach etwa 4 Wohnungsreinigungen ausleeren, bei größeren Wohnungen oder Häusern dürfte er entsprechend häufiger geleert werden müssen. Der Behälter lässt sich per Knopfdruck entfernen und über dem Mülleimer ausleeren. Das soll zumindest in der Theorie so funktionieren, dass man mit dem gesammelten Staub und Schmutz nicht in Berührung kommt. In der Praxis kriegt man so aber nicht alle Haare und Wollmäuse aus dem Behälter heraus, man muss mit der Hand nachhelfen

Der Saugroboter lässt sich leicht auseinanderbauen und reinigen.

Der Saugroboter lässt sich leicht auseinanderbauen und reinigen.

Der Staubbehälter lässt sich unter fließendem Wasser reinigen, muss aber komplett getrocknet werden, bevor er wieder in den Saugroboter eingesetzt werden darf. Den Hepafilter und die Bürstenwalze kann man ebenso einfach entfernen und reinigen, das ist aber nicht so oft notwendig. Die Walze habe ich bisher erst einmal zur Entfernung einzelner Haare ausgebaut, der Filter sieht noch so aus wie am ersten Tag.

Monatliche Softwareupdates

Die Updatepolitik von Dyson ist löblich. Das Unternehmen verspricht kontinuierliche Softwareupdates, in den knapp 3 Testmonaten wurde die Firmware des Roboters 3 Mal aktualisiert. Durch das vergangene Update soll der Roboter 10 Prozent schneller reinigen und auch die Rückkehr zum Dock soll dank der aktualisierten Software zuverlässiger ablaufen. 

In der Tat findet der Saugroboter die Station auch, wenn ein Weg dahin abgeschnitten ist - eine Aufgabe, die ihn vor dem Update noch überfordert hat. Bleibt zu hoffen, dass durch die regelmäßigen Updates auch die Navigation und Hinderniserkennung des 360 Vis Nav besser werden. Diese sind nämlich die größten Kritikpunkte des Saugroboters.

Laut Dyson soll der Roboter außerdem bei jeder seiner Fahrten dazulernen, was von außen allerdings schwer ersichtlich ist. Manchmal stößt er ungeschickt an Stuhlbeine an, die er eine halbe Stunde später geschickt umkurvt. Ob dahinter wirklich ein Lernprozess steckt, oder es einfach nur Glück ist, ist unklar.

Fazit

Dysons neuester Saugroboter ist wirklich nur für jene Personen gedacht, die sich etwas gönnen wollen. Mit einem Preis von knapp 1.600 Euro sind die Erwartungen hoch, meine wurden jedoch enttäuscht. Während die Mechanik sicherlich hervorragend ist (auch wenn er nur saugen und nicht wischen kann), lässt die Software in meinen Augen zu wünschen übrig. Um diesen Preis gibt es viele Konkurrenten am Markt, die besser navigieren können, mehr Funktionen haben und zumindest annähernd gut saugen können. 

Der Dreame L20 Ultra, der um 1.200 Euro bereits zur Oberklasse der Saugroboter zählt, kommt etwa mit Riesen-Basisstation und Riesen-Funktionsumfang daher (hier im futurezone-Test).  Und ist immer noch 400 Euro günstiger als der Dyson 360 Vis Nav. Die Philosophie von Firmengründer James Dyson “Was nichts kostet, ist auch nichts wert” ist allerdings bereits in der Vergangenheit aufgegangen. Sicherlich ist Dysons neuester Saugroboter ein hochwertiges Produkt, in Sachen Preis-Leistung hinkt er allerdings der Konkurrenz hinterher. Dennoch werden viele zum Vis Nav greifen, denn die Konkurrenz hat einen Schwachpunkt: Das Dyson-Logo fehlt.

Hat dir der Artikel gefallen? Jetzt teilen!

Marcel Strobl

marcel_stro

Ich interessiere mich vor allem für Klima- und Wissenschaftsthemen. Aber auch das ein oder andere Gadget kann mich entzücken.

mehr lesen
Marcel Strobl

Kommentare