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© REUTERS / Dado Ruvic

Start-ups

Falsche Abrechnungen und Musikrechte: Start-up durchleuchtet Spotify & Co.

Mit dem millionenschweren Verkauf ihrer Musikrechte an Investmentfirmen hatten zuletzt zahlreiche Stars aufhorchen lassen. Bob Dylan, der die Rechte an seinen Songs für mehr als 300 Millionen Dollar abtrat, zählt ebenso dazu wie Neil Young, Shakira, die Red Hot Chili Peppers oder Bruce Springsteen.

Die Rechte an ihren Werken, die erst 70 Jahre nach dem Tod der Künstler*innen erlöschen, sind in Zeiten sinkender Erlöse aus Tonaufnahmen und des zunehmend schwieriger werdenden Live-Geschäfts aber nicht nur für die großen Namen im Musik-Business eine willkommene Einnahmequelle. Das Wiener Start-up Legitary hilft Künstler*innen bei der Bewertung ihrer Kataloge.

Verfahren zur Bewertung von Musikrechten können sich üblicherweise nur umsatzstarke Musiker*innen leisten, sagt Nermina Mumic, die das Unternehmen 2019 gemeinsam mit dem Musikmarktveteranen Günter Loibl und dem Statistik-Professor Peter Filzmoser gründete. Die mit künstlicher Intelligenz angetriebenen Tools des Start-ups würden solche Bewertungen auch für die breite Masse an Musiker*innen erschwinglich machen: "Wir demokratisieren den Zugang."

Legitary-Gründer

Legitary-Gründer: Peter Filzmoser, Nermina Mumic und Günter Loibl (v.l.n.r)

Unregelmäßigkeiten bei Streaming-Abrechnungen

Einen Namen gemacht hat sich Legitary mit dem Aufspüren von Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung von gestreamten Titeln. 2019 gewann man auf der renommierten Musikmesse Midem in Cannes dafür den Start-up-Wettbewerb Midemlab.

Zu den Kund*innen zählen mittlerweile einige der größten Labels weltweit, Indie-Labels, Musikverlage, Musiker*innen und Verwertungsgesellschaften aus aller Welt. Aber auch Audit-Firmen greifen gerne auf die Dienstleistungen des Wiener Unternehmens zurück.

Im Durchschnitt betrage die Diskrepanz zwischen den abgerechneten und den tatsächlichen Streams 7 Prozent, rechnet die Mathematikerin vor. Pro Jahr würden den Rechteinhaber*innen auf diese Art rund eine Milliarde Dollar entgehen.

Falsche Daten und Betrug

Der Großteil davon habe technische Gründe, etwa die schlechte Datenhaltung. Beim Streaming würden große Datenmengen entstehen, sagt Mumic. Die würden aber häufig immer noch in Excel-Spreadsheets gehalten. Nicht selten würden Reports auch nicht richtig importiert oder Daten falsch zugeordnet.

Daneben gebe es aber auch Betrug, etwa mit Bots in Streaming-Farmen, die Tracks in Endlosschleife laufen haben, erzählt die Gründerin.

Aufgespürt werden Anomalien. Etwa ob weniger oder mehr Streams gemeldet werden, als vom Markt her nachvollziehbar seien. Dazu analysiert das Start-up unter anderem historische Daten und Vergleichsdaten verschiedener Plattformen.

Auch unterschiedliche Abrechnungsmodelle, beispielsweise ob es sich um Streams im Abo oder werbefinanzierte Streams handelt, fließen in die Berechnungen mit ein. 300 Milliarden Streams habe man damit bereits analysiert, erzählt Mumic.

Prognosen

Mit den mathematischen Modellen des Start-ups lassen sich auch künftige Einnahmen von Musiker*innen prognostizieren. An einem entsprechenden Tool werde gerade gearbeitet, sagt die Gründerin. Solche Vorhersagen stellen einen nicht unwesentlichen Teil bei der Bewertung der Musikrechte dar.

Lasse sich deren Wert beziffern, eröffne dies Musiker*innen beispielsweise einen besseren Zugang zu Finanzierungsmöglichkeiten. Die Daten könnten aber auch zur Berechnung von Vorschüssen für Aufnahmen herangezogen werden.

Niederlassung in den USA

Im vergangenen Jahr eröffnete Legitary eine Niederlassung in den USA. Dort befindet sich auch der Großteil der Kund*innen des Start-ups. Die hofft man von Los Angeles aus besser betreuen zu können. "Um einen Rahmen für die langfristige Zusammenarbeit zu schaffen, ist es wichtig, vor Ort präsent zu sein", sagt Mumic.

Finanziert wurde Legitary neben Eigenleistungen der Gründer*innen auch aus Förderungen, etwa von der Förderbank Austria Wirtschaftsservice (aws), der Wirtschaftsagentur Wien (WAW), sowie Umsätzen aus dem Geschäftsmodell. Derzeit wird überlegt, eine Finanzierungsrunde vorzuziehen, um die Nachfrage zu bedienen und schneller wachsen zu können.

"Wir evaluieren gerade und strecken unsere Fühler aus", sagt Mumic. Die Nachfrage nach den Lösungen des Unternehmens sei jedenfalls groß: "Datengetriebene Entscheidungen werden auch am Musikmarkt immer wichtiger."

Dieser Artikel entstand im Rahmen einer Kooperation zwischen futurezone und Austria Wirtschaftsservice (aws).

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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