Symbolbild: Ein Windpark in Brandenburg

Symbolbild: Ein Windpark in Brandenburg

© APA/dpa/Patrick Pleul

Science

Durchbruch: Mehr Energie aus bestehenden Windrädern

Ein mathematischer Durchbruch könnte dafür sorgen, dass Windräder mehr Energie produzieren. Dabei könnte die neue Formel nicht nur das zukünftige Design von Rotorblättern und Windparks ändern, sondern auch bestehende Anlagen optimieren.

Ein Forscherteam des Massachusetts Institute of Technology (MIT) hat dafür die Theorie der Aerodynamik von Rotoren neu formuliert. Das macht es möglich, die Rotorleistung, Luftströmungsgeschwindigkeit und die wirkenden Kräfte genau zu berechnen. Das neue "Unified Momentum Model" lässt sich auch unter Extrembedingungen anwenden, etwa wenn Windräder mit hoher Geschwindigkeit betrieben werden. 

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Open-Source-Programm für Windparks

Mit der neuen Open-Source-Software der Forscher (hier auf GitHub zum kostenloses Download) können Windparkbetreiber sofort ihre Anlage optimieren. Damit kann genau berechnet werden, wie die Windräder eingestellt werden müssen, um den Park optimal zu betreiben. Das funktioniere mit bestehender Hardware und die mathematischen Formeln können in bestehende Software integriert werden.

Um ihre Theorie zu entwickeln, mussten die Forscher die bisher gültigen Modelle in Frage stellen. Die stammen noch aus dem 19. Jahrhundert und beschreiben den Wirkungsgrad von Rotoren. Ein Windrad hat nach dem 1920 formulierten "Betzschen Gesetz" einen maximalen Wirkungsgrad von 59,26 Prozent. Grund dafür ist, dass die Luft durch die Windräder abgebremst wird und so ungenutzt vorbeiströmt. 

Theoretische Grundlage fehlte

Sobald sich Rotoren aber sehr schnell bewegen oder ihr Winkel geändert wird, lässt sich dieses Gesetz nicht mehr anwenden. Wurde eine Windturbine etwa falsch ausgerichtet, sollte der Wirkungsgrad eigentlich sinken. In Windparks sorgt eine absichtliche Fehlausrichtung aber dafür, dass insgesamt mehr Energie produziert wird, da sich der Luftstrom besser auf die Windräder verteilen kann.

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Daher hat man sich bisher beim Design neuer Rotorblätter auf Tests in Windtunneln und Erfahrungswerte aus Windparks verlassen. Das basierte aber nicht auf einer theoretischen Grundlage, sondern man passte anhand der Tests die ursprünglichen mathematischen Formeln von Fall zu Fall an. 

Neue Theorie ändert Betz-Limit

Für die neue Theorie nutzten die Forscher Computermodelle, mit denen sie das Zusammenspiel zwischen Luftstrom und Rotor analysierten. Sie konnten damit nicht nur die bestehenden Formeln aktualisieren, sondern auch einberechnen, dass Windturbinen nicht immer perfekt auf die Richtung des Luftstroms ausgerichtet sind. Das ist in Windparks normal, wo nicht bei jedem Wechsel der Windrichtung reagiert werden kann.

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Die neue Theorie zeigt auch, dass das Betz-Limit um einige Prozentpunkte überschritten werden kann. Das sei zwar in der Praxis keine große Änderung, doch die neue Theorie habe damit Einfluss auf eine Regel, die seit über 100 Jahren gilt, so die Forscher in einem Statement.  

Formeln gelten auch für Schiffe und Flugzeuge

Theoretisch lässt sich die neue Theorie auf alle Arten von Rotoren anwenden, nicht nur auf Windräder. Das könnte auch Schiffschrauben, Flugzeugpropeller und Wasserkraftwerke verbessern. Darauf haben sich die Forscher zwar nicht spezialisiert, die Formeln würden das aber auch abdecken.

Um ihre Theorie weiter zu validieren, planen die Forscher jetzt, sie mit Tests in Windtunneln zu prüfen. Die Ergebnisse der Forschung wurden im Fachmagazin Nature veröffentlicht.  

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