Mikroreaktoren werden zu schwimmenden Atomkraftwerken
Schwimmende Kernkraftwerke, sogenannte FNPPs (Floating Nuclear Power Plants), sind Atomreaktoren, die man auf Schiffen oder schwimmenden Plattformen betreibt. Ihr größter Vorteil ist, dass sie mobil und flexibel sind und deshalb selbst in abgelegenen Regionen Energie bereitstellen können.
Die Energieunternehmen Westinghouse und Core Power haben sich zusammengetan, um gemeinsam neue FNPPs zu entwickeln, wie sie in einer Aussendung bekanntgeben.
➤ Mehr lesen: Großbritannien will 23 Milliarden Euro in Mini-Atomreaktoren investieren
Kleiner Reaktor
Zum Einsatz kommen soll ein Mikroreaktor namens eVinci, der kompakter ist als herkömmliche Reaktoren. Die exakte Größe so eines Reaktors ist derzeit noch nicht bekannt, weil sich der modulare Reaktor noch im Entwicklungsstadium befindet. Da er aber in einen Standard-Container passen soll, der etwa 2,50 m breit, 2,60 m hoch und zwischen 6 und 12 m lang ist, kann man sich ungefähr vorstellen, wie groß er ist.
Er soll bei geringem Wartungsaufwand bis zu 8 Jahre in Betrieb bleiben. Während der Betriebsperiode soll der nukleare Brennstoff nicht nachgefüllt werden müssen. Er hat eine Leistung von 5 MW und liefert 24 Stunden am Tag elektrische Energie. Neben Strom lässt sich damit auch thermische Energie für Industrieanwendungen, wie die Wasserstoffproduktion, erzeugen.
System braucht keine Wasserkühlung
Technisch funktioniert der Mikroreaktor so: Im Kernreaktor entsteht Wärme, die dann mit einem speziellen Rohrsystem übertragen wird. Mit der Hitze wird dann Dampf erzeugt, der eine Turbine antreibt, die wiederum den Strom erzeugt.
➤ Mehr lesen: Revolutionärer Mikro-Atomreaktor erreicht neuen Meilenstein
Auch aufgrund seiner Bauweise benötigt eVinci keine Wasserkühlung. Die Reaktoren sollen in einer Fabrik zusammengebaut und in Containern ausgeliefert werden. Anschließend erfolgt der Aufbau auf einem Schiff. Laut Westinghouse seien die eVinci-Reaktoren für diesen Zweck ideal geeignet.
Auf Hoher See
Offshore-Atomreaktoren seien sicherer vor Naturkatastrophen, argumentierten Hersteller von FNPPs. Im Gegensatz zu Atomkraftwerken an Land sind sie von Erdbeben nicht betroffen und können, sofern eine Tsunamiwarnung rechtzeitig eintrifft, vorläufig das Gefahrengebiet verlassen. "Immun" gegen sind sie deshalb aber nicht: Schließlich gibt es auch im Meer Hurrikans und andere Naturkatastrophen, die den Reaktor schädigen könnten. Außerdem wären solche Schiffe anfälliger für Terrorangriffe, da sie auf Hoher See weniger gut geschützt werden können.
Bei Naturkatastrophen könen FNPPs aber auch ihren Stärken ausspielen. So kann etwa in einer betroffenen Region, in der normale Kraftwerke beschädigt oder Unterseestromkabel gekappt wurden, die Energieversorgung wieder hergestellt werden, wenn das schwimmende Atomkraftwerk vor der Küste ankert. Außerdem können mit FNPPs kleinere Inseln mit Strom versorgt werden, die jetzt noch auf Dieselgeneratoren angewiesen sind.
Gemeinsam wollen die beiden Unternehmen die FNPP-Technologie nun weiterentwickeln. Den ersten Entwurf für seinen eVinci-Reaktor hat Westinghouse erst im September vorgestellt. In den kommenden 2 Jahren soll der Mikroreaktor getestet werden. Wann er zum ersten Mal aufs Schiff kommen, verrieten die Unternehmen nicht.
Kommentare