
Diese Start-ups könnten die europäische Antwort auf ChatGPT sein
In den vergangenen Tagen hat die Veröffentlichung des chinesischen KI-Modells DeepSeek r1 für Aufruhr in der Tech-Welt gesorgt. Während amerikanische Konzerne wie Google, Meta und OpenAI lange Zeit dachten, sich die Vorherrschaft im Bereich der generativen KI bzw. der großen Sprachmodelle gesichert zu haben, belehrte sie das neue Modell aus China eines Besseren.
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Bei all dem Wirbel muss man aber auch die Frage stellen, wo Europa in der Diskussion bleibt? Wenn China gerade die Vorherrschaft der USA im KI-Bereich auf die Probe stellt, muss man natürlich fragen, was der mit 540 Mio. Menschen größte Wirtschaftsraum der Welt, also die EU, eigentlich im Bereich generative KI beitragen kann.
Europa hinkt hinterher
Tatsächlich ist es etwas ernüchternd, sieht man sich in Europa nach ernstzunehmender Konkurrenz zu OpenAIs ChatGPT, Googles Gemini und High-Flyers DeepSeek r1 um. Während man andernorts über Innovationen und das Können neuer KI-Modelle spricht, wurde die europäische Diskussion bislang vor allem davon beherrscht, wie man KI am besten reguliert. Einstige Hoffnungsträger wie das deutsche KI-Startup Nyoni, das Sprachmodelle für Unternehmen anbieten wollte, sind schon wieder gescheitert. Dass wir im KI-Bereich so stark hinterherhinken, hat auch damit zu tun, dass vergleichsweise weniger Geld in europäische Hoffnungen gesteckt wurde. Laut dem Draghi Report, ein Bericht des einstigen Präsidenten der Europäischen Zentralbank Mario Draghi, sind nur 6 Prozent der weltweiten Investitionen für KI in europäische Start-ups geflossen, verglichen mit 61 Prozent in den USA und 17 Prozent in China.
5 Hoffnungsträger
Am Mittwoch stellte die EU-Kommission einen neuen Wettbewerbskompass vor, wie Europa bei der Innovation aufholen soll. Ein Schritt soll dabei sein, dass EU-Start-ups Zugang zum europäischen Supercomputernetzwerk EuroHpc erhalten, wie die Nachrichtenagentur ANSA berichtet. Denn auch wenn es derzeit in der europäischen KI-Landschaft teils etwas düster aussehen mag, ist Hopfen und Malz noch nicht verloren, wie folgende Unternehmen im Bereich der Generativen KI zeigen:

Arthur Mensch ist CEO von Mistral AI.
© REUTERS / Benoit Tessier
1. "Mistral" von Mistral AI
Europas Antwort auf ChatGPT und DeepSeek ist Mistral AI. Das französische Start-up wurde 2023 von ehemaligen Google- und Meta-KI-Forschern gegründet. Mistral AI hat mehrere leistungsstarke KI-Modelle entwickelt, die in verschiedenen Benchmark-Vergleichstests beeindruckende Ergebnisse erzielt haben.
Im November 2024 erst stellte Mistral eine neuen mit ChatGPT vergleichbaren Assistenten namens "Le Chat" vor. Mit dem multimodalen Tool kann man nicht nur Texte generieren, sondern auch Bilder erstellen und Dinge ausrechnen.
Das neueste multimodale Modell Pixtral Large basiert auf dem im Sommer 2024 vorgestellten Sprachmodell Mistral Large 2. Es soll bei Benchmark-Tests Bestwerte erzielt haben, etwa beim sogenannten MathVista-Test für seine mathematischen Fähigkeiten eine bessere Bewertung erhalten haben wie GPT-4o und Gemini 1.5 Pro.
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Jonas Andrulis wird als Chef von Aleph Alpha immer wieder ins Fernsehen eingeladen.
© EPA / Filip Singer
2. "Luminous" von Aleph Alpha
Aleph Alpha galt lange als die europäische Hoffnung im Bereich generativer KI schlechthin. Mit Sprachmodellen für Unternehmen und Behörden wollten die Heidelberger den Markt aufmischen. Während das 2019 gegründete Unternehmen noch als europäische Antwort auf OpenAI gesehen wurde, ist es mittlerweile recht still um die einstige deutsche KI-Hoffnung geworden.
Während andere KI-Unternehmen seither stetig neue und verbesserte Modelle vorgestellt haben, ist bei Aleph Alpha seither nichts mehr passiert. Sein zuletzt im November 2023 vorgestelltes, verbessertes KI-Modell Luminous gilt als veraltet und liegt bei Vergleichstests weit hinter der Konkurrenz. Es hat 70 Milliarden Parameter und beherrscht verschiedene Textaufgaben und multimodale Anwendungen.
Vergangene Woche ließ Aleph Alpha beim Weltwirtschaftsforum in Davos erstmals wieder mit News aufhorchen: Gemeinsam mit Silo AI und AMD stellte man dort u. a. eine neue Architektur für LLMs vorgestellt, die eine effizientere und ressourcenschonendere Verarbeitung von Textdateien vereinfachen soll, wie das Handelsblatt berichtete. Neuigkeiten zu Luminous selbst hat Aleph Alpha in Davos aber keine.
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Die österreichische Hoffnung im Bereich generative KI und LLMs ist Sepp Hochreiter.
© JKU / Andreas Röbl
3. "xLSTM 7B" von NXAI
Auch der österreichische KI-Forscher Sepp Hochreiter entwickelt mit seinem 2023 gegründeten Start-up NXAI in enger Kooperation mit heimischen Forschungseinrichtungen ein eigenes LLM, das wiederum die Basis für europäische KI-Anwendungen sein soll, die mit internationalen Produkten wettbewerbsfähig sein sollen. Man entwickelte einen neuartigen KI-Algorithmus, im Mai wurde das erste LLM namens xLSTM 7B präsentiert.
Im Dezember wurde dann eine verbesserte Version von xLSTM 7B vorgestellt, die es auf Hugging Face gibt. Mit 7 Mrd. Parametern ist es allerdings viel kleiner dimensioniert als etwa GPT-3, das mit 175 Mrd. Parametern trainiert wurde. Dafür soll xLSTM 7B aber viel energieeffizienter sein.
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Für das Training des KI-Modells wurde u. a. der JUWELS-Supercomputer am Jülich Supercomuting Centre genutzt.
© Forschungszentrum Jülich / Sascha Kreklau
4. "Teuken-7B" vom Fraunhofer-Institut
Hinter den meisten KI-Modellen steckt Spitzenforschung. Insbesondere wird das beim Sprachmodell Teuken-7B deutlich, an dem unter anderem das bekannte deutsche Fraunhofer-Institut beteiligt ist und dem ein großes Forschungsprojekt namens OpenGPT-X zugrunde liegt.
Es wurde gewissermaßen speziell für die Bedürfnisse der EU entwickelt und beherrscht alle 24 Amtssprachen der Gemeinschaft. Es soll sprachliche Schwächen vermeiden, die Modelle aus den USA haben, weil diese vorwiegend mit englischsprachigen Inhalten trainiert wurden.
Derzeit gibt es das EU-Sprachmodell in einer Open-Source-Version für Wissenschaftler und Programmierer auf Hugging Face. Zudem wurde auch eine kommerzielle Variante für Behörden und Unternehmen geschaffen. Es wurde nicht nur sprachlich, sondern auch in Hinblick auf Gesetze für die EU zugeschnitten. Es soll etwa auch in besonders Datenschutz-sensiblen Umgebungen wie Krankenhäusern eingesetzt werden können.
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Der Bildgenerator Flux aus Deutschland kommt etwa beim Chatbot GROK auf X zum Einsatz.
© Black Forest Labs
5. "Flux" von Black Forest Labs
Tech-Auskenner werden nun sofort sagen: „Moment, Flux ist kein LLM“ – und es stimmt natürlich, dass es sich bei diesem Modell um kein Sprachmodell, sondern um einen Bildgenerator handelt. Aber tatsächlich reden wir heute ohnehin meistens nicht mehr nur von reinen Sprachmodellen. Bei ChatGPT und Google Gemini handelt es sich etwa um multimodale KI-Modelle, die neben Texten auch Bilder erstellen, rechnen können und vieles mehr. Auch DeepSeek hat mit Janus Pro einen neuen Bildgenerator vorgestellt.
Das deutsche Start-up Black Forest Labs hat sich deshalb den Platz in der Reihe der wichtigsten Zukunftshoffnungen bei generativer KI in Europa verdient. Schließlich ist es eines das wohl bekannteste Produkt, dass auch in einer der international bekanntesten KI-Anwendungen eingesetzt wird. Fragt man nämlich Elon Musks KI-Chatbot Grok, ob er Bilder erstellen kann, schreitet tatsächlich Flux zur Tat, das 2024 in Grok integriert wurde. Auch bei Mistrals Le Chat erstellt Flux im Hintergrund die Bilder.
Das erste KI-Modell des erst 2024 gegründeten Start-ups aus Freiburg im Breisgau wurde erstmals im August 2024 veröffentlicht. Entwickelt haben es ehemalige deutsche Forscher und Mitarbeiter von Stability.AI, das Unternehmen hinter dem bekannten Bilderstellungstool Stable Diffusion. Im Unterschied zu anderen europäischen KI-Unternehmen haben sie anscheinend keine Probleme damit, Investoren zu überzeugen. Laufend sammeln sie Millionen ein. Derzeit sollen sie an einem KI-Videogenerator arbeiten.
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Natürlich sind die genannten Modelle und ihre Macher nicht die einzigen, die Europa beim Aufholen helfen könnten. Man darf bei den Entwicklungen auch nie vergessen, dass KI weitaus mehr umfasst als nur Sprachmodelle - wenngleich die meisten von uns damit am meisten bewusst in Berührung kommen. Auch in anderen Bereichen mischen europäische KI-Unternehmen kräftig mit, auch wenn sie dabei manchmal unter dem Radar der öffentlichen Wahrnehmung bleiben.
Auch in Österreich gibt es immer wieder kluge Köpfe, die international mitmischen. So kaufte sich etwa die beliebte Bildbearbeitungsplattform Canva mit der Übernahme des heimischen Start-ups Kaleido quasi eine KI ein, die automatisch den Hintergrund aus Fotos entfernt. Die KI des österreichischen Unternehmens Innophore ist so gut in der Analyse von Proteinen, dass sogar NVIDIA davon begeistert ist und mit ihnen zusammenarbeitet.
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