Warum sind chinesische E-Autos in Europa oft doppelt so teuer?
Wenn ein Elektro-SUV eines chinesischen Herstellers am Heimatmarkt für umgerechnet rund 25.000 Euro verkauft wird, darf man hierzulande - Pi mal Daumen - mit ungefähr 40.000 Euro für dasselbe Modell rechnen.
Etwas konkreter: Der Xpeng P7 ist in den Niederlanden ab 49.990 Euro zu haben. In China kostet dasselbe Elektroauto umgerechnet lediglich 28.300 Euro. Der Aiways U5 ist in China ab 22.600 Euro zu haben, in Deutschland kostet das Elektro-SUV mindestens 37.600 Euro.
Aber wieso ist das so? Wie kommen diese riesigen Preisunterschiede zustande, die bei europäischen Kund*innen für Enttäuschung sorgen? Wir haben uns umgehört und erklären, warum die chinesischen E-Autos in Europa so viel teurer sind.
Infos nur hinter vorgehaltener Hand
Eines vorweg: Auf die hohen Preisunterschiede angesprochen, hüllen sich Importeure und Autohersteller gleichermaßen in Schweigen. Niemand möchte sich in die Karten blicken lassen und genaue Angaben darüber liefern, wie der Europa-Preis von chinesischen Elektroautos zustande kommt.
Einige Brancheninsider*innen waren dann doch dazu bereit, Auskünfte über die Preisgestaltung zu liefern. Allerdings nur unter der Voraussetzung, dass keine Namen und keine Hersteller öffentlich genannt werden.
Die staatlichen Förderungen
"Wenn in China ein Elektroauto zu einem Preis von - sagen wir - 12.000 Euro beworben wird, dann sind dabei die großzügigen staatlichen Förderungen bereits berücksichtigt. Je nach Region in China kostet das Auto in Wahrheit, also ohne Förderungen, vielleicht 16.000 Euro", erklärt ein Brancheninsider gegenüber der futurezone.
Wird dieses Fahrzeug für den Verkauf in Österreich importiert, könne die Importfirma allerdings nicht von dem geförderten Verkaufspreis profitieren: "Zwar bekommt ein Importeur einen speziellen Preis, der sich nach Stückzahl usw. richtet, aber an den geförderten Verkaufspreis in China kommt dieser nicht heran."
Kostspieliges Zulassungsprozedere
Bevor ein chinesisches Elektroauto in Europa überhaupt verkauft werden darf, ist ein aufwendiges Zulassungsprozedere notwendig, das mit hohen Kosten verbunden ist. Bei dieser sogenannten Homologation werden das Fahrzeug und seine Einzelteile bis ins kleinste Detail überprüft. Darunter fallen unter anderem die NCAP-Crashtests.
Als besonders aufwendig gelte dabei die Überprüfung der Fahrzeugelektronik und Fahrassistenzsysteme, sagt ein Autoexperte zur futurezone: "Je mehr Elektronik in einem Auto verbaut ist, desto anspruchsvoller und aufwendiger gestaltet sich die Homologation."
Wie hoch die Kosten für das Zulassungsverfahren in der EU tatsächlich sind, darüber sind sich selbst Autohersteller und Importeure uneinig: Während die einen von einem 3-stelligen Millionenbetrag pro Modell sprechen, können die anderen derart hohe Zulassungskosten nicht nachvollziehen und zweifeln eine solche Angabe an.
Hoher Millionenbetrag
Rechnet man alle Kosten zusammen, die durch das Zulassungsverfahren in der EU anfallen, werde man aber bestimmt auf einen hohen Millionenbetrag kommen, heißt es von einem weiteren Autohersteller.
Unterschiede in den Angaben können auch daraus resultieren, dass es verschiedene Zulassungstypen für Europa gibt. Die Zulassung einer Kleinserie, deren Volumen auf eine bestimmte Stückzahl an Fahrzeugen limitiert ist, ist beispielsweise wesentlich kostengünstiger als die Homologation einer unlimitierten Zulassung für bestimmte Modelle.
Frachtkosten, Importzoll und Vertrieb
Ist ein Elektroauto dann endlich für den Verkauf in der EU typisiert, müssen die Fahrzeuge von China nach Europa verschifft werden. "Dabei fallen aktuell sehr hohe Frachtkosten an, was in erster Linie an den hohen Energie- und Treibstoffkosten liegt", erklärt einer der Brancheninsider. Fahren die Elektroautos dann vom Frachtschiff, werde außerdem ein Importzoll in der Höhe von 10 Prozent fällig.
Damit die Fahrzeuge auch bei den Kund*innen landen, ist natürlich eine Vertriebsstrategie notwendig. Je nachdem wie der Verkauf organisiert wird, muss mit Kosten für Showrooms, Verkaufsflächen und Autohäusern gerechnet werden. Auch der Aufbau eines Werkstättennetzwerks samt Ausstattung mit den jeweiligen Spezialwerkzeugen drückt auf das Budget.
Marketing, legistische Anpassungen und Gewinnspanne
Zudem braucht es Geld für den Markenaufbau, Werbung und Marketing. Auch die Kosten für die europaweite Mobilitätsgarantie seien nicht zu vernachlässigen, wie ein Insider hinweist. Außerdem würden sich das höhere Lohnniveau und die höheren Lohnnebenkosten in Europa auf die Verkaufspreise niederschlagen.
Nicht zu vergessen seien zahlreiche legistische Anpassungen, wie es von einem Autohersteller heißt. Gemeint sind damit etwa umfangreiche Anpassungen der Fahrzeugsoftware und etwaigen Smartphone-Apps, damit deren Funktionsweise mit der EU-weiten Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Einklang steht.
Ein Brancheninsider fasst zusammen: "Wenn man nun all diese Kosten berücksichtigt, hat ein Autohersteller oder Importeur mit dem Verkauf der Fahrzeuge in Europa noch keinen Euro verdient. Also muss am Ende noch eine entsprechende Gewinnspanne hinzugerechnet werden."