Von Falle bis KI-Automat: So werden Pollen in der Luft gemessen
Im Frühjahr plagen die Pollen viele Allergiker*innen. Zuverlässige Informationen darüber sind für sie deshalb wichtig. Internetportale und Apps bereiten die Informationen auf und liefern Prognosen über bevorstehende Belastungen. Dahinter stehen komplizierte Analysen, die auch heute noch viel menschlichen Einsatz erfordern. Erst in jüngster Zeit erprobt man neue Methoden, die auf maschinelles Lernen und Künstliche Intelligenz setzen.
Jedes Korn wird gezählt
Die meisten Vorhersagen werden derzeit mit sogenannten Hirst-Pollenfallen gemacht, einer Methode aus den 1950er-Jahren. „Die Falle hat einen Motor und eine Pumpe und saugt in der Regel 10 Liter Luft pro Minute an“, erklärt Maximilian Bastl von Pollenservice Wien, das zur Medizinischen Universität Wien gehört. Das Volumen entspricht der Luftmenge, die ein Mensch während dieser Zeit einatmet. Im Inneren wird die Luft dann auf ein klebriges Plastikband geblasen.
Dort bleiben die Partikel haften. Das Band ist auf einer Trommel befestigt, die sich mithilfe eines Uhrwerks in einer bestimmten Geschwindigkeit dreht – so kann man nachvollziehen, wann am Tag welche Belastung herrscht.
2 Mal wöchentlich holt Bastl die Proben ab. Im Labor werden die Bänder dann zerschnitten, gehärtet und mit einem Mittel behandelt, das alle Pflanzenteile pink färbt – denn auf dem Band kleben auch andere Partikel wie Staubkörner. Dann sieht sich Bastl die Streifen durch ein Lichtmikroskop mit 400-facher Vergrößerung an, untersucht und zählt jedes einzelne der Pollenkörner. Bei der Auswertung orientiert er sich an einem EU-Standard, der gewährleistet, dass die Daten mit anderen vergleichbar sind.
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Prognosemodell nach Tschernobyl-Katastrophe
Die aktuellen Pollen-Daten kommen dann in ein Computerprogramm, das eine Vorhersage erstellen kann. In Wien nutzt man dafür das finnische „Silam“-Modell, das aus einem Prognosemodell für die Verbreitung von radioaktiven Partikeln nach der Tschernobyl-Katastrophe hervorging. „Viele Parameter fließen dort ein, die die Pollenwolken beeinflussen, wie Wind, Temperatur, Niederschlag, Blühzeit und Landnutzungsdaten“, erklärt Bastl.
In einer typischen Pollensaison seien die Vorhersagen relativ gut, eher unzuverlässig sei es jedoch in einer Saison wie der heurigen: Durch die milden Temperaturen im Winter und ungewöhnliche Wetterphänomene seien die Prognosen heuer etwas unzuverlässiger. Das System braucht möglichst aktuelle Daten. Seit einigen Jahren sucht man deshalb nach neuen Erfassungsmethoden, damit Erhebung und Auswertung schneller gehen. In Bayern setzt man etwa bereits ein Gerät ein, das Pollen automatisch erkennen soll. „Es funktioniert ähnlich wie eine klassische Pollenfalle, aber darin ist zusätzlich eine KI-basierte Software zur automatischen Bilderkennung integriert, die direkt Daten ausgibt – ohne Laboranalysen“, erklärt Bastl.
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KI verwechselt Saharastaub mit Pilzsporen
Es gebe aber noch Probleme. „Heuer haben die Geräte etwa den Saharastaub für Pilzsporen gehalten“, sagt Bastl. Eine Schweizer Erfindung arbeitet stattdessen mit einer speziellen Lasertechnologie. „Sie kann auch die chemischen und physikalischen Bestandteile erkennen, etwa ob es sich um Pflanzen oder Staub handelt“, so Bastl. Das Gerät ermögliche Echtzeit-Auswertungen und die KI könne für regionale Bedürfnisse mit anderen Pflanzen laufend weitertrainiert werden. Jetzt wird an einheitlichen Standards für die neuen Geräte gearbeitet, noch kann die KI die Forscher*innen aber nicht ersetzen. „Die Krux ist, dass man diese Systeme so gestaltet, dass sie zusammenspielen. In Zukunft wird die Bedeutung von KI wachsen, keine Frage“, meint Bastl.
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