Welchen Einfluss Weltraumtourismus auf die Umwelt hat
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In der Blütezeit des "Space Race" in den 50er- und 60er-Jahren hätte kaum jemand einen Gedanken daran verschwendet, welchen ökologischen Fußabdruck Weltraumraketen hinterlassen. Die Weiterentwicklung der Menschheit zu einer echten Raumfahrtspezies stand scheinbar kurz bevor und vom Klimawandel war auf der Erde noch keine Rede. Heute sieht die Sache anders aus.
Weltraumtourismus ist noch kein gängiges Phänomen, aber spätestens seit dem ersten bemannten Flug mit der SpaceX Crew Dragon Kapsel Ende Mai sieht man, dass private Raumfahrtunternehmen, die dereinst auch Touristen Flüge anbieten wollen, enorme Fortschritte machen. Man fragt sich deshalb bereits, wie sich Vergnügungsreisen ins All eigentlich auf die Umwelt auswirken werden.
Elefanten aus dem Triebwerk
Wer einmal einen Raketenstart beobachtet hat - egal ob live oder in einem Video - kann sich vielleicht denken, dass es dabei nicht besonders nachhaltig zugeht. Vor ein paar Jahren tauchten Animationen auf, die anschaulich darstellten, wieviel Treibstoff und damit Treibhausgasemissionen bei einem Raketenstart aus den Triebwerken geschleudert werden. Als Maßeinheit dienten dabei Elefanten.
Emissionen eines Transatlantikfluges
Die bislang stärkste, jemals produzierte Rakete, die Saturn V, brachte ab 1969 Raumfahrer zum Mond. Bei einem einzigen Start wurde eine Treibstoffmenge von rund 2000 Tonnen verbrannt - was rund 763 Elefanten (bzw. 20.000 Babyelefanten) entspricht. So verschwenderisch wie zu Zeiten der Apollo-Missionen ging es seither nicht mehr zu. Der Start einer SpaceX Falcon 9 Rakete kommt aber immerhin noch auf 150 Elefanten (bzw. 3930 Babyelefanten). Der Treibstoffverbrauch und die CO2-Emissionen bei einem Start erreichen ungefähr das Niveau eines Transatlantik-Fluges einer voll beladenen Boeing 777 mit 341 Menschen an Bord.
Im Verhältnis sehr klein
Da in Vor-Corona-Zeiten täglich hunderte Transatlantikflüge stattfanden und Weltraumflüge aktuell rund zwei Mal wöchentlich, ergeben sich ziemlich eindeutige Verhältnisse. Während die Luftfahrt jährlich rund 900 Millionen Tonnen CO2 in die Atmosphäre bläst, produziert die Raumfahrt nur einen winzigen Bruchteil davon. Warum sollte man den ökologischen Fußabdruck von Weltraumtourismus künftig dennoch im Auge behalten? Erstens, weil sich die Emissionen von Raketen anders als jene von Flugzeugen auf die Atmosphäre auswirken, und zweitens, weil Weltraumtourismus wachsen wird, derzeit aber noch klein genug ist, um in die richtige Richtung gelenkt zu werden.
Warme Stratosphäre
Eine Rakete durchquert auf ihrem Weg in den Weltraum alle Schichten der Atmosphäre, also auch die Stratosphäre. Dort ausgestoßene Rußpartikel verbleiben in 20 bis 50 Kilometer Höhe und breiten sich durch Luftströmungen teilweise über den gesamten Globus aus. Die winzigen Teilchen (u.a. Aluminium) reflektieren einen Teil der Sonnenstrahlung zurück in den Weltraum. Angesichts der Klimaerwärmung erscheint dies auf den ersten Blick ja gar nicht so schlecht. Während die Erdoberfläche dadurch tatsächlich etwas kühler wird, erwärmt sich jedoch die Stratosphäre. Das fördert Prozesse, die die Ozonschicht auflösen.
Momentan sind nur 0,1 Prozent des Ozon-Rückgangs auf Emissionen durch Raketen zurückzuführen. Die Ozonschicht ist jedoch fragil und erholt sich gerade erst von der Beschädigung durch Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), deren Verwendung seit den 90er-Jahren stark eingeschränkt wurde.
Viel niedrigere Kosten
Unterdessen erlebt die Raumfahrt insgesamt durch den Erfolg neuer privater Akteure einen neuen Boom. SpaceX hat mit seinen zu großen Teilen wiederverwendbaren Raketen die Kosten für Raumflüge gedrückt. Elon Musks Unternehmen will künftig genauso wie Virgin Galactic von Richard Branson und Blue Origin von Jeff Bezos Flüge ins All für Privatpersonen anbieten. Zu üppigen Ticketpreisen sollen künftig alle, die es sich leisten können, die Schwerelosigkeit und den eindrucksvollen Blick auf die "blaue Murmel" Erde aus dem Orbit erleben können.
Negativbeispiel Weltraummüll
Experten befürchten, dass der steigende Verkehr zwischen Erde und All künftig Probleme hervorrufen wird, wie man sie derzeit schon in Bezug auf Weltraummüll kennt. Jahrzehntelang platzierte die Menschheit immer mehr Satelliten im Orbit, bis klar wurde, dass man sich auch um ihre Entsorgung kümmern sollte. Ausrangierte Maschinen bzw. Bruchstücke davon, die sich durch Kollisionen (und unvorsichtige Abschüsse) verbreitet haben, gefährden heute aktive Satelliten und Raumstationen massiv. Verbindliche Richtlinien zur Vermeidung von Weltraummüll existieren bis heute nicht.
Der Thinktank Center for Space Policy and Strategy empfiehlt deshalb, die Erforschung der ökologischen Auswirkungen der wachsenden Raumfahrt intensiv voranzutreiben. Genauere wissenschaftliche Erkenntnisse seien notwendig, um regulatorische Rahmenbedingungen festzusetzen, an die in Zukunft alle Raumfahrtunternehmen halten sollten. Parallel dazu sollte man sich darum kümmern, die Treibhausgasemissionen in Bereichen zu senken, die die Umwelt in weit größerem Ausmaß als die Raumfahrt schädigen.
Stand der Dinge im Weltraumtourismus
SpaceX
2018 hat SpaceX bekannt gegeben, dass der japanische Milliardär Yusaku Maezawa der erste Weltraumtourist sein wird, der um den Mond fliegen wird. Maezawa will zu seinem Flug mehrere Künstler einladen, die das Erlebnis auf kreative Weise verarbeiten sollen. Der Flug soll frühestens 2023 stattfinden. Zuvor will SpaceX in Kooperation mit dem "Weltraum-Reisebüro" Space Adventures Touristen zur ISS fliegen. Ende 2021 könnte es soweit sein.
Virgin Galactic
Das Weltraumunternehmen von Virgin-Gründer Richard Branson versucht bereits seit 2004, zum Weltraumtourismus-Anbieter zu werden. Nach allerlei Rückschlägen ist Ende 2018 ein Flug mit einer Test-Touristin bis auf eine Höhe von 80 Kilometer gelungen, was als erster All-Flug gefeiert wurde. International wird die Grenze zum Weltraum eher ab 100 Kilometer Höhe gesehen, aber Virgin Galactic hat bereits angekündigt, nach einem zwischenzeitlichen Stopp wieder Tickets zu verkaufen. Mehrere hundert Interessenten stehen in der Warteschlange. Tickets werden für 250.000 US-Dollar und mehr angeboten.
Blue Origin
Das Weltraumunternehmen von Amazon-Gründer Jeff Bezos arbeitet seit Jahren an der Entwicklung seiner New-Shepard-Rakete, die genau wie jene von Konkurrent SpaceX wiederverwertbar sein soll. New Shepard ist voll auf Flüge in den niederen Orbit ausgerichtet, die ingesamt nur 11 Minuten lang sein sollen. Dennoch sollen Tickets mehrere hunderttausend Dollar kosten. Die ersten Flüge sind für 2020 geplant. Zuletzt gab es jedoch Verschiebungen, der Termin wackelt.
Boeing
Mit seinem Starliner-Raumschiff will Boeing künftig ähnlich wie SpaceX zahlende Touristen zur ISS bringen. Auch Boeing kooperiert dabei mit Space Adventures. Zuletzt stieß das Starliner-Projekt aber auf gröbere Schwierigkeiten, weshalb es noch gar keinen Zeitplan gibt. Unterdessen hat Boeing in Virgin Galactic investiert.
Sonstige
Es gibt eine Reihe weiterer Unternehmen und Start-ups, die Pläne für den Weltraumtourismus bekannt gegeben haben. U.a. will das Start-up Orion Span ein Weltraumhotel namens Aurora Station im Orbit platzieren, und zwar schon 2021. Wie genau das funktionieren soll und wer Orion Span dabei helfen soll, steht in den Sternen.
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