Warzenschwein auf Drohnenjagd: Erdkampfflugzeug A-10 schießt Shaheds ab
Die legendäre A-10 liegt in ihren letzten Atemzügen. Das Warzenschwein (Warthog), wie das US-Kampfflugzeug liebevoll genannt wird, soll in Frühpension gehen.
A-10 mit Warzenschwein-Bemalung
© US Air Force
Ein Budgetplan sieht vor, dass alle noch aktiven 162 A-10s im Fiskaljahr 2026 ausgemustert werden, statt wie geplant erst 2029. Damit soll Geld freigeschaufelt werden, um Trumps „Superflieger“ F-47 noch rechtszeitig in seiner Amtszeit zum Jungfernflug abheben zu lassen.
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Mit dieser Grafik wurde die F-47 angekündigt
© US Air Force
Nichtsdestotrotz beweist die A-10 jetzt, dass man einem alten Warzenschwein noch neue Tricks beibringen kann. Das Flugzeug, das eigentlich nur für Bodenangriffe gebaut wurde, ist jetzt ein Luftkampf-Drohnenjäger.
Ares trägt Kill-Marks
Am 10. Oktober sind A-10s in den USA angekommen, nach einer Stationierung im Nahen Osten. Eine davon hat den Namen Ares aufgemalt. Neben einem Warzenschwein-Spartanerkrieger und dem oft verwendeten A-10-Schnurrbart, hat sie auch 2 Kill-Marks.
Diese zeigen Drohnen in Bauweise der Shahed-136. Die A-10 hat also im Luftkampf 2 Drohnen zerstört. Die Markierungen daneben zeigen den Abwurf von mehreren Gleitbomben GBU-39 und den Einsatz der GAU-8 30-mm-Kanone.
Die A-10 hat zwar schon in der Vergangenheit 2 Hubschrauber mit der GAU-8 aus der Luft geschossen, dass die Abschüsse der Shaheds damit gemacht wurden, ist aber eher unwahrscheinlich. Die A-10s haben nämlich vor nicht allzu langer Zeit die Fähigkeit bekommen, das APKWS II (Advanced Precision Kill System) zu nutzen.
A-10s im Nahen Osten wurden bereits mit der Abschussvorrichtung für APKWS II gesichtet. Dieser Pod wird unter den Flügeln montiert und bietet Platz für 7 Raketen. Er kommt auch bei anderen Kampfjets, wie der F-15 und F-16, zum Einsatz.
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F-16 mit APKWS II bei der Luftbetankung. Im Pod sind nur noch 4 Raketen statt 7 - 3 wurden anscheinend abgefeuert.
© US Air Force
So funktioniert APKWS II
Ursprünglich wurde APKWS II entwickelt, um Bodenziele anzugreifen. Die lasergelenkten Raketen haben sich aber als effektiv gegen langsam fliegende Drohnen erwiesen, wie etwa die Shahed-136. Die Ukraine nutzen etwa mit Vampire ein APKWS-II-System für Geländewagen, um russische Drohnen abzuschießen.
APKWS II ist ein Aufrüstkit für die Hydra 70. Die Hydra 70 ist eine ungelenkte Luft-Boden-Rakete mit 70mm-Durchmesser. Die Hydra 70 wurde für Luftunterstützung im Nahbereich konzipiert und wird deshalb vor allem bei Kampfhubschraubern eingesetzt.
APKWS II macht aus der ungelenkten Hydra 70 eine lasergelenkte Rakete. Dazu wird zwischen dem Gefechtskopf und dem Raketenmotor die WGU-59/B Guidance Unit eingesetzt. Diese enthält Lenkflügel und den Lasersucher.
Grafische Darstellung von APKWS II. Oben die reguläre Hydra 70. Die WGU-59/B Guidance Unit wird zwischen Gefechtskopf und Raketenmotor eingefügt
© Vslv/Wikimedia Commons
Das Ziel wird mit einem Laser markiert. Dieser ist für das menschliche Auge nicht sichtbar und meist im Infrarotbereich. Die abgefeuerte APKWS-II-Rakete steuert auf das markierte Ziel zu.
Der übliche Gefechtskopf der Hydra ist der M151, der ein Kilogramm Sprengstoff enthält. Der Sprengradius wird mit 10 Metern angegeben, die Splitterwirkung mit bis zu 50 Metern. Die Reichweite von APKWS II beträgt bis zu 5 km, wenn sie von einem Hubschrauber gestartet wird und 11 km von einem Flugzeug aus.
Größtes Argument APKWS II: Der Preis
Die USA haben noch etliche Hydra-70-Raketen in ihren Arsenalen. Also muss nur das APKWS II neu gekauft werden. Das kostet in der aktuellen Ausführung etwa 15.000 US-Dollar pro Stück. Selbst, wenn die alten Hydra 70 verbraucht sind, wird ein neu gebauter Gefechtskopf und Hydra-70-Motor die Gesamtkosten einer APKWS-II-Rakete nur auf 22.000 US-Dollar ansteigen lassen.
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Zum Vergleich: Die Luft-Luft-Rakete AIM-9 Sidewinder wäre derzeit die günstigste Lenkwaffe, mit der ein Kampfjet der USA, inklusive der A-10, Luftziele bekämpfen kann. Die Sidewinder kostet in der aktuellen Ausführung 400.000 US-Dollar. Allerdings hat sie mit 35 km eine höhere Reichweite und ist agiler, weil sie für Dogfights gegen Kampfjets gemacht wurde. Weil sie einen Infrarotsucher nutzt, muss das Ziel auch nicht mit einem Laser bis zum Einschlag markiert werden.
Air Force hält sich bedeckt
Noch ist nicht bestätigt, ob wirklich APKWS II von der A-10 für die Drohnenabschüsse genutzt wurde. TWZ hat bei der Air Force diesbezüglich angefragt und als Antwort bekommen: „Keine Auskunft zu diesem Thema, wegen Sicherheitsbedenken“. In diesem Kontext kann das als Bestätigung gewertet werden: Wären die Abschüsse nicht mit APKWS II erfolgt, hätte die Air Force einfach nur „nein“ sagen können.
Unter dem rechten Flügel ist ein Targeting-Pod, mit dem Ziele per Laser markiert werden. Unter dem linken Flügel ist ein Pod für 70-mm-Raketen, wie sie auch bei APKWS II genutzt werden.
© US Air Force
Die Air Force hat zumindest bestätigt, dass die fotografierten A-10s von einem Einsatz unter der Schirmherrschaft von Central Command (CENTCOM) zurückgekehrt sind, also aus dem Nahen Osten. Da ihre CENTCOM-Stationierung Ende März begonnen hatte, waren die A-10s während des 12-Tage-Konflikts zwischen Iran und Israel vor Ort. Bei diesem Konflikt hat die Air Force ua. iranische Drohnen abgefangen, die Richtung Israel geflogen sind. Es ist also gut möglich, dass die A-10 in diesem Zusammenhang ihre Drohnentreffer erzielt hat.
Vorteil der A-10 als Drohnenjäger: Sie ist langsam
Die A-10 wurde als Bodenkampfflugzeug speziell gebaut, um langsam und tief zu fliegen. Dadurch sollte sie mit der GAU-8 Bodenziele effektiv bekämpfen können. Dieses langsame Fliegen hilft dabei, Drohnen wie die Shahed abzufangen.
Drohnen dieses Typs sind oft nur mit 170 bis 300 km/h unterwegs. Unterschreiten Kampfjets eine gewisse Geschwindigkeit (je nach Modell schon bei 250 bis 300 km/h), kommt es zu einem Strömungsabriss (Stall), der zum Absturz führen kann. Die Stall-Geschwindigkeit der A-10 liegt bei etwa 220 km/h. Dadurch kann sie länger hinter der Drohne nachfliegen, um sie mit dem Laser für APKWS II zu markieren.
Eine Alternative dazu ist Buddy-Lasing. Diese kommt bei schnelleren Kampfjets der USA zum Einsatz. Ein Kampfjet fliegt höher und in größerer Entfernung zur Drohne und markiert sie mit dem Infrarot-Laser. Ein zweiter Kampfjet mit APKWS-II-Pod führt den Angriff aus dem bestmöglichen Winkel aus und muss dabei nicht darauf achten, das Ziel selbst bis zum Einschlag der Rakete mit dem Laser zu markieren – weil das eben der Buddy macht.
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2 F-16s, beide haben 2 APKWS-II-Pods unter dem linken Flügel.
© US Air Force
Zudem wird an einer Variante von APKWS II gearbeitet, die noch mehr für den Luftkampf optimiert ist. Diese hat einen Infrarotsuchkopf, was die Rakete zu einer Fire-and-Forget-Waffe macht – sie sucht sich das Ziel selbst, eine dauerhafte Markierung mit dem Laser ist nicht nötig. Außerdem soll sie einen Annäherungszünder haben. Die Raketen explodieren dadurch kurz vor dem Ziel. Die Wucht der Explosion und die Splitter zerstören so die Drohne, selbst wenn diese im letzten Moment ein Ausweichmanöver fliegt.
Nachteil: Sie ist langsam
Die Langsamkeit der A-10 kann im Drohnenkampf auch ein Nachteil sein. Ihre Höchstgeschwindigkeit ist mit 706 km/h gering, verglichen zu etwa einer F-15 (2.698 km/h).
Dadurch kann sie gesichtete Drohnen weniger schnell erreichen. Sie ist also eher geeignet, um Drohnen in einem bestimmten Gebiet aufzulauern, anstatt sie abzufangen.
Ein weiterer Nachteil der A-10: Sie hat kein Radar. Beim Aufspüren von Drohnen auf größere Distanz ist sie also auf die Anweisungen von Bodenstationen oder anderer Kampfjets angewiesen.
Mit BRRRRRRT zum Kult-Status
Die A-10 wurde 1976 in Dienst gestellt. Dass sie bis jetzt aktiv ist, liegt daran, dass die US-Streitkräfte kein vergleichbares Erdkampfflugzeug haben.
Sie wurde ursprünglich für das Szenario entworfen, dass die Sowjetunion mit großen Panzerverbänden versucht Europa zu erobern. Um diese zu bekämpfen, hat sie die GAU-8 – eine 7-läufige Gatling-Kanone im Kaliber 30mm mit einer Feuerrate von bis zu 65 Schuss pro Sekunde. Das Abfeuern erzeugt den ikonischen „BRRRRRT“-Sound, wegen dem die A-10 ein Fan Favorite unter Rüstungsbegeisterten ist.
Im Kalten Krieg hatte die A-10 keinen Kampfeinsatz, dann aber ua. in den Golf-Kriegen, in Bosnien, im Kosovo, in Afghanistan und in Libyen.
Die Aufgaben der A-10 soll künftig die F-15EX übernehmen. Die ist zwar nicht speziell für den Erdkampf ausgelegt, hat aber eine hohe Traglast, die in diesem Fall für eine große Stückzahl an Luft-Boden-Raketen und gelenkte Bomben genutzt werden kann.