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Start-ups

Mit Raketen und Minecraft Mathe lernen

Ein Raketen-Raumschiff bauen, Aliens treffen, einen Roboterarm steuern, eine Lavalampe oder einen Dinosaurier basteln. Das Wiener Edutech-Unternehmen Robowunderkind hat eine Reihe kostenloser Aktivitäten-Guides veröffentlicht, mit denen Kindern durch den Lockdown geholfen und Lust auf Technik und Wissenschaft gemacht werden soll.

"Wir wollen Kinder spielerisch an MINT-Themen heranführen", sagt Robowunderkind-Gründerin Anna Iarotska zur futurezone. MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik. Die vorerst 4 thematisch gegliederten von Pädagogen erstellten Anleitungen, die kostenlos von der Robowunderkind-Website heruntergeladen werden können, enthalten jeweils ein Programm für 7 Tage und sollen Problemlösungskompetenz und Kreativität fördern. Gedacht sind sie für Kinder im Alter von 5 bis 12 Jahren. Die für die Übungen notwendigen Materialien, etwa Kartons, Papier oder Buntstifte, dürften in fast jedem Haushalt vorhanden sein.

"Es geht darum, dass Kinder angeregt werden, die Welt selbst zu entdecken", sagt Iarotska. Sie sollen Probleme erkennen, analysieren und eigenständig lösen. Wenn man an die Corona-Pandemie und die Entwicklung von Impfstoffen denke, seien genau solche Fähigkeiten gefragt, meint die Gründerin: "Wir brauchen mehr Leute, die sich für wissenschaftliche Berufe interessieren und auch in diese Richtung entwickeln wollen."

Programmieren ist einfach nur eine Möglichkeit, Kreativität in der technischen Welt auszuleben.

Anna Iarotska | Robowunderkind-Gründerin

Einen Namen gemacht hat sich das Wiener Start-up mit einem Roboterbausatz (futurezone-Test), mit dem Kinder spielerisch Programmieren lernen können und der bereits an 500 Schulen weltweit zum Einsatz kommt.

Programmieren sei nur eine Möglichkeit, Kreativität in der technischen Welt auszuleben, sagt Iarotska. Auch das Interesse an Wissenschaft und Experimenten sei eine Vorbereitung auf die Zukunft und die Berufe der Zukunft.

Anna Iarotska

Mathe sei in der Schule auch deshalb so gefürchtet, weil es nicht spannend unterrichtet werde, sagt Iarotska: "Man hat überhaupt keinen Bezug dazu." Der Wissenserwerb müsse auf die Probleme und die Lebenswelt der Kinder abgestimmt werden.

Mathe-Nachhilfe in Minecraft

Das macht auch der 20-jährige WU-Student Oliver Planner, der auf der Plattform GoStudent Schülern in dem vor allem bei Kindern und Jugendlichen populären Open-World-Spiel Minecraft Mathematik-Nachhilfe gibt.

Kinder bekommen auf ihren Streifzügen durch die Computer-Spielewelt, in der sie sonst Häuser und Landschaften mit Würfelblöcken bauen, Mathe-Aufgaben gestellt. Dabei rechnen sie etwa aus, wie viele Holzblöcke sie noch brauchen, um ein Haus fertigzustellen oder wie lange ein Fischer noch fischen könne, bis der Teich leer sei. 

Das hebe sich vom "klassischen Schwarz-Weiß-Lernen" ab, sagt Planner. Das Lernen in der Online-Welt werde von den Schülern auch nicht mit Lernen verbunden: "Sie haben Spaß damit."

In einigen skandinavischen Ländern werde das Online-Spiel deshalb auch seit Jahren im Unterricht eingesetzt, sagt Planner. "Minecraft hat auch den tollen Nebeneffekt, dass es die Kreativität fördert."

Ninjas auf YouTube

Auf Lebensnähe und populäre Online-Plattformen setzt auch Classninjas. Das Wiener Start-up vermittelt in animierten Videos, die in einer App, aber auch auf YouTube angeboten werden, mathematische Grundlagen für die 5. bis zur 8. Schulstufe. Ausgangspunkt sind dabei immer praktische Probleme von Jugendlichen. So werden etwa Bruchrechnungen anhand von Donuts erklärt.

Das Interesse an dem Angebot habe seit Beginn der Pandemie stark zugenommen, sagt Classninjas-Gründer Karim Saad. Auf TikTok, wo das Start-up ebenfalls präsent ist, wurden alleine in den vergangenen 4 Wochen 30.000 Follower gewonnen, insgesamt folgen dem Start-up in dem Online-Netzwerk bereits 340.000 Leute.

Mädchen und Buben gleichermaßen interessiert

Robowunderkind bot bereits während des ersten Lockdowns im Frühjahr wöchentliche Webinare zur Robotik und Programmierung für Kinder an. Mädchen und Buben hätten sich an den Übungen gleichermaßen beteiligt, sagt Gründerin Iarotska: "Wir haben nicht wirklich einen Unterschied bemerkt."

Warum drängen dann vor allem Jungs in wissenschaftliche und technische Berufe? Viele Mädchen würden später beginnen, an den eigenen Fähigkeiten zu zweifeln. Das liege wohl an der Erziehung, aber auch an gesellschaftlichen Stereotypen, meint die Robowunderkind-Gründerin. Deshalb müsse man versuchen, Mädchen möglichst früh zu erreichen: "Man muss ihnen die Möglichkeit geben, Erfolgserlebnisse zu haben und positive Erfahrungen mit der Technik zu machen."

"Österreich ist katastrophal langsam"

Anna Iarotska | Robowunderkind-Gründerin

Das österreichische Bildungssystem könne solche Anforderungen nicht erfüllen, meint Iarotska. "Die Welt ändert sich sehr schnell. Die Schule hat sehr feste Strukturen, die sich leider nicht schnell genug daran anpassen." Bis solche Veränderungen in der Schule ankommen würden, vergehe sehr viel Zeit: "Österreich ist katastrophal langsam."  

Durch die Corona-Pandemie wurden viele Schwachstellen im Bildungssystem offengelegt. Wird sich das jetzt ändern? Es gebe jetzt sicherlich mehr Bereitschaft und Interesse, Änderungen umzusetzen, sagt Iarotska: "Aber ich bin mir nicht sicher, ob die Dringlichkeit auch wirklich erkannt wurde."

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Patrick Dax

pdax

Kommt aus dem Team der “alten” ORF-Futurezone. Beschäftigt sich schwerpunktmäßig mit Innovationen, Start-ups, Urheberrecht, Netzpolitik und Medien. Kinder und Tiere behandelt er gut.

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