
Wenn die Notizen zum Podcast werden: NotebookLM-App im Test
Im Rennen rund um den Einsatz von Künstlicher Intelligenz geht es heiß her. Gerade die großen Tech-Konzerne arbeiten daran, ihre eigenen Angebote zu den besten der Welt zu machen. Neben der Frage nach den optimalen Modellen und ihrer Fähigkeiten im produktiven Einsatz, ist es vor allem der Nutzen, der oft auf der Strecke bleibt.
Google möchte genau hier mit einer neuen App ansetzen. Mit NotebookLM hat das Unternehmen sein Notiz- und Recherche-Tool nun erstmals auch in App-Form veröffentlicht. Wir haben uns die Anwendung angesehen.
Unkomplizierter Start
NotebookLM, anfänglich unter dem Namen Project Tailwind bekannt, befindet sich bereits seit 2023 bei Google in Entwicklung. Zunächst für den Desktop geschaffen, konnte die Anwendung über die Monate und Jahre immer wieder mit ihren Features für Begeisterung sorgen. Trotz allem ist das Angebot bisher unter dem Radar geflogen. Der Start von iOS- und Android-Apps soll und wird das aber höchstwahrscheinlich ändern. Mit NotebookLM möchte uns Google eine Art Notiz-App auf Steroiden zur Verfügung stellen.
Um loslegen zu können, ist zuallererst der Download erforderlich. Mit knapp 100 Megabyte zählt die App aber zu den Leichtgewichten. Der Start ist dann denkbar einfach. Haben wir bereits einen Google-Account auf dem Gerät hinterlegt, etwa in Android selbst oder Apps wie YouTube und Gmail, übernimmt NotebookLM automatisch diesen Account. Andernfalls ist eine manuelle Anmeldung erforderlich. Danach landen wir schon in der Hauptansicht der App.



4 Bilder
Überraschend übersichtlich
Ein erster Blick lässt mich fast schon staunen, wie aufgeräumt NotebookLM ist. Erste Anlaufstelle ist die Seite mit all unseren Notebooks, die beim ersten Start leer ist. Hier können wir nach „Letzte“, „Freigegeben“, „Titel“ oder „Heruntergeladen“ filtern.
Mit Tippen auf „Neu erstellen“ legen wir dann unser erstes Notebook an. Hier lernen wir dann auch erstmalig, was NotebookLM genau macht. Beim Erstellen eines Notebooks können wir Quellen hinzufügen. Das kann ein PDF, eine Webseite, ein YouTube-Video oder ein von uns kopierter Text sein. Füttern wir die App mit einer Quelle, wirft sie sich direkt an die Arbeit.
Nachdem ich in einem ersten Versuch ein Video zum Thema Stuxnet vom bekannten YouTube-Kanal Simplicissimus als Quelle hinterlegt habe, generiert NotebookLM eine Zusammenfassung zum Inhalt. Diese Zusammenfassung öffnet sich im Reiter „Chat“, einem von 3 Reitern, die uns die Interaktion mit unserem Notebook ermöglichen.
Die Zusammenfassung wird kurz gehalten und enthält die wichtigsten Punkte, teilweise fett markiert, um uns einen Überblick zu verschaffen. Möchten wir mehr Wissen, können wir hier, wie mit einem Chatbot, interagieren und Fragen stellen.
Chatbot mit Fokus
Statt jetzt aber die Weiten des Internets zu durchforsten, fokussiert sich die App ausschließlich auf unsere hinterlegten Quellen. Alle Fragen, die wir stellen, beziehen sich immer auf das von uns hinterlegte Material im jeweiligen Notebook.
Auch wenn wir den Chatbot um Informationen abseits dieser Quellen bitten, wird nur auf die Quellen Bezug genommen. Selbst Informationen aus anderen Notebooks in unserer App werden nicht berücksichtigt. Um unser Notebook schlauer zu machen, müssen wir also, je nach Thema, noch mehr Quellen liefern. Über den Reiter „Quellen“ können wir das erledigen.
Quellen sammeln leichtgemacht
Mit „Quelle hinzufügen“ lassen sich weitere Inhalte von PDFs bis zum YouTube-Video hinterlegen. Sämtliche Quellen für das jeweilige Notebook werden dann hier aufgelistet. Tippen wir auf eine Quelle, liefert die App neben einer kurzen Zusammenfassung auch den Inhalt. Im Falle eines YouTube-Videos erhalten wir sogar ein Transkript, wenn auch ohne Absätze bzw. Interpunktion.
Stolpern wir beim Surfen über eine interessante Quelle, können wir diese per Share-Button auch direkt an die App schicken. Selbst die Sprache spielt keine Rolle. Mixen wir Sprachen, kann NotebookLM trotzdem damit umgehen. Das Sammeln von Quellen hat aber auch Grenzen. Enthalten diese Gewalt, Sexualität oder Obszönitäten, selbst im historischen Kontext, kann es vorkommen, dass die App Antworten verweigert. Außerdem werden wir derzeit auf 50 Quellen beschränkt.
Beängstigend gut
Anhand all jener Quellen, die wir der App bzw. dem spezifischen Notebook gefüttert haben, lässt sich dann auch noch eine Audio-Zusammenfassung erstellen. Je nach Ausmaß vergehen zwischen Tippen auf den Button und fertiger Zusammenfassung eine bis einige Minuten. Während die Zusammenfassung generiert wird, können wir aber andere Dinge erledigen.
Wir werden nicht an die geöffnete App gefesselt. Ist die App dann fertig, fängt das Staunen an. Heraus kommt hier eine Art Podcast, der unsere Quellen in Audioform zur Verfügung stellt. NotebookLM brabbelt aber nicht einfach den Text monoton runter. Stattdessen bekommen wir 2 virtuelle Podcaster, die uns das gesamte Thema darbieten.
Die Stimmen, sowohl auf Deutsch als auch auf Englisch, klingeln überaus natürlich. Fast schon gespenstisch sind die leichten Atemgeräusche, die beim Beenden von Sätzen hörbar sind. Auch die immer wieder eingestreuten Füllworte lassen die Unterhaltung so natürlich wirken, dass meist kaum erkennbar ist, dass hier keine echten Menschen am Werk waren.
"Mama, ich bin im Podcast!"
Wirklich verrückt wird es dann, wenn wir das derzeit nur auf Englisch verfügbare Feature „Interactive Mode“ über den Join-Button nutzen. Hier lässt uns NotebookLM quasi dem Podcast beitreten. Stellen wir eine Frage, beantworten Erzählerin und Erzähler unsere Frage auf Basis der hinterlegten Quellen.
Wurde die Frage beantwortet, wird die Erzählung vollkommen natürlich fortgesetzt. Die Audio-Zusammenfassung kann jederzeit pausiert, sowie vor- und zurückgespult werden. Auch das Erzähltempo kann erhöht werden. Um jederzeit zuhören zu können, lassen sich sämtliche Audio-Zusammenfassungen auch offline verfügbar machen. Auch ein Anhören im Hintergrund, während wir andere Apps nutzen, ist möglich.
Noch eingeschränkt
So beeindruckend die neue NotebookLM-App ist, so sehr ist sie im Vergleich zur Desktop-Variante noch am Anfang. So lassen sich Quellen nicht beliebig einbeziehen oder ausschließen, stattdessen wird derzeit alles berücksichtigt, was wir hinterlegt haben.
Auch in Sachen Quellen ist die App noch verhältnismäßig eingeschränkt. Die Desktop-Variante bietet unter anderem die Einbindung von Audiodateien und Google Docs. Außerdem können wir anhand von Anfragen Quellen aus dem Web generieren lassen. So beeindruckend die Audio-Zusammenfassung ist, auch bei den Formaten gibt es noch viele fehlende Features.
Die Desktop-Version kann hier etwa mit Studienführer oder Mindmaps aufwarten. Die verfügbare Pro-Version, mit größerem Kontingent an Zusammenfassungen, Notebooks und Anfragen sowie kollaborativem Arbeiten spielt für die App momentan noch eine untergeordnete Rolle. Derzeit werden für die Pro-Version 21,99 Euro verlangt.
Fazit
NotebookLM kann im Test mehr als überzeugen. Das gesamte Produkt fühlt sich nach einem der wenigen Tools an, das den Einsatz von Künstlicher Intelligenz sinnvoll umsetzt. Gerade beim Recherchieren und Lernen eröffnet die App neue Möglichkeiten.
Und das, obwohl derzeit noch einige Features fehlen. Am Ende des Tages braucht es aber auch hier Vertrauen darin, dass nicht nur unsere Quellen recht haben, sondern die KI auch die richtigen Schlüsse zieht.
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