
Die meisten Menschen duschen gerne und brauchen deshalb viel Warmwasser. Österreichische Baumeister wollen diese Wärme recyceln und länger im Gebäude halten
Wie man mit Duschwasser heizen kann
Zwischen 5 und 10 Minuten duschen Österreicher jeden Tag. Weil die meisten von ihnen Warmduscher sind, verschwindet jedes Mal viel Energie im Abfluss. Während sparsame Duscher im Jahr etwa 900 Kilowattstunden (kWh) Energie für Warmwasser verbrauchen, sind es bei Vielduschern rund 1.300 kWh, sagt das Klimaschutzministerium. Das macht Hunderte Euro aus. Die hohen Heizkosten, die viele Österreicher belasten, kommen noch dazu.
„Beim Neubau oder energieeffizienten Sanierungen gehen etwa 50 Prozent des Wärmebedarfs fürs Warmwasser und 50 Prozent für die Raumwärme drauf, also die Heizung“, erklärt Helmut Schöberl vom Baumeisterbüro Schöberl & Pöll. Bei energietechnisch sehr modernen Gebäuden würde der Warmwasseranteil sogar 2 Drittel des Wärmebedarfs ausmachen. Er schlägt deshalb vor, auch das Abwasser zum Heizen zu nutzen. Mit neuen Anlagen lässt sich dessen Wärme nämlich recyceln. Das wäre nicht nur gut für die Umwelt, sondern könnte auch erhebliche Einsparungen bei den Heizkosten bringen.
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Energie aus Abwasser
Anlagen, die Wärme aus dem Abwasser in Heizwärme umwandeln, wurden bereits in Gebäuden eingebaut. Damit wollen die Wiener Baumeister den Wärmebedarf neuer Gebäuden halbieren.

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In einem von der Forschungsförderungsgesellschaft FFG geförderten Projekt namens sewageENERGYrecovery werden Schöberl und sein Team diese Anlagen in der Praxis beobachten und bis 2027 auswerten, wie gut das tatsächlich klappt. In Zukunft könnten solche Anlagen zum neuen Standard und die Wohnbauförderung daran angepasst werden.
„Wir versuchen, den Energiebedarf zu minimieren und an jedem Schräubchen zu drehen. Das ist ein wahnsinnig großer Hebel. Deswegen glaube ich, dass sie rasch an Bedeutung gewinnen werden“, meint Schöberl. Zwar gebe es solche Systeme schon seit einiger Zeit, bisher seien sie aber „scheinbar noch niemandem aufgefallen“, sagt er.
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Warmwasser lässt sich auf mehrere Arten recyceln. Etwa kann man direkt im Abfluss der Dusche ein Wärmetauschrohr montieren. „Um die Rohrwand außen herum fließt Frischwasser, das sich durch die Übertragung aus Kupfer vorwärmt. Dieses fließt dann ins Duschwasser hinein und spart Warmwasser“, erklärt Schöberl. Die Wärme bleibt so im Kreislauf der Dusche. Diese Lösung lasse sich unkompliziert in jede neue Dusche einbauen und man könne bis zu 60 Prozent der Wärme rückgewinnen.
Fakten
Grauwasser
wird das Wasser genannt, das nach dem Duschen, Baden oder Wäschewaschen anfällt. Es ist weniger keimbelastet als Schwarzwasser, das nach dem Toilettengang entsteht.
2,5 kWh
verbrauchen Österreicher täglich im Schnitt für ihre Dusche mit 40 Litern Warmwasser, sagt das Klimaschutzministerium.
3 Schwarzwasseranlagen
zur Wärmerückgewinnung gibt es in österreichischen Häusern bereits. Eine davon ließ Schöberl & Pöll in einem Wiener Gebäude mit 300 Wohnungen einbauen.
Spülen und waschen
Statt das Wasser direkt in der Dusche zu recyceln, kann man Abwasser auch an einem anderen Ort dezentral sammeln. „Hier gibt es eine extra Leitung hinunter. Das Duschwarmwasser von Waschmaschinen und Waschbecken wird gesammelt, gereinigt und aufbereitet. Dann kann man die Wärme entziehen“, erklärt Schöberl. Bei solchen Grauwasser-Anlagen lässt sich auch das Abwasser selbst weiternutzen, etwa zum Spülen der Toilette. Die Hälfte des Wassers lässt sich damit im Gebäudekreislauf halten.
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Bei einer dritten Methode wird sogar das Abwasser genutzt, das man im Klo runterspült (Schwarzwasser). „Wasser fließt mit 8 bis 10 Grad ins Gebäude hinein. Im Spülkasten gleicht es sich an die Raumtemperatur an“, erklärt Schöberl. Mit 20 Grad sei es dann wesentlich wärmer als vorher. „Das reicht schon super für eine Wärmepumpe“, sagt er. Mit so einer Schwarzwasseranlage könnte man 100 Prozent des Abwassers zur Wärmerückgewinnung verwenden.
In den kommenden 2 Jahren wird sich zeigen, welche Anlageart die beste ist. „Die erste ist sicher die kostengünstigste, hat aber nicht so viel Energieausbeute. Wahrscheinlich hat die zweite Anlage am meisten Potenzial“, schätzt Schöberl: „Dort ist das Wasser mit 30 bis 35 Grad recht warm und man hat wahrscheinlich am meisten Energieeintrag.“

Im Spülkasten nimmt das Wasser Wärme auf und erhitzt sich auf Raumtemperatur.
© vladans/IStockphoto.com
China interessiert sich für den Häuslbau in Österreich
Sogar in China interessiert man sich für die österreichischen Innovationen. „Österreich ist im Gebäudebereich in der Weltspitze. Das ist natürlich den Chinesen aufgefallen“, meint Schöberl. Sein Büro gilt beim energieeffizienten Bauen als Pionier. Er sieht das auch als gesellschaftlichen Beitrag. „Es ist Teil unserer Unternehmensphilosophie, dass wir was voranbringen, schlussendlich auch beim Klimaschutz.“
*Diese Serie erscheint in redaktioneller Unabhängigkeit mit finanzieller Unterstützung der Forschungsförderungsgesellschaft (FFG).

Beim Gebäude Zhuozhou in der chinesischen Provinz Hebei waren die Wiener Baumeister Schöberl & Pöll als Bauphysiker dabei.
© Schöberl & Pöll
Abwasser auf das Gemüse und ins Bier
Abwasser kann man direkt im Haus zur Wärmerückgewinnung nutzen. Diese Energie kann aber auch erst in der Kanalisation über einen Wärmetauscher „eingefangen“ werden. In Wien will man sie künftig etwa ins Fernwärmenetz einspeisen. Ab 2027 sollen in der Hauptstadt rund 112.000 Haushalte mit Fernwärme aus gereinigtem Abwasser versorgt werden.
Auch das Wasser selbst ist ein kostbarer Rohstoff, der durch den menschgemachten Klimawandel rarer wird und viele Regionen zum Wassersparen zwingt. Es wurden bereits interessante Lösungen für das Recycling entwickelt. In der US-Stadt San Francisco gibt es etwa die „Purple Pipes“, ein Rohrsystem, in dem gereinigtes Abwasser durch die Stadt fließt. Damit bewässert man Parks und kühlt öffentliche Gebäude. Ähnliche Systeme gibt es auch in anderen Städten.
Manche Kommunen gehen beim Wasser-Recycling noch weiter und verwenden es für Dinge, die bei manchem Ekelgefühle hervorrufen. In der Landwirtschaft Südeuropas wird aufbereitetes Abwasser seit geraumer Zeit für die Bewässerung von Obst und Gemüse verwendet. Wahrscheinlich findet man auch in heimischen Supermärkten Paradeiser oder Paprika, die damit gegossen wurden.
In Singapur, wo es kaum Wasser gibt, trinkt man frisch aufbereitetes Abwasser sogar und braut damit Bier. Mit dem wiederverwendeten Wasser kann der asiatische Staat mittlerweile 30 Prozent seines Bedarfs decken und muss weniger importieren. Darüber sind allerdings nicht alle Bewohner glücklich.

Diese Grafik illustriert, wie die Wärme aus dem Abwasser zu den Haushalten gelangen soll.
© Stadt Wien
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