Samsung Galaxy Watch8 Classic im Test: Es darf wieder an der Uhr gedreht werden
Zum letzten Mal durfte man bei der Galaxy Watch6 Classic die Lünette drehen. Mit dem Ring um das Display konnte man z. B. durch Menüs und Optionen scrollen.
➤ Mehr lesen: Samsung Galaxy Watch 6 Classic im Test: Randvoll mit Features
Die 7er-Ausgabe machte Schluss damit – jetzt feiert das Erkennungsmerkmal der Galaxy-Watch-Reihe ihr Comeback. Zumindest bei der Watch8 Classic (ab 529 Euro). Die reguläre Watch8 (ab 379 Euro) bleibt lünettenlos. Ich habe die Watch8 Classic getestet.
Polster-Design
Abgesehen von der Rückkehr der Lünette, gibt es eine andere, gravierende Änderung. Beide Watch8-Modelle nutzen das Cushion-Design (zu Deutsch: Polster). Dieses kennt man schon von der Galaxy Watch Ultra, die 2024 erschienen ist.
Dabei sitzt das runde Display auf einem rechteckigen Gehäuse mit abgerundeten Ecken. Diesen Look kennt man in ähnlicher Form von einigen Modellen von klassischen, hochpreisigen Uhren, wie Rolex und Tissot. Und weil Schönheit bekanntlich im Auge des Betrachters liegt, finde ich dieses Design nicht besonders schön.
Bei der Watch6 und Watch7 wirkte der Übergang von Display zu Gehäuse mühelos, schnörkellos und effizient. Bei der Watch8 Classic sieht es so aus, als hätten die Designer das Display auf ein Gehäuse raufgeklatscht und dann Feierabend gemacht. Bei der Watch Ultra lässt sich der wuchtige Look noch mit mehr Robustheit argumentieren, bei der Watch8 Classic wirkt es, zumindest für mich, wie ein designtechnischer Rückschritt.
Uhren-Parade: Galaxy Watch6 Classic, Watch Ultra, Watch8 Classic
© Gregor Gruber
Findet man das Design jedoch schon bei der Watch Ultra ansprechend, aber nicht das sportlich orientierte Farbschema, bekommt man jetzt mit der Watch8 Classic genau, was man wollte. Sie ist eine Art Ultra Mini – etwas kleiner, etwas dünner, dezenteres Armband und mit drehbarer Lünette. Auch der mittlere Knopf der Watch Ultra hat es zur Classic geschafft, der sich mit verschiedenen Schnellstart-Optionen belegen lässt. Bei der regulären Watch8 gibt es den nicht.
➤ Mehr lesen: Forerunner 570 im Test: Garmins teure Mittelklasse
Tragekomfort
Durch das Cushion-Design gibt es einen neuen Schnellverschluss für das Armband. Das heißt: Bänder der Watch7 sind nicht mit der Watch8-Reihe kompatibel. Durch den neuen Verschluss liegen die Armbänder seitlich enger an. Selbst, wenn man die Bänder eher locker trägt, ist das so. Durch das Lockern sinkt nur der Druck oben und unten.
Das Gute daran ist, dass die Classic dadurch sehr stabil am Handgelenk bleibt. Ein ungewolltes Verrutschen vor und zurück wird im Alltag nur selten passieren. Nur beim Sport sollte man das Band sicherheitshalber eine Spur enger schnallen, damit der Sensor möglichst stabil auf der Haut liegt und durch die Bewegungen nicht den Kontakt verliert, was zu fehlerhaften Messungen führen könnte.
Ob das neue System der Bequemlichkeit zuträglich ist, muss man selbst entscheiden. Das, was an Druck oben weniger wird, spürt man mehr an den Seiten des Handgelenks. Mag man es gar nicht, wenn man das Gehäuse der Uhr ständig am Handgelenk spürt, wird das Unwohlgefühl auch mit der Armband-Geometrie des Cushion-Designs nicht auf magische Weise verschwinden.
Die Classic ist auffallend schwer. Die kleinste Watch8 wiegt 30 Gramm, die Watch8 Classic 63,5 Gramm. Das ist sogar schwerer als die größere und dickere Watch Ultra, die 60,5 Gramm wiegt.
Samsung Galaxy Watch8 Classic
© Samsung
Die Rückkehr der Lünette
Dass die Lünette ihr Comeback feiert, ist sehr willkommen. Man muss dadurch nicht ständig den Touchscreen angreifen, um etwa schnell mal zu den Benachrichtigungen oder Infokarten zu wechseln.
Leider ist es eine verpasste Chance. Obwohl die Classic 3 Knöpfe auf der rechten Seite hat, lassen sich diese nicht so konfigurieren, dass man die Smartwatch bei Bedarf gänzlich ohne Touchscreen steuern kann. Beispielweise kann man durch Drücken der Tasten nicht bei Infokarten zum vertikalen Scrollen wechseln, um mit der Lünette nach unten zu scrollen. Auch kann man nicht eine Taste drücken, um die gewünschte Infokarte anzuwählen.
Bei der Sportaufzeichnung kann man zwar mit der Lünette nach unten scrollen, aber durch Drücken der Zurücktaste nur das Menü aufrufen, bzw. pausieren. Fürs Beenden muss man wieder das Display bemühen. Schade, denn gerade beim Sport mit feuchten Händen, im Regen oder im Winter mit Handschuhen, wäre eine Touchscreen-lose Alternativsteuerung praktisch gewesen. Aber so wird nicht das volle Potenzial der Lünette ausgeschöpft.
Samsung Galaxy Watch8 Classic in Weiß und Schwarz
© Samsung
Kacheln im Cluster
Die 8er-Serie hat einen Oberflächen-Refresh bekommen. Statt alles mit einzelnen Kacheln zuzumüllen, die man ewig durchscrollen muss, bis man zur gewünschten Info oder Aktivität kommt, kann man die Kachel-Bildschirme jetzt eher wie Ordner nutzen. In den Kacheln kann man mehrere Infokarten bzw. Shortcuts platzieren, die man vertikal durchscrollt.
So kann man sich etwa eine Kachel für Sport anlegen und eine andere für allgemeine Gesundheitsinformationen. Das erleichtert das Finden der gewünschten Information maßgeblich und macht die Smartwatch-Menüs viel aufgeräumter.
➤ Mehr lesen: Samsung Galaxy S25 Ultra im Test: Bueno, aber nicht Fuego
Wiederkehrende Probleme
Wäre schön, wenn sich Samsung nicht nur der Oberfläche, sondern auch bestehenden Problemen gewidmet hätte. Mir sind Probleme im Test untergekommen, die die Galaxy-Watch-Reihe mittlerweile über mehrere Jahre hinweg verfolgen.
Das Display der Classic ist, wenn man den Schlafmodus aktiviert, wieder viel zu hell. Das Always-On-Display wird ebenso nicht ausreichend reduziert, oder gar automatisch deaktiviert, und strahlt deshalb im komplett finsteren Zimmer. Workaround: Beim Schlafengehen das Always-On-Display ausschalten. Deaktiviert man in der Früh den Schlafmodus auf der Uhr und schaltet das Always-On-Display wieder ein, kommt es regelmäßig vor, dass das Always-On-Display nicht geht. Hier hilft es, noch ein paar Mal über die Einstellungen an der Uhr ein- und auszuschalten.
Gute Nacht: Die Display-Helligkeit der Samsung Galaxy Watch8 Classic im Schlaf-Modus
© Samsung
Was hingegen sehr wohl bei der Helligkeit automatisch reguliert wird, ist die Taschenlampe. Ist der Schlafmodus aktiv, kann man bei der Taschenlampenfunktion die Helligkeit des Displays nicht ausreichend erhöhen. Es wäre völlig in Ordnung, im Schlafmodus die Taschenlampen-Helligkeit niedriger zu starten als regulär. Aber dass man die Helligkeit nicht höher drehen kann, macht keinen Sinn.
Ebenfalls eine Rückkehr feiert der Bug, bei dem der Schlaf-Modus auf der Uhr nicht deaktiviert wird, obwohl man darauf gedrückt hat. Selbst mit wiederholtem Drücken auf die Schaltfläche wird er nicht ausgeschaltet, bis man ihn über das Icon in den Watch-Einstellungen nochmal ein- und ausschaltet.
Ein weiterer Dauerbrenner bei Samsungs Galaxy Watches ist auch bei der Watch8 Classic wieder dabei. Die auf „stark“ gestellte Vibration ist so schwach, dass man oft nicht mitbekommt, wenn man eine Nachricht erhalten hat. Das lässt sich beheben, indem man in den Einstellungen entweder die Vibrationslänge auf lang stellt (unangenehm) oder das Vibrationsmuster von „Basic“ auf etwas anderes ändert, wie zB. „Simple“.
Samsung Galaxy Watch8 Classic
© Samsung
Uhr empfiehlt, wann man schlafen gehen soll
Während man auf die Bugfixes für diese bestehenden Probleme noch weiter warten muss, arbeitet Samsung kontinuierlich daran, die Watch-Serie zu einem Wellness-Utensil zu machen. So wurde das Schlaftracking um die Schlaflatenz erweitert und es gibt jetzt Empfehlungen, zu welcher Zeit man ins Bett gehen sollte, um die Energie am nächsten Tag zu steigern. Dafür misst die Classic bei mir aber jetzt sitzende Zeit auf der Couch am Abend als einstündigen Schlaf, was die Vorgängermodelle nicht gemacht haben.
➤ Mehr lesen: Die besten Schlaftracker für iOS und Android
Gefäßbelastung und Antioxidantien
Neu ist die Gefäßbelastung, die beim Schlafen getrackt wird. Der generische Tipp zur bei mir gemessenen, gleichmäßigen Gefäßbelastung in Samsung Health-App: „Konzentriere dich auf viel Schlaf, körperliche Aktivität und eine die Herzgesundheit fördernde Ernährung.“
Gefäßbelastung
© Screenshot
Für die neue Funktion zum Messen der Antioxidantien muss man selbst aktiv werden. Die Messung startet man in der Smartphone-App. Dann nimmt man die Uhr ab und presst den Daumen gegen den Sensor auf der Rückseite. Daraufhin bekommt man Tipps, wie etwa 6 Erdbeeren, 5 Algenblätter oder eine Persimone zu essen.
Antioxidantien
© Screenshot
Messungen und Empfehlungen manchmal nicht nachvollziehbar
Wie korrekt diese Messungen und Empfehlungen sind, muss man für sich selbst entscheiden. Ich bin jedenfalls nicht sonderlich überzeugt davon. So meint die Classic etwa, dass meine gestrige aktive Zeit mit einer Stunde und 24 Minuten etwas zu lang war. Ich habe gestern 24 Minuten auf der Rudermaschine verbracht (das Rudermaschinen-Tracking ist immer noch zu rudimentär, btw.) und bin zuvor mit den Öffis in die Arbeit und zurückgefahren. Was hier genau die andere Stunde Aktivität war, lässt sich selbst in den Details zum vorigen Tag nicht herauslesen.
Auch der Energiewert, den man am nächsten Tag angezeigt bekommt, und die dazu passenden Empfehlungen sind manchmal nicht schlüssig. Bei mir wird etwa bei den 8 Parametern der „Faktoren des Energiewerts“ eine Wertung von Gut bis Ausgezeichnet angezeigt, von denen sich 6 auf die Schlafmessung beziehen. Im Menü für Schlafwert habe ich für diese Nacht aber nur die Bewertung „Ausreichend“ bekommen.
Energiewert
© Screenshot
Lauf-Coach
Ein nettes Extra ist der neue Lauf-Coach. Zuerst macht man einen Lauftest und bekommt, je nachdem wie schnell man war, ein Level von 1 bis 10 zugewiesen. Danach bekommt man Trainingseinheiten vorgeschlagen, wie etwa Intervalllaufen oder das Laufen im hügeligen Gelände. Hat man über 70 Prozent der Trainings abgeschlossen, kann man einen Lauftest absolvieren, um das nächste Lauflevel zu erreichen.
Bei den verschiedenen Trainings meldet sich der Coach öfters zu Wort, gibt Infos zu Pace und generische Tipps wie „Konzentriere dich auf den Pace statt auf Geschwindigkeit“. Samsung verspricht zwar ein durch die KI-personalisiertes Lauftraining, aber personalisiert fühlt sich der Lauf-Coach nicht an. Wenn man zu langsam ist und der Coach sagt, dass man schneller laufen soll, um den Ziel-Pace zu erreichen, reicht das meiner Meinung nach nicht, um es personalisiert zu nennen.
Für Laufanfänger ist der Coach dennoch eine gute Sache. Denn weiß man es nicht besser, kann man sich durchaus der Illusion hingeben, dass hier ein Trainingsplan für einen ganz persönlich erstellt wurde – anstatt dass dieser einfach nur auf dem Lauflevel basiert und für alle User auf demselben Level gleich ist.
Samsung Galaxy Watch8 Classic
© Gregor Gruber
KI am Handgelenk
Weil gerade alles KI ist, ist KI auch in der Watch8. Durch das Gedrücktlassen der oberen Taste wird Gemini gestartet, die Befehle erfolgen per Spracheingabe. Die Spracherkennung ist recht gut, solange man die Uhr nahe genug zum Gesicht hält.
Eine reine Bedienung per KI ist auf der Watch8 selbst bei Google-Apps nicht möglich. Auf die Ansage: „Starte auf Google Maps die Navigation zur Arbeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln“ wurde zwar der richtige Ort und die richtige App ausgewählt, aber ich musste erst recht wieder auf das Display der Uhr tippen, um die Navigation mittels Öffis zu starten. Auch mit anderen Varianten des Prompts konnte nicht sofort gestartet werden.
Seltsam ist, dass zwischen Sprachen gewechselt wird. Gemini antwortet mit weiblicher Stimme in Deutsch. Aber bittet man darum, jemandem eine Nachricht zu schicken, wird vor dem Versenden die Nachricht mit einer männlichen Stimme in Englisch vorgelesen.
Für die Nutzung der KI ist immer eine Internetverbindung nötig, entweder über das Smartphone oder über die LTE-Variante der Uhr. Selbst Funktionen, die direkt auf der Watch8 laufen, wie etwa das Starten eines Countdowns, können nicht mit Gemini ausgeführt werden, wenn es keine Datenverbindung gibt.
Samsung Galaxy Watch8 Classic
© Samsung
Akkulaufzeit
Viel Tracking und Training verbraucht auch viel Energie. Hat man Schlaftracking, Puls, Stressmessung usw. aktiviert, das Always-On-Display an und trainiert jeden zweiten Tag für etwa 30 Minuten, reicht der Akku ziemlich genau 48 Stunden.
Läuft man länger oder nutzt die Classic nicht nur zum Ansehen von Benachrichtigungen, sondern auch zum Antworten, sinkt die Laufzeit entsprechend. Am einfachsten kann man die Laufzeit erhöhen, wenn man das Always-On-Display nicht nur nachts, sondern auch am Tag deaktiviert. Davon bin ich kein Fan: Eine Uhr, die nicht permanent die Uhrzeit anzeigt, erfüllt nicht ihre Primärfunktion.
Samsung Galaxy Watch8 Classic
© Samsung
Fazit
Die Galaxy Watch8 Classic bleibt Samsungs Produktphilosophie treu: Alles reinpacken, was reingeht. Von Tracking über Wellness-Funktionen, Musikspeicher, Lauf-Coach, Blutdruckmessung (nur mit regelmäßiger Kalibrierung), bis zur Messung der Körperzusammensetzung und Antioxidantien ist alles dabei, was man sich von einer Smartwatch erwartet. Die Kirsche obendrauf ist die drehbare Lünette, die aber nicht so sinnvoll für die Steuerung ist, wie sie hätte sein können.
Dem gegenüber stehen Software-Bugs und nervige Kleinigkeiten, die sich seit Jahren in der Watch-Serie eingenistet haben, und eine nur moderate Akkulaufzeit von 2 Tagen, obwohl die Uhr wuchtig und schwer ist. Braucht man nicht dringend eine Smartwatch als Begleitung für das eigene Galaxy-Smartphone oder ist Hals über Kopf in das „Cushion“-Design verliebt, sollte man die Watch8 Classic lieber auslassen und warten, was die 9er im nächsten Jahr kann.
Oder man wartet zumindest, bis sie günstiger ist. Das dürfte recht schnell gehen: Die Watch8 Classic hat in der Bluetooth-Variante einen UVP von 529 Euro, ist auf Preisvergleichsportalen aber derzeit bereits für 365 Euro zu finden.