Überschall-Reisen: Diese Start-ups wollen der Concorde nachfolgen
Die "Concorde" ist eine Legende der Luftfahrtgeschichte. Der erste Prototyp hob am 2. März 1969 vom französischen Flughafen Toulouse-Blagnac ab, die ersten kommerziellen Flüge starteten ab Jänner 1976. Rund ein Jahr später gab es dann transatlantische Linienflüge zwischen London bzw. Paris und New York.
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Ein Transatlantikflug mit dem Überschall-Flugzeug dauerte nur 3 bis 3,5 Stunden. Damit war die "Concorde" bisher das schnellste Passagierflugzeug der Geschichte. Auch in Österreich war die "Concorde" in den 1980ern mehrmals zu Gast - Linienflüge nach Österreich gab es aber nie.
Die "Concorde" war jedoch nicht das einzige Flugzeug seiner Art. Selbstverständlich hatte man auf der anderen Seite des Eisernen Vorhangs eine eigene Version des Flugzeugs, wie in vielen anderen technischen Bereichen auch. 1965 stellte die Sowjetunion die Tupolew Tu-144 vor.
Das Flugzeug hatte eine so große Ähnlichkeit mit der "Concorde", dass man sie scherzhaft „Konkordski“ nannte. Bevor man das Flugzeug erstmals präsentierte, wurden deshalb mehrere Personen, die an der "Concorde" mitgearbeitet hatten, wegen Industriespionage verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, gemeinsame Sache mit der Sowjetunion gemacht zu haben.
Rekordhalter Blackbird bekommt Konkurrenz
Das schnellste Flugzeug in der Luftfahrtgeschichte war allerdings keine Passagiermaschine, sondern die SR-71 „Blackbird“ von Lockheed, die mit einer Maximalgeschwindigkeit von Mach 3,2 (3.951,36 km/h) unterwegs war. Dieses Flugzeug wurde für militärische Zwecke genutzt.
Mehrere Unternehmen tüfteln derzeit aber an Passagierflugzeugen, die fast so schnell wie die "Blackbird" oder sogar noch schneller fliegen sollen. Sie wollen das Reisen in Hyperschallgeschwindigkeit möglich machen - also reisen mit der 5-fachen Schallgeschwindigkeit (6.175 km/h). Damit wir zum Shopping schnell nach New York fliegen können.
Boom Supersonic
Vergangene Woche verkündete das US-Start-up Boom Technology, dass es den ersten erfolgreichen Testflug mit dem experimentellen Überschallflieger-Prototyp XB-1 durchgeführt hat. Das Flugzeug erreichte dabei allerdings keine Überschallgeschwindigkeit, sondern nur 455 km/h (Mach 0,368) bei einer Flughöhe von 2.170 Meter. Das Flugzeug soll allerdings bis zu Mach 2,2 schaffen.
Damit würde das Flugzeug, wie bereits die "Concorde", eine Flugdauer von 3,5 Stunden von London nach New York erlauben. Allerdings nur theoretisch, denn derzeit reicht dessen Reichweite nicht für diese Strecke. Das Flugzeug müsste deshalb einen Zwischenstopp einlegen.
Irgendwann soll die Technologie von XB-1 dann im von Boom geplanten Überschall-Flugzeug "Overture" stecken, das für 64 bis 80 Passagiere Platz bieten soll. Bereits mehrere Fluglinien wie United, American und Japan Airlines haben das Flugzeug schon vorbestellt, ab 2029 sollen erste kommerzielle Flüge damit stattfinden, zumindest wenn alles nach Plan geht.
Die Flugtickets sollen preislich mit jenen in der Business-Class von herkömmlichen Langstreckenflügen mithalten können. Die Geschwindigkeit der Passagiermaschine "Overture" soll bei Mach 1,7 liegen - es wird 1,7-mal so schnell wie Schall und damit doppelt so schnell sein wie ein gewöhnliches Passagierflugzeug.
Lockheed
Ein ähnliches Proof-of-Concept wie Booms XB-1 ist auch die X-59 von Lockheed Martin. Das experimentelle Überschallflugzeug wurde am 12. Jänner 2024 vorgestellt und ist eine Kooperation zwischen Lockheed und der NASA. Es soll beweisen, dass Überschall-Flüge auch leiser gehen und so zu einer größeren Akzeptanz dieser Flugzeuge beitragen. Denn der Lärm, der beim Durchbrechen der Schallmauer entsteht, ist bislang einer der größten Nachteile von Überschallflügen. X-59 soll vor allem eine Datengrundlage für US-Regulierungsbehörden liefern, die damit Mindeststandards für Fluglärm festlegen sollen.
Mit dem Flugzeug will die NASA den Überschall, der von solchen Flugzeugen ausgelöst wird, wesentlich leiser machen. Die Forscher*innen, die mit der Technologie experimentieren, hoffen, mit dem Flugzeug zu beweisen, dass eine Beschleunigung auf Überschall möglich ist. Ohne, dass der übliche Lärm entsteht.
Dazu haben sie sich beim Design einiges überlegt. Die X-59 wird von einem einzelnen Triebwerk angetrieben, das auch bei Kampfflugzeugen verwendet wird. Es ist so platziert, dass der Lärm von den Menschen am Boden weggeleitet wird. Statt dem lauten Knall soll das Geräusch bei Durchbrechen der Schallmauer eher einem „leisen Schlag“ gleichen. Derzeit sind in den USA Überschallflüge verboten, weil sie zu laut sind. Würde man es schaffen, eine leisere Technologie zu entwickeln, könnte das den Weg zu Überschallflügen ebnen.
Hermeus
Das US-Start-up Hermeus arbeitet an einer Passagiermaschine, die in 90 Minuten von New York nach Paris fliegen können soll. Das ist 5-mal so schnell, wie gewöhnliche Flugzeuge unterwegs sind. Sie soll mit maximal Mach 5 fliegen und eine Reichweite von 7.403 Kilometern besitzen. Das erste fertige Modell soll es bereits 2029 geben. Ähnlich wie Boom Supersonic arbeitet auch Hermeus derzeit mit einem Testflugzeug, das stetig weiterentwickelt wird. Der Prototyp Quaterhorse Mk 1 soll noch dieses Jahr abheben.
Selbsterklärtes Ziel von Hermeus ist es, den Geschwindigkeitsrekord zu brechen, der 1976 von der SR-71 "Blackbird" aufgestellt wurde. Derzeit scheint es allerdings alles andere als sicher, ob die Firma das auch schaffen wird: Der Unternehmensgründer A.J. Piplica sagt selbst, dass die Chancen, das Flugzeug in die Luft zu bekommen, bei weniger als 50 Prozent liegen.
Exosonic
Auch Exosonic arbeitet an einem Überschalll-Passagierflugzeug. Es soll auf Mach 1,8 beschleunigen können und eine Reichweite von 9.260 Kilometer besitzen. Es würde Platz für 71 Passagiere bieten. Neben Lockheed und der NASA setzt sich auch Exosonic für leisere Überschallflieger ein. Sie wollen eines Komplettverbots von Überschallflügen in den USA bestimmte Lärmgrenzen für Überschallflüge festlegen. Ihr Flugzeug soll in 4 Stunden von der US-Metropole Chicago nach London fliegen.
Das Unternehmen behauptet, dass ihr Überschall-Antrieb eine Lautstärke unter 80 dB verursachen würde, wenn es die Schallmauer durchbricht. Das entspricht etwa der Lautstärke von Verkehrslärm. Das Flugzeug soll außerdem mit nachhaltigem Treibstoff fliegen und so die Umwelt weniger belasten.
Wann genau es das von Exosonic entwickelte Passagierflugzeug geben wird, hat das Unternehmen bis dato nicht verraten. Allerdings sagt Exosonic selbst, dass wir allgemein erst mit anfangs oder Mitte der 2030er Jahre mit einem solchen Flugzeug rechnen dürfen.
Venus Aerospace
Der "Stargazer" von Venus Aerospace ist kein gewöhnliches Passagierflugzeug, sondern ein „Spaceplane“. Es heißt so, weil es einen Raketenantrieb hat und mit unglaublichen Mach 9 fliegen soll – das wäre 9-mal so schnell wie Schall.
Der "Stargazer" soll die Überquerung des Pazifiks in einer Stunde ermöglichen. Die Entwicklung des Flugzeugs ist erst 2020 gestartet. In dem Jet sollen bis zu 12 Personen Platz finden und das Flugzeug soll mehr als 8.000 km/h schaffen. Damit ist das Flugzeug 11-mal so schnell wie heutige Passagierflugzeuge. Zum Starten soll das Flugzeug einen normalen Flugzeug-Antrieb nutzen. Wenn es dann in der Luft weiter weg von Stadtzentren sei, würden der Raketenantrieb aktiviert und die Maschine auf Hyperschallgeschwindigkeit beschleunigt werden.
Bisher hat das Start-up mit Sitz in Denver allerdings noch nicht viel gezeigt, außer große Versprechungen. Das Flugzeug, das etwas zu gut klingt, um wahr zu sein, soll eine Flughöhe von 52.000 Meter schaffen. Die Flughöhe von normalen Flugzeugen beträgt hingegen ca. 11.000 Meter - dadurch könnte man als Passagier im "Stargazer" sogar die Erdkurve am Horizont sehen. Bis es ein solches Flugzeug tatsächlich geben dürfte, wird noch mehr als ein Jahrzehnt vergehen - falls es das Flugzeug überhaupt irgendwann geben wird.
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Destinus
Nicht nur amerikanische Unternehmen tüfteln an Hyperschall-Flugzeugen. Das Schweizer Start-up Destinus will 2026 einen Prototyp für ein Hyperschall-Flugzeug vorstellen, das mit Wasserstoffantrieb funktioniert. Es soll das erste seiner Art in der Geschichte der Luftfahrt werden und bis 2030 gebaut werden. Dabei arbeitet der Schweizer Flugzeugbauer derzeit an mehreren Prototypen.
"Destinus S" soll künftig Geschäftsreisende transportieren. Bis zu 25 Passagiere würden in dem Wasserstoffflugzeug Platz finden und es soll 10.000 km weit fliegen können. Das Flugzeug könnte doppelt so schnell wie die Concorde sein und Reisende in 1,5 Stunden von Paris nach New York fliegen. Die maximale Fluggeschwindigkeit soll Mach 5 betragen. Mit ersten Auslieferungen rechnet Destinus zwischen 2032 und 2035.
Space Transportation
Auch in China macht man sich Gedanken über die Zukunft des Fliegens. Das Start-up Space Transportation aus Peking will ein Flugzeug entwickeln, das in einer Stunde von Peking nach New York fliegen soll. Allerdings handelt es sich bei der Passagiermaschine weniger um ein tatsächliches Flugzeug, sondern vielmehr um eine Art Rakete: Denn die Maschine wird mit Raketenantrieb vertikal gestartet. Es würde mit 4.180 km/h durch den suborbitalen Raum fliegen. Damit wäre es höher unterwegs als irgendein Flugzeug vor ihm.
Erste Tests am Boden sollen noch heuer stattfinden, ein bemannter Testflug im Jahr 2025. Bis zu 12 Personen könnten in dem Jet Platz finden. Am ehesten lässt es sich vermutlich mit dem "SpaceShip Two" von Virgin Galactic vergleichen. Auch dieses fliegt mit einem Raketenantrieb.
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Können die Start-ups ihre Versprechen einlösen?
Mit der "Concorde" gab es in der Vergangenheit bereits ein mehr oder weniger erfolgreiches Überschallflugzeug. Allerdings hat es auch Gründe, warum die superschnellen Fluglinien irgendwann eingestellt wurden: Der Lärm, den die Maschinen verursachten und die hohen Kosten aufgrund des Treibstoffverbrauchs etwa. Die ehrgeizigen Start-ups und Unternehmen müssen nun erst beweisen, dass sie es diese Probleme aus dem Weg schaffen können.
Der Betrieb der "Concorde" stellte sich als nicht wirtschaftlich heraus, da das Flugzeug sehr viel Treibstoff verbrauchte. Laut Studien braucht ein Überschall-Flugzeug das 5- bis 7-Fache an Kraftstoff pro Passagier - verglichen mit einem normalen Flugzeug. Die Flugtickets waren so teuer, dass sich die meisten Menschen schlicht keine leisten konnten.
Überschall-Flugzeuge sind sehr laut: Wegen des Überschallknalls konnten die Flugzeuge nur über dem Atlantik mit maximaler Geschwindigkeit fliegen. Außerdem beendete ein Absturz einer "Concorde" im Jahr 2000 die Begeisterung für das Flugzeug. 113 Menschen starben bei dem Unfall. Danach wollten nicht mehr ausreichend Leute mit der Concorde fliegen - deshalb stellte die Air France ihre Überschall-Flüge mit Juni 2003 ein. British Airways folgte dem Beispiel 4 Monate später. In Summe absolvierte die "Concorde" 28.000 Flüge.
Auch unter den jungen Unternehmen gibt es welche, die bereits wieder aufgeben mussten. Das US-Startup Aerion ist bereits seit 2021 aus dem Rennen, obwohl es die Unterstützung von Luftfahrtriesen wie Boeing und Lockheed Martin hatte. Die Firma wollte einen Businessjet mit Überschall-Geschwindigkeit bauen. Allerdings musste die Firma zusperren, weil sie keine weiteren Geldmittel mehr aufstellen konnten.
Überschallflieger sind teuer und laut
Die Start-ups, die noch im Rennen sind, sagen, dass ihre Flugtickets günstiger und nachhaltiger werden. Sie wollen auf Biotreibstoffe setzen. Expert*innen, die sich mit dem sehr wettbewerbsintensiven Flugmarkt auseinandergesetzt haben, zweifeln an diesem Versprechen. Bereits gewöhnliche Fluglinien hätten Probleme, im harten Wettbewerb zu bestehen, meinen sie.
Überschallflüge sind nicht nur wegen der technologischen Hürden ein Problem, sondern es gibt auch rechtliche Hürden. In den USA waren Überschallflüge fast unmöglich - wegen des ohrenbetäubenden Lärms, der beim Durchbruch der Schallmauer entsteht.
In den vergangenen Jahren wurden die Regeln in den USA allerdings gelockert und aktuelle Versuche mit Lockheeds X-59 weisen darauf hin, dass mit weiteren Lockerungen gerechnet werden kann. In Europa sind die Gesetze weniger streng, schließlich waren wir Europäer in den 1970er Jahren sehr stolz auf "unsere“ Concorde.